Der Journalist Christian Bartlau entschied sich im Jahr 2014, dem Profifußball zu entsagen - als die UEFA die Einführung der Nations League beschloss. "Ich habe gesagt: Wenn das kommt, dann bin ich wirklich raus", sagt Christian Bartlau im Deutschlandfunk. "Das war wieder so eine Entscheidung, hinter der nur das Geld steht. Davon haben wir genug gehabt in der Vergangenheit." Nach der WM 2018 - vor dem Start der Nations League habe er seinen Boykott dann begonnen. Seine Kritik lautet: "Die Antwort auf wirklich alle Fragen im heutigen Profifußball lautet: Geld."
"Für sportlichen Erfolg braucht es Geld - egal woher"
Bartlau fragt: "Warum findet die WM in Katar statt? Warum wird sie bald ausgeweitet auf 48 Mannschaften? Warum muss der Europapokal reformiert werden? Warum haben wir Anstoßzeiten von Freitag bis Montag?" Es gehe bei solchen Fragen nie darum, ob es sinnvoll ist oder den Fußball für die Fans oder Spieler besser macht. "Es geht nur darum: Können wir den Fußball besser vermarkten?"
Das große Problem sei ein Sachzwang im Profifußball. "Für sportlichen Erfolg braucht es Geld - egal woher. Wer seinen Stadionnamen oder die Trikotbrust nicht verkauft, hat einen Wettbewerbsnachteil", sagt Bartlau. Deswegen seien eher die Strukturen als einzelne Personen Schuld. Karl-Heinz Rummmenigge hofiere Katar, um mehr Geld zu bekommen. "Aber nicht Rummenigge macht den Fußball kaputt, sondern die Jagd nach dem Geld."
Es fehlt ein "Fukuschima-Moment"
Dass die Fans das genauso kritisch sehen, bezweifelt Bartlau. "Wer den Fußball wirklich liebt, der kann nur Schmerz empfinden. Und es gibt kritische Fans", sagt Bartlau. "Aber ich bin skeptisch, dass eine kritische Masse zustande kommt." Es fehle ein "Fukuschima-Moment", bei dem sich Positionen einer kritischen Minderheit mit der denen einer großen Masse überschneiden. "Offenbar können nicht mal die Football Leaks dem Geschäft etwas anhaben. Die große Masse schweigt und schaltet wieder ein."
Der Fußball hab sich den Interessen seiner Geldgeber komplett ausgeliefert. "Und das sind internationale Großkonzerne, TV-Anstalten und autokratische Regime." Diese würden das Werkzeug Fußball nicht kampflos abgeben, sagte Bartlau. "Es sei denn, es ist nicht mehr nützlich. Der marktkonforme Fußball muss zusammenbrechen, damit wir ihn neu aufbauen können."