Nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" und des NDR-Magazins "Panorama" drängt der Automobilclub seine Pannenhelfer, eigens für den ADAC von der Firma Varta gefertigte Autobatterien zu verkaufen. Dementsprechend erhöhe sich die Bonuszahlung für die "gelben Engel", wie die Mitarbeiter der Straßenwacht genannt werden. "Je mehr Batterien sie verkaufen, desto mehr Geld springt am Ende auch für sie dabei heraus", lautet das Ergebnis der Recherchen.
Der ADAC habe das Prämiensystem auf Nachfrage von "Panorama" eingeräumt, hieß es. Die Mitarbeiter der Straßenwacht bekämen eine Leistungsprämie "im mittleren einstelligen Prozentbereich" am Gesamtgehalt - dabei werde auch der Austausch von defekten oder leeren Batterien berücksichtigt.
Der Autoclub erklärte, das Angebot einer Autobatterie erspare dem Mitglied "zusätzlichen Zeitaufwand". So habe jeder vierte Fahrer, der mit Batterieproblemen liegen geblieben sei, im Jahr 2012 ein neues Exemplar erhalten - insgesamt rund 165.000 Autobatterien zu Preisen von bis zu 209 Euro pro Stück. Den Recherchen der beiden Medien zufolge sagte ein ehemaliger Straßenwachtfahrer, der zehn Jahre als "Gelber Engel" fuhr, zu den Folgen des Prämiensystems: "Autofahrern werden Batterien aufgeschwatzt, die sie nicht brauchen, oder die sie bei einem regulären Einkauf weit günstiger bekommen könnten." Auch andere Pannenhelfer hätten von entsprechendem Verkaufsdruck berichtet.
Verein weist Vorwürfe zurück
Die Vorwürfe unlauteren Gebarens wies der ADAC in einer offiziellen Stellungnahme zurück. "Der ADAC erzielt keinen Gewinn mit dem Austausch der Batterien im Rahmen der Pannenhilfe", betonte ein ADAC-Sprecher. Vor dem Tausch einer Batterie werde diese mit einem Batterietester geprüft. Mit Stichproben werde bei ausgetauschten Batterien geprüft, ob sie tatsächlich defekt sind. Damit werde die Qualität des Batterieaustausches gesichert.
Unterdessen geht der Verein möglichen weiteren Manipulationen bei seinem Autopreis "Gelber Engel" nach. Präsident Peter Meyer schließt eine gefälschte Platzierung der einzelnen Fahrzeuge bei der Wahl des VW Golf zum Lieblingsauto der Deutschen nicht aus. Man könne derzeit nicht mit Gewissheit sagen, ob auch daran gedreht worden sei, sagte Meyer in einem Interview der neuen ADAC-Mitgliederzeitschrift "Motorwelt" (Februar-Ausgabe). Bisher hatte es geheißen, lediglich die Stimmenzahl sei geschönt, aber nicht die Reihenfolge der Fahrzeuge geändert worden.
Der ADAC steht auch wegen Hubschrauberflügen der eigenen Führungsriege in der Kritik, unter ihnen Präsident Meyer selbst.
"Todesstoß für die Glaubwürdigkeit des ADAC"
Die neuen Vorwürfe sind auch Thema in den Zeitungskommentaren morgen: "Sollte sich der Verdacht erhärten, dass die Zahlen bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen nicht nur geschönt, sondern schlichtweg gefälscht wurden, wäre dies der endgültige Todesstoß für die Glaubwürdigkeit des ADAC", schreiben die "Stuttgarter Nachrichten". "Wer soll denn ernsthaft glauben, dass die Chefetage von all den Verfehlungen nichts gewusst hat?"
Der "Nordkurier" aus Neubrandenburg bezeichnet die Aufklärungsarbeit des Skandals als "dummdreist und selbstherrlich". "Tag für Tag kommen neue absonderliche, undurchschaubare Vorgänge des gelben Münchner Monstrums ans Tageslicht. Und von Mal zu Mal gibt Präsident Peter Meyer gerade nur so viel zu, wie er muss. Dass er damit den Gelben Engeln, die sich längst zu Gelben Bengeln verwandelten, mehr schadet als wenn er sofort alles gestanden und reinen Tisch gemacht hätte, scheint ihm in seiner abgehobenen Vorstandetage völlig fremd."