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Abgehängte Regionen
Die Provinz Teruel und die Konflikte im ländlichen Spanien

Keine Jobs, schlechte Infrastruktur, langsames Internet: Viele junge Spanier ziehen vom Land nach Madrid oder Barcelona. Besonders dramatisch ist die Lage in der Provinz Teruel. Dort fühlen sich viele von der Politik vergessen - und machen zum Teil den Katalonien-Konflikt dafür verantwortlich.

Von Hans-Günter Kellner | 24.02.2020
Spanien, die Gemeinde Caminreal östlich von Madrid: Ein Mann spaziert mit seinem Hund eine Straße entlang.
Viele Spanier sprechen bereits vom "leeren Spanien", wenn sie über den ländlichen Raum sprechen (dpa/Fernando Esté)
Es ist eine holprige Zugfahrt, die Nerven der Reisenden sind strapaziert. Es sind zwar nur 220 Kilometer von Madrid nach Teruel, doch die Eisenbahnverbindung ist doppelt so lang. Zunächst geht es von Madrid 270 Kilometer hoch in den Nordosten nach Saragossa. Von dort fährt ein alter Dieseltriebwagen zweimal am Tag weiter. Eine alte, kurvige Strecke führt wieder 150 Kilometer zurück in den Süden. Erst nach viereinhalb Stunden steht der Reisende in Teruel auf dem Bahnsteig. Spanien, sagen die Einwohner selbst, hat Teruel vergessen.
"Zum Arbeiten oder Studieren musst du hier weg. Ich selbst habe in Saragossa studiert, habe zum Arbeiten sogar unsere Region Aragón verlassen. Jetzt bin ich ein paar Jahre wieder hier. Aber die Möglichkeiten hier sind sehr begrenzt. Die große Mehrheit zieht weg",
sagt Jesús Saguesa auf einem weiten Platz in einem Neubaugebiet von Teruel.
Neun Einwohner pro Quadratkilometer
Die Provinz Teruel ist Teil der spanischen autonomen Region Aragón und fast so groß wie Schleswig-Holstein. Doch pro Quadratkilometer leben hier nur neun Einwohner. Seit 1970 ist die Einwohnerzahl um 40.000 auf zuletzt nur noch knapp 135.000 zurückgegangen. Der 41-jährige Saguesa ist hingegen zurückgekommen:
"Ich arbeite von zu Hause aus für eine Softwarefirma. Wir entwickeln Programme für Versicherungen. Aber wir leben in der Provinzhauptstadt. Wir sind hier inzwischen mehrere Kollegen und ich weiß von einigen, dass sie lieber in ihrem Dorf geblieben wären.
Aber in den meisten Dörfern gibt es kein Internet, kein Glasfaserkabel, in vielen nur ein eingeschränktes Handynetz. So kann man nicht arbeiten."
Barcelona, ??Catalunya, Spain; 21/10/2019.- Hundreds of people make a peaceful sitting in front of the Delegation of the Spanish government in Catalonia convened by Democratic Tsunami and in protest at the visit of Pedro Sanchez President of Spain. Photo: Juan Carlos Rojas/Picture Alliance | Verwendung weltweit
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"Es dreht sich alles immer nur um den Konflikt mit Katalonien"
Diese Klagen sind immer wieder zu hören. Es gibt keine Autobahn und die Zugstrecke der Provinzhauptstadt stammt bereits aus dem 19. Jahrhundert. Von Datenautobahnen könne schon gar keine Rede sein. Doch die spanische Politik habe von Teruel bislang kaum Notiz genommen. Andere sogenannte "territoriale Konflikte" überdeckten alles, meint Saguesa:
"Es dreht sich alles immer nur um den Konflikt in Katalonien. Während der ländliche Raum viel größere strukturelle Probleme hat. Wir stecken hier keine Müllcontainer in Brand, aber auch wir machen Lärm. Doch bislang fehlte der politische Wille, die Dinge zu ändern."
