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Adalbert Stifter
Der Meister der totalen Sonnenfinsternis

"Es gibt Dinge, die man fünfzig Jahre weiß, und im einundfünfzigsten erstaunt man über die Schwere und Furchtbarkeit ihres Inhaltes. So ist es mir mit der totalen Sonnenfinsternis ergangen, welche wir in Wien erlebten."

Von Dirk Lorenzen | 28.01.2018
    Schönes Foto einer totalen Sonnenfinsternis, aber Stifters Text ist viel deutlicher
    Die letzte totale Sonnenfinsternis vom 21. August 2017 (NASA) (NASA)
    So beginnt der Schriftsteller Adalbert Stifter seinen Bericht über die totale Sonnenfinsternis vom 8. Juli 1842, als sich der Mond mehr und mehr vor die Sonne schob:
    "Der Fluß schimmerte nicht mehr, sondern war ein taftgraues Band, matte Schatten lagen umher, die Schwalben wurden unruhig, über die Auen starrte ein unbeschreiblich seltsames, aber bleischweres Licht."
    Schließlich deckte der Mond die Sonnenscheibe komplett ab - auch für Adalbert Stifter war dies ein unfassbares Schauspiel:
    "Dieser Moment war herzzermalmend, ein einstimmiges "Ah" aus aller Munde, und dann Totenstille, es war der Moment, da Gott redete und die Menschen horchten."
    Wenn einen der Mondschatten trifft, ist dies auch heute völlig überwältigend - Fotos sagen gar nichts aus, etwas mehr die Sätze von Adalbert Stifter.
    "Der Mond stand mitten in der Sonne, rings um ihn ein wundervoller Kreis von Schimmer, in Strahlen auseinanderbrechend, als gösse die obenstehende Sonne ihre Lichtflut auf die Mondeskugel nieder, dass es rings auseinanderspritzte - das Holdeste, was ich je an Lichtwirkung sah!"
    Adalbert Stifter hat die bis heute mit Abstand beste Schilderung so eines an sich unbeschreiblichen Ereignisses verfasst. Der grandiose Sonnenfinsternis-Reporter ist vor 150 Jahren gestorben. Er wurde 61 Jahre alt.