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69. Berlinale
Jury hat Charakter bewiesen

Die 69. Berlinale ist zu Ende gegangen, die Bären sind verteilt. 16 Filme konkurrierten um die begehrten Preise. Wieder einmal gewann ein Außenseiter die größte Auszeichnung des Berliner Filmfestivals. Doch auch deutsche Kandidaten hatten Erfolg.

Maja Ellmenreich im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 17.02.2019
    16.02.2019, Berlin: 69. Berlinale: Abschluss und Verleihung der Bären im Berlinale Palast: Juliette Binoche (r), Jury-Präsidentin, übergibt den Goldenen Bär an Nadav Lapid, Regisseur, und dessen Film «Synonymes (Synonyms)».
    Jury-Präsidentin Juliette Binoche (r) übergibt den Goldenen Bär an Regisseur Nadav Lapid (picture alliance/Ralf Hirschberger/dpa)
    Wenige nur hatten mit dem Goldenen Bären für Nadav Lapids Film "Synonymes" gerechnet. Der israelische Regisseur erzählt darin von seinem eigenen Neustart in Paris, von dem Wunsch nach einer anderen Identität. Auch deutsche Wettbewerbsbeiträge wurden ausgezeichnet.
    Der israelische Filmemacher Nadav Lapid greift in seinem prämierten Film auf eigene Erlebnisse zurück: Wie sein Protagonist Yoav wollte auch Lapid in Paris ein neues Leben beginnen. Mit "Synonymes" schneidert er einen filmischen Patchwork-Teppich aus Erlebnissen und Erinnerungen; die Kamera ist dabei so beweglich wie die Erzählweise des Filmes.
    Eine neue, eine experimentierfreudige Filmsprache, lobt Dlf-Filmkritikerin Maja Ellmenreich, doch der Identitätssuche der Hauptfigur habe man nicht immer folgen können. Somit sei die Auszeichnung mit dem Goldenen Bären für viele eine Überraschung gewesen.
    Doppel-Bär für chinesisches Filmehepaar
    Die chinesische Produktion "So long, my son" hatte dagegen als Bären-Favorit gegolten. Auf originelle und kluge Weise habe die Internationale Jury um Juliette Binoche den Film von Wang Xiaoshuai gewürdigt: Denn sowohl die Hauptdarstellerin Yong Mei als auch der Hauptdarsteller Wang Jingchun bekam einen Silbernen Bären. Die beiden spielen in der Tragödie ein Ehepaar, das seinen einzigen Sohn verliert. Der gesamte Film ruhe auf den beiden, so Maja Ellmenreich.
    Schwer verständlich dagegen sei der "Große Preis der Jury" für François Ozons Missbrauchsdrama "Grâce à Dieu". Ozons Aufklärungsarbeit verdiene den Preis, aber nicht die filmische Umsetzung. Auf eine sehr betuliche Weise erzähle Ozon die Ereignisse der wahren Geschichte um Kardinal Barbarin nach, gegen den zur Zeit in Frankreich der Prozess laufe.
    Auch deutsche Filme ausgezeichnet
    Auch zwei deutsche Wettbewerbsbeiträge hat die Internationale Jury mit Bären bedacht: Nora Fingscheidts Drama "Systemsprenger" über ein kleines Mädchen, das mit seinen aggressiven Ausbrüchen sein gesamtes Umfeld überfordert, erhielt den Alfred-Bauer-Preis. Und Regisseurin Angela Schanelec wurde für ihre eigensinnige Filmarbeit "Ich war zu Hause, aber" mit dem Silbernen Bären für Beste Regie ausgezeichnet.
    Die diesjährige Jury habe mit ihren Preisentscheidungen Charakter bewiesen, so Maja Ellmenreich. Ihr sei es im Großen und Ganzen um innovative Filmkunst gegangen.