Keine Autobahn, kein Internet, keine Jobs
Die Angst im ländlichen Raum, von den großen urbanen Zentren Spaniens abgehängt zu werden, ist eines der großen Themen geworden, über das die Spanier diskutieren. Während Spanien auf die Probleme mit Katalonien stets mit mehr staatlichen Investitionen und Steuermitteln reagiert habe, sei der ländliche Raum jahrelang vernachlässigt worden, so die Kritik.
Die Debatte wird unter dem Stichwort "Das leere Spanien" geführt. Den Begriff hat der spanische Journalist und Schriftsteller Sergio del Molino geprägt. "Das leere Spanien" ist der Titel seines bereits 2016 erschienenen Buches über die Situation des ländlichen Raums in Spanien, bis heute ein Bestseller. Der Autor ist regelmäßig Gast in TV-Shows:
"Ich bin ein wandernder Schriftsteller. Ich wandere durch die Welt und beobachte die Dinge, die so alltäglich sind, dass wir sie überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Vor einigen Jahren bin ich durch das spanische Hinterland gewandert und habe dabei entdeckt, dass es zwei Spanien gibt. Das urbane und das ländliche Spanien, das, vergessen von allen, ganz andere Probleme hat, um die wir uns aber nicht kümmern."
Allerdings hatten schon die spanischen Verfassungsväter nach Francos Tod 1975 die Gefahr erkannt, dass die großen urbanen Zentren den ländlichen Raum dominieren könnten. Darum entsenden die bevölkerungsarmen Wahlkreise verhältnismäßig viele Abgeordnete ins Parlament. Das bedeutet für Teruel: Die 134.000 Einwohner dieser Provinz sind durch drei Abgeordnete vertreten, die sechseinhalb Millionen Menschen in Madrid hingegen durch 37. Das heißt, im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl hat die Provinz Teruel fast vier Mal mehr Repräsentanten. Einer davon ist Tomás Guitarte.
"Ich bin mir sicher, viele Politiker kennen die Probleme im ländlichen Raum. Aber die Politik hat ihnen bislang nicht die unbedingt die höchste Priorität eingeräumt. Dabei sind die Probleme des ländlichen Raumes für alle, die wir hier leben, viel existenzieller als die Probleme in Katalonien oder im Baskenland", die seit 2011 die spanische Innenpolitik dominieren.
Guitarte will das ändern. Denn er gehört keiner der großen spanischen Parteien an, sondern der Wahlplattform "Teruel existiert". Neben baskischen, katalanischen und galicischen Nationalisten gibt es im spanischen Parlament auch Regionalisten von den Kanarischen Inseln, aus Kantabrien, Asturien, Navarra – und nun eben aus Teruel in Aragón. Ihre Stimmen haben im Parlament großes Gewicht.
Angestellte der Universität in Madrid betreten das Institutsgebäude der Chemischen Fakultät
Spaniens Jugend - Gut ausgebildet, schlecht bezahlt
Die schwere Wirtschaftskrise in Spanien gilt eigentlich als überwunden, doch junge Arbeitnehmer verdienen nach einer Studie der Spanischen Zentralbank immer noch weniger als vor zehn Jahren. Selbst viele junge Akademiker leben weiter am Existenzminimum – eine Folge der Arbeitsmarktpolitik.
Damit der Sozialist Pedro Sánchez am 7. Januar wieder Ministerpräsident werden konnte, musste er den ländlichen Regionen weitreichende Zugeständnisse machen. Für Tomás Guitarte und Teruel bedeutet das: Autobahnen, eine modernere Zugstrecke, die Telefongesellschaften müssen auf dem Land künftig mindestens Datenraten von 30 Megabyte pro Sekunde anbieten - statt bisher zwei Megabyte.
"Die meisten dieser Autobahnen oder die Zugstrecke sind ja schon lange geplant, wurden aber nie umgesetzt. Teruel darf nicht weiter so isoliert bleiben vom Rest Spaniens wie bisher. Wenn wir die Provinz in das Netz der staatlichen Infrastrukturen integrieren können, erwartet uns eine brillante Zukunft! Denn wir liegen geostrategisch in einem interessanten Gebiet, zwischen Madrid, Valencia, Barcelona und Saragossa."
