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Ab nach Halle, Potsdam oder Rostock

Das Internetportal studieren-in-fernost.de soll für Universitäten in den neuen Bundesländern werben. Denn die Zahl der Studierenden an ostdeutschen Hochschulen wird Prognosen zufolge in den kommenden Jahren stark zurückgehen. Ob das Internetportal diesen Trend umkehren kann? Abiturienten haben studieren-in-fernost.de getestet.

Von Vanessa Dähn |
    Seit ein paar Tagen gibt es einen Webblog, in dem Studierende in Ostdeutschland potenzielle Kommilitonen sozusagen rüber holen möchten. Vanessa Dähn hat sich den Blog mit ein paar westlichen Abiturienten einmal angeschaut:

    "Studieren-in-fernost.de - mich irritiert jetzt ein bisschen: Da steht ja 'studieren in fernost' und es handelt sich doch um Deutschland, oder nicht? Besonders wenn man jetzt mal guckt, hier ist ja auch direkt ein Asiate abgebildet auf der ersten Seite. Also, das finde ich jetzt sehr irritierend."

    Jens Maluck macht gerade sein Abi an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen. Er überlegt, im Fernen Osten zu studieren - und zwar in China. Noch hat er sich aber nicht festgelegt und möchte sich zumindest einmal über die Studienmöglichkeiten im näheren Osten, zum Beispiel in Ostdeutschland informieren.

    Er hat ein paar Kriterien im Kopf, an denen er sich bei der Hochschul-Suche orientiert. Deshalb erwartet er sich vom Internetblog Studieren-in-Fernost.de auch ganz bestimmte Informationen zu ostdeutschen Hochschulstandorten:

    "Es sollte auf jeden Fall erwähnen, was man da studieren kann, wie teuer, welche Kosten. Dann die Stadt beschreiben, wie das Studentenleben da vielleicht abläuft; warum man gerade welche Universität bevorzugen sollte, welche positiven Seiten herausgestellt werden; die Abschlussmöglichkeit, Chancen danach im Berufsleben; inwieweit es sich um gute Unis handelt, vielleicht auch wieder ein Ranking mit einbauen. Also darüber würde ich persönlich mich freuen, dann muss ich mir das nicht alles selbst zusammensuchen."

    Schwarz, Weiß und Pink bestimmen das Schriftbild des Webblogs. Die Einträge mit großen Farbfotos erscheinen auf goldbraunem Hintergrund. Gold sind auch die antiken virtuellen Bilderrahmen, aus denen die Gesichter der Studieren-in-Fernost-Redaktion entgegenlächeln. Das Design des Blogs spricht Jens Maluck zunächst an:

    "Also, den Style von der Seite finde ich jetzt gar nicht so schlecht. Also, die Bilder finde ich sehr irritierend, persönlich. Ich weiß jetzt nicht genau, was ich damit anfangen soll. Ich hätte jetzt eigentlich gedacht, dass da irgendwie Universitäten aufgeführt sind - oder warum man gerade jetzt in Fernost oder da im Osten studieren soll. Und das ist für mich jetzt alles ein bisschen sehr zusammenhangslos. Ich glaub, da muss man sich echt einlesen in die Seite, damit man versteht, was die einem überhaupt versuchen zu sagen."

    Der Blog ist optisch ansprechend aufgemacht, der Inhalt lässt sich jedoch nur schwer erschließen. Jens Maluck möchte sich dabei von oben nach unten durch die Seite lesen. Dann fällt ihm auf, dass die Einträge in chronologisch umgekehrter Reihenfolge abgebildet sind - falsch herum findet er. Er liest die Überschrift des ersten Blogs:

    "Willkommen im Osten - oder: Wir holen euch rüber. Ja, das hört sich ja schon super an. Gegen den Willen oder wie?"

    Mitschülerin Adina Uihlein hat sich die Seite ebenfalls angesehen und lobt das äußere Erscheinungsbild. Aber auch sie übt Kritik am Inhalt:

    "Ich finde auch, manches macht neugierig. Aber ich find sie einfach nicht informativ genug. Interessant ja, aber sie bringt einen nicht zu dem Ziel, was man erreichen möchte."

    Auch Abiturientin Svenja Döbler hat Studieren-in-Fernost getestet. Sie glaubt, dass besonders jemand, der zufällig auf die Seite gelangt, sogar enttäuscht sein könnte, wenn ihm nach einigen Minuten der Desorientiertheit auffällt, dass es hier nicht um ein Auslandsstudium, sondern um das Studieren im Osten geht.

    Svenja Döbler hält das gewählte Webblog-Format für ungeeignet und begründet das so:

    "Also Studieren ist für mich ein Thema: Da guck ich halt ins Internet auf eine Seite, will da sofort alle Informationen mir zusammensuchen - und dann die Seite quasi für mich abschließen und nicht alle zwei, drei Tage draufgehen müssen, um zu gucken, was es dazu dann jetzt unbedingt noch Neues gibt."

    Fazit des Praxistests: Die drei Abiturienten sind sich einig - die Seite wirkt wie ein buntes, knalliges Bonbon, das inhaltlich der schönen Verpackung nicht gerecht wird. Wer sich durch die poppigen Blogeinträge gelesen hat, fühlt sich anschließend nur wenig über die ostdeutsche Hochschullandschaft informiert. Das könnte daran liegen, dass der Blog erst seit Kurzem besteht und noch wachsen muss.