Freitag, 26. April 2024

Archiv


Ab sofort gilt das Leistungsprinzip

Seit Jahresbeginn gilt bundesweit für Professorinnen und Professoren die Besoldung nach Leistung. Wer neu in die Lehre berufen wird, bekommt ein niedrigeres Grundgehalt als die bisherige C2-, C3- oder C4-Bezahlung. Zum Ausgleich gibt es individuelle Vergütungen, die sich nach Leistungen in Forschung, Lehre oder nach besonderem Engagement in hochschulpolitischen Gremien bemisst.

Interview mit Dr. Kai Handel, Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh | 10.01.2005
    Campus & Karriere: Professorinnen und Professoren, die schon in Amt und Würden sind, haben große Befürchtungen durch die Besoldungsreform. Am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) beobachtet man die Entwicklung der Besoldungsreform ganz genau. Daran beteiligt ist Kai Handel. Herr Handel, was hat sich mit der Umsetzung der bundesweiten Professorenbesoldungs-Reform überhaupt geändert?

    Kai Handel: Die frühere Besoldung, die so genannte C-Besoldung der Professoren bestand darin, dass alle zwei Jahre circa 150 Euro hinzukamen, vom Alter Mitte 30 bis zum Alter von ungefähr 50, wo das Endgehalt erreicht wurde. Dies ist eine Besoldung, die für alle gleich war. Die neue W-Besoldung, W wie Wissenschaft, besteht aus einem Grundgehalt, zu dem leistungsabhängige Gehaltsbestandteile hinzukommen können. Das Grundgehalt ist entsprechend sehr viel niedriger als das Endgehalt in der C-Besoldung, und Leistungsbezüge können erworben werden durch Berufungs- und Bleibeverhandlungen. Das ist ein Verfahren, das üblich an Universitäten war und an Fachhochschulen noch nicht bekannt ist, dass damit die Bezüge aufgebessert werden können. In einer zweiten Weise kann Geld durch besondere Leistungsbezüge hinzukommen. Das ist der eigentliche Kern der Reform. Die dritte Art der Leistungsbezüge sind die Funktionsleistungsbezüge, für die besondere Positionen innerhalb der Hochschule besonders vergütet werden können. In Frage kommen hier Vizepräsidenten, die diese Aufgabe nebenamtlich wahrnehmen, und Dekaninnen und Dekane.

    Campus & Karriere: Wir wollen jetzt über diese besonderen Leistungsbezüge sprechen. Wofür sollen Professorinnen und Professoren diese besonderen Leistungsbezüge bekommen?

    Handel: Formal festgelegt, sind die Kriterien Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung. Nun sind das sehr globale Begriffe, so dass man sagen könnte, im Bereich der Forschung könnten da vielleicht externe Gutachten über die Forschungsleistung, so sie schon vorlägen, oder auch erhaltene Preise oder auch Publikationen und Herausgabe von Zeitschriften berücksichtigt werden, wie auch Drittmitteleinwerbung oder Patente. Verschiedene andere Kriterien können da auch noch gefunden werden.

    Campus & Karriere: Genau dahin gehen ja auch die Befürchtungen vieler Professorinnen und Professoren. Also wie sollen die Leistungen der Professoren in Zukunft dann bewertet werden?

    Handel: Was sich meines Erachtens an den bundesdeutschen Hochschulen durchsetzen wird, ist, dass es zu einem Antragsverfahren kommen wird, in dem die Professorinnen und Professoren in einem mehrjährigen Abstand, vielleicht alle drei Jahre, einen Antrag an das Präsidium oder das Rektorat der Hochschule stellen, in dem sie im Rahmen des gegebenen Kriteriumrasters ihre Leistungen der letzten Jahre angeben und damit einen besonderen Leistungsbezug beantragen. Dieser Antrag wird vom Dekan und gegebenenfalls vom Studiendekan begutachtet und dann im Präsidium, also vom Rektor entschieden.

    Campus & Karriere: Es scheint jetzt also auch ganz konkrete Befürchtungen zu geben in dieser Hinsicht, dass möglicherweise diese Antragsverfahren nicht transparent sind, oder dass eben zum Beispiel auch geklüngelt werden könnte an Hochschulen. Was würden Sie den Leuten mit diesen Befürchtungen sagen?

    Handel: Da möchte ich zuerst sagen, dass diese Befürchtungen ein sehr interessantes Verständnis von den Führungspersönlichkeiten und Führungspositionen in der Hochschule voraussetzen. Da wird also spontan angenommen, dass die Führungspersonen ihren Job nicht objektiv machen oder sich zumindest bemühen, den Job objektiv zu machen. Das halte ich aus meiner Erfahrung mit den Hochschulen für eher abwegig. Die meisten Präsidien, Dekane werden sich um eine große Objektivität bemühen. Ein weiterer Bestandteil, der die Objektivität sichern kann, ist ein transparentes Verfahren mit einem geregelten Ablauf, so dass innerhalb der Hochschule kommuniziert wird, wie viel Geld denn zur Verfügung steht, dass klar ist, wer Anträge stellen kann, dass klar ist, welche Kriterien an dieser Hochschule besonders berücksichtigt werden, und dass klar ist, dass man sich überlegt, wie ungefähr die Gehaltsentwicklung des durchschnittlichen Professoren sein soll.

    Campus & Karriere: Was denken Sie, wo dieses Misstrauen gegenüber den Führungspersönlichkeiten an den Universitäten und Hochschulen herkommt?

    Handel: Wir sind es im öffentlichen Dienst nicht gewohnt, dass Gehaltsentscheidungen Entscheidungen ad personam sind. Wenn ich bisher Professor geworden bin, dann wurde ich eingruppiert in C2, C3 oder C4, und damit hing mein persönliches Gehalt von meinem Alter, von der Anzahl meiner Kinder und von meinem Familienstand ab. Der Leiter der Hochschule hatte keinen Einfluss, mir für gute Leistungen mehr Geld zu geben oder mir für schlechte Leistungen weniger Geld zu geben. Diese Situation ist neu und zunächst auch ungewohnt. Das ist international weit verbreitet, dass die Verantwortlichen der Fakultät bei der Gehaltsfindung des Professoren mitreden und der Präsident selbstverständlich, so dass wir uns da in Sachen wissenschaftliche Qualität eigentlich keine Sorgen machen müssen. Nur ist es eben ungewohnt innerhalb des deutschen öffentlichen Dienstes.

    Campus & Karriere: Nun sollen die deutschen Professorengehälter im Durchschnitt ja gleich bleiben nach dieser Besoldungsreform. Das heißt, wenn in Zukunft einige mehr verdienen können als bisher, müssen andere weniger verdienen, richtig?

    Handel: Richtig, das ist völlig klar. Es gibt komplexe Regelungen, die sicherstellen, dass die Durchschnittsbesoldung und auch das durchschnittliche Ruhegehalt konstant bleiben. Aber es ist natürlich auch so, dass die Reform darauf ausgerichtet ist, eben leistungsadäquat zu bezahlen, das heißt, Professoren, die eine besonders gute Leistung bringen, sollen es auch honoriert bekommen, aber auch Professoren, die eben nur mittelmäßige oder auch schlechte Leistungen erbringen, werden nicht wie gewohnt in den Gehaltsstufen aussteigen, sondern werden auf ihrem unterdurchschnittlichen Gehalt verbleiben.

    Campus & Karriere: Vielen Dank für das Gespräch.