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Wegen der oft schlecht ausgebauten Bahninfrastruktur braucht man auf manchen Strecken in Spanien doppelt so lange mit dem Zug wie mit dem Auto (Oliver Neuroth, ARD Madrid)
Das Ungleichgewicht ausgleichen
Guitarte fühlt sich frei von den Fraktionszwängen der großen Blöcke. Dennoch will er sich nicht als Vertreter einer neuen nationalistischen Formation sehen, analog zu den bekannten Bewegungen aus dem Baskenland oder Katalonien.
"Unser wichtigstes Anliegen gilt nicht nur Teruel, sondern dem ganzen Land, dem 'leeren Spanien'. Wir wollen einen Pakt zwischen allen Parteien und den Tarifpartnern für diese Regionen erreichen. Das Ungleichgewicht zwischen den beiden Teilen Spaniens muss ausgeglichen werden. Das geht nicht von heute auf morgen, wir sprechen von 20 bis 30 Jahren. Das geht nur im Konsens, wir brauchen ja auch eine stabile Finanzierung dafür, unabhängig davon, wer gerade regiert."
"Im Augenblick ist unbestritten, dass die westlichen Provinzen von Kastilien-León, also León, Zamora, Salamanca, die Gegenden mit dem stärksten wirtschaftlichen Rückgang sind. Und auch mit dem stärksten Bevölkerungsrückgang. In ganz Spanien! In León und Zamora ist es furchtbar!"
Das sagt Luis Mariano Santos in einem Interview mit dem französischen Rundfunk. Er ist Generalsekretär der "Union des Volkes von León". Diese Provinz liegt weit weg von Teruel im Nordwesten Spaniens. Besonders zugesetzt hat der Region der Niedergang des Kohlebergbaus. Lebten hier im Jahr 2000 noch 500.000 Einwohner, sind es heute 40.000 weniger. Auch hier klagen die Regionalpolitiker über die schlechten Verkehrswege:
"Wir haben keine direkte Autobahnverbindung zwischen León und der Regionalhauptstadt Valladolid. Es gibt eine, die viele Umwege nimmt, aber eben keine direkte. Darauf warten wir nun schon seit mehr als 30 Jahren."
Mehrere Kommunen der Provinz León haben nun sogar ihre Unabhängigkeit erklärt. In der Region spricht man vom "Lexit" - nicht von Spanien, aber von der autonomen Region "Kastilien-León". Wenn das alte, eigenständige Königreich erst wieder unabhängig wäre, so die Hoffnung, gehe es auch wirtschaftlich wieder aufwärts.
Zurück in der Provinz Teruel: In der Mehrzweckhalle von Alcañíz üben rund 50 junge Männer und Frauen an ihren Trommeln. Der Filmemacher Luis Buñuel hat die Trommelwirbel von Aragón zur Karwoche weltberühmt gemacht. Auch Bürgermeister Ignacio Urquizu hat einst getrommelt. Zuletzt hat er sich aber vor allem mit Fragen der Infrastruktur beschäftigt. Bei der vergangenen Kommunalwahl ging es vor allem um die fehlende Autobahn für Alcañíz, mit knapp 16.000 Einwohnern immerhin die zweitgrößte Stadt der Provinz, erzählt der sozialistische Politiker in einer der vielen Kneipen der gotischen Altstadt.
"Bei der TV-Debatte haben alle anderen Kandidaten eine neue Schnellstraße versprochen. Ich sagte den Zuschauern, dass sie belogen werden. Dass keiner von uns diese Straße bauen wird. Denn wir können darüber gar nicht entscheiden. Und für die, die in den Ministerien darüber entscheiden können, steht diese Straße nicht ganz oben auf der Prioritätenliste."
Die Ehrlichkeit überzeugte die Wähler. Urquizu gewann mit knapp 37 Prozent der Stimmen. Er berichtet von den Gesprächen mit Ingenieuren im Infrastrukturministerium, von den Kriterien, nach denen Bauvorhaben entschieden werden, etwa das Verkehrsaufkommen oder die Unfallhäufigkeit. Dies seien die wahren Gründe, warum es im ländlichen Raum so wenige Autobahnen gebe.
"Der Wahlerfolg der Bewegung 'Teruel existiert‘ fußt auf der Enttäuschung angesichts unerfüllter Erwartungen in Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen. Diese Plattform hat jetzt erneut eine Erwartung geweckt, nämlich, dass jetzt endlich erreicht wird, was die Menschen seit 40 Jahren fordern. Aber auch diese Erwartungshaltung kann natürlich enttäuscht werden. Und dann sind die Leute wieder verärgert."
Die spanische Stadt Teruel in der gleichnamigen Provinz
Die spanische Stadt Teruel in der gleichnamigen Provinz leidet unter Bevölkerungsschwund (dpa)
Autobahntrasse ohne Autos in Andalusien
Eine von den vielen leergefegten Autovias in Spanien, hier in Andalusien (MAXPPP)
Landflucht ist kein Problem der Infrastrutkur
Der Bürgermeister hat einst als Politologe und Soziologe an der Complutense-Universität von Madrid unterrichtet, war drei Jahre lang Parlamentsabgeordneter in Madrid und ist heute Abgeordneter im Regionalparlament von Aragón. Er glaubt nicht, dass die Menschen nur wegen einer Autobahn in der Provinz bleiben würden. Der Bürgermeister erzählt von Lehrern an der Schule, die lieber in Saragossa leben und täglich über eine alte Landstraße ins 100 Kilometer entfernte Alcañíz pendeln, statt sich eine Wohnung am Ort zu mieten:
"Das Problem der Landflucht ist komplizierter, als dass man es allein mit Infrastrukturen lösen könnte. Es ist ein soziales Problem. Viele Leute leben lieber in der Stadt, weil sie ins Konzert oder ins Theater oder zu einer Buchvorstellung gehen können, wann sie wollen. Bei uns wird höchstens einmal in der Woche ein Buch vorgestellt. Es ist eine soziale und kulturelle Frage. Das ist auch kein spanisches Phänomen, das lässt sich überall beobachten, nicht erst seit gestern, sondern seit 50 und 100 Jahren."
Auch Ökonomen bezweifeln, dass Investitionen in Infrastrukturen die Probleme des ländlichen Spaniens lösen werden. Vicente Pinilla ist Professor für Wirtschaftswissenschaften in Saragossa.
"Diese Diagnose stimmt nicht. Seit der Industrialisierung beobachten wir in ganz Europa den Wegzug der Bevölkerung vom Land in die Städte. Vor allem die Frauen ziehen lieber in die Städte, weil sie sich dort bessere Zukunftschancen versprechen.
Wer sagt, die Schuld hätten die fehlenden Autobahnen, stellt die falsche Diagnose. Wenn man jetzt Straßen oder Hochgeschwindigkeitsstrecken baut, gehen die Leute trotzdem."
Pinilla hat zusammen mit seinem Kollegen Fernando Collantes eine wissenschaftliche Analyse über die Landflucht geschrieben. Für die Autoren dominieren in dem Modethema "leeres Spanien" die Mythen, Fakten würden gerne übersehen. Pinilla wirft Journalisten und Politikern vor:
"Sie entwerfen das Bild einer Apokalypse im ländlichen Raum. Dabei leben heute rund 600.000 Menschen mehr auf dem Land als noch vor 30 Jahren. Die Entwicklung der Dörfer an der Küste ist eine ganz andere als in den gebirgigen Regionen oder an der Grenze zu Portugal.
In Teruel ist die Tendenz tatsächlich sehr negativ, aber im Norden von Teruel, in den Pyrenäen Aragóns, nimmt die Bevölkerung seit 30 Jahren zu. In Wahrheit haben wir also sehr unterschiedliche Entwicklungen."
Das Silicon-Valley in Teruel
Lösungen, wie denn die Entvölkerung des ländlichen Raums gebremst werden kann, kann jedoch auch der Wirtschaftsprofessor nicht anbieten. Spanien sei nun mal keine Planwirtschaft, sagt er und rät, ein unternehmerfreundliches Klima zu schaffen. Eine Reihe solcher Initiativen finden sich nicht weit von Alcañíz:
"In Castelserás versammeln wir uns in dieser Kneipe einmal im Monat mit den Leuten, die sich hier dem Online-Handel widmen. Die Online-Geschäfte und Unternehmen wie wir, die eher im Marketing täglich sind", berichtet Javier García in der Kneipe "La Nevera" in Castelserás. Vor sechs Jahren ist er zusammen mit seiner Frau Raquel Sodric von Barcelona in das 800-Einwohner-Dorf gezogen. Rund 25 Unternehmer aus dem Ort und den umliegenden Dörfern haben bereits ihr Geschäft im Internet etabliert.
"Wir erzählen von unseren Erfahrungen, projizieren Webseiten an die Wand, berichten, was gut oder schlecht läuft, sprechen über Algorithmen der Suchmaschinen oder Preise von Zulieferern.
Im Wirtschaftsministerium von Aragón heißt es, wir hätten im Dorf ein ökonomisches Ökosystem entwickelt, das sich um diese Dorfkneipe dreht."
In der Region ist schon vom Silicon Valley in Teruel die Rede. Von Trommeln über Tintenpatronen für Drucker bis hin zu den traditionellen Pfirsichen der Region haben die Onlinehändler aus Castelserás und den umliegenden Dörfern eine breite Angebotspalette.
Raquels Eltern stammen aus Castelserás, waren wie so viele in den 1960er Jahren nach Barcelona gezogen. Javier und Raquel haben nun das alte Elternhaus vom Keller bis unters Dach renoviert. Der Schritt von der Mittelmeermetropole Barcelona ins Dorf ist ihnen nicht leichtgefallen:
"Da bekommt man schon ein wenig Angst. Wir haben ja alles aufgegeben, unser ganzes Leben in Barcelona. Und unsere beiden Kinder waren da ja schon zwei und vier Jahre alt. Dieses Dorf kannten wir nur von den Ferien im Sommer oder an Ostern. Aber gut, wären wir in Barcelona geblieben, hätten wir uns für den Rest unseres Lebens gefragt, wie es geworden wäre, wenn wir es hier nicht wenigstens versucht hätten."
Ein prächtiger Panoramablick über Madrid
Viele junge gut ausgebildete Menschen erhoffen sich in Madrid oder Barcelona bessere Arbeitsmöglichkeiten als auf dem Land (Florian Wehde/Unsplash)
Jungen Leuten auf dem Land eine Perspektive bieten
Doch es ging gut. Castelserás bietet eine gute Infrastruktur: Es gibt eine Arztpraxis, eine Grundschule, Lebensmittelläden und Bars. Für die Schüler der Sekundarstufe verkehrt ein Schulbus. Doch irgendwann verlassen die jungen Leute trotzdem das Dorf.
Mehr als die Hälfte der jungen Menschen mit einem Hochschulabschluss ziehen aus den ländlichen Regionen nach Madrid oder Barcelona, so eine Studie der Autonomen Universität von Barcelona aus dem vergangenen Jahr. Darum begrüßen auch Raquel und Javier die Diskussion um die Verteilung von Steuergeldern, staatlichen Investitionen und die Zukunft der ländlichen Regionen Spaniens:
"Katalonien war sehr großzügig, als es so viele Einwanderer aus dem Rest Spaniens aufgenommen hat. In den 1960er- und 1970er-Jahren entwickelten sich das Baskenland, Katalonien und Madrid industriell und wirtschaftlich rasant und wurden zu Magneten für den Rest Spaniens.
Dieser Exodus ist heute nicht mehr so dramatisch, aber den jungen Leuten, die zum Studieren nach Saragossa, Madrid, Barcelona oder ins Baskenland gehen, muss man Möglichkeiten anbieten, hierher zurückzukommen und ihre Familien zu gründen."