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Adenauer-Enkel über "Spiegel"-Bericht
"Es gibt nichts, was zu verbergen wäre"

Machtmissbrauch und Bestechung: In seiner Titelgeschichte zweifelt der "Spiegel" das Demokratieverständnis des langjährigen Bundeskanzlers Konrad Adenauer grundlegend an. Gegenüber dem DLF widersprach Enkel und Namensvetter Konrad Adenauer den Vorwürfen. Es sei lächerlich, was hervorgeholt werde, um am Image seines Großvaters zu kratzen.

Von Moritz Küpper | 11.04.2017
    Bundeskanzler Konrad Adenauer (l) und Berlins Bürgermeister Willy Brandt (r) vor Beginn der großen Kundgebung am "Tag der deutschen Einheit" am 17.06.1962 in Brandts Arbeitszimmer im Rathaus Schöneberg in Berlin.
    Der ehemalige Bundeskanzler Konrad Adenauer soll laut "Spiegel"-Bericht den Bundesnachrichtendienst beauftragt haben, den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Willy Brandt zu bespitzeln. (picture alliance / dpa)
    Konrad Adenauer ist in diesen Tagen ein gefragter Mann. Der Enkel des ersten Kanzlers der Bundesrepublik sitzt in den Räumen des Kölner Haus- und Grundbesitzer-Vereins, dessen Präsident er ist. In gut einer Woche, am 19. April, jährt sich der Todestag seines Großvaters zum 50. Mal – weshalb sich in den letzten Wochen und Monaten viele Medien gemeldet haben.
    Im Fall der aktuellen "Spiegel"-Titelgeschichte war es allerdings nicht der Fall: "Geheimakte Adenauer. Machtmissbrauch, Bestechung - und Spähangriffe gegen Willy Brandt" beruht auf Akten des Bundesnachrichtendienstes. Doch die Vorwürfe weist Adenauer gegenüber dem "Deutschlandfunk" zurück:
    "Ich halte diese Informationen für kleinlich und in seiner Ausdrucksweise pingelig. Also, natürlich hat er als Kanzler die Möglichkeiten genutzt, die er als Chef der Geheimdienste eben hatte. Jeder, der das hat, nutzt das natürlich auch für sich und seine Zwecke, sonst kann er sich nicht an der Macht halten."
    "Es ist meines Erachtens nicht illegal gewesen"
    Adenauer, selbst Jurist, führte jahrzehntelang ein Notariat in Köln. Er hält die nun verbreiteten Vorwürfe für schlichtweg falsch:
    "Es ist sogar meines Erachtens nicht illegal gewesen. Warum soll er nicht das wissen, was die Geheimdienste auch wissen? Er ist der Chef des Ganzen."
    Während der "Spiegel" in seiner Titelgeschichte Adenauers Demokratieverständnis grundlegend anzweifelt, widerspricht der Enkel naturgemäß – und vermutet stattdessen eine Trittbrettfahrerei anlässlich des anstehenden Jubiläums:
    "Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass gewisse Organe eben an dem Image kratzen wollen und jetzt mit kleinlichen Dingen kommen, wo sie angeblich was in den Akten aufgestöbert haben. Die Sachen sind über 60 Jahre alt und es ist nichts Wesentliches, was daraus kommt. Das sind so Kleinigkeiten. Manchmal werden auch so Sachen rausgeholt, die in den 20er-Jahren passiert sind. Dass er in einem Kolonial-Verein Mitglied war. Wer war das denn damals nicht? Das war nichts Besonderes, die Engländer, Franzosen hatten auch noch Kolonien damals. Also, es ist lächerlich manchmal, was da raus kommt."
    "Er braucht das Licht nicht zu scheuen"
    Für den Enkel lassen die Vorwürfe schlicht die zeitlichen Umstände von damals außer Acht. Und während die CDU-Zentrale, das Konrad-Adenauer-Haus, auf Medienanfragen den "Spiegel"-Bericht nicht kommentieren wollte, zeigt sich der Enkel gegenüber dem "Deutschlandfunk" offen:
    "Nee, es gibt nichts, was zu verbergen wäre. Diese Meinung habe ich also felsenfest. Er braucht das Licht nicht zu scheuen. Es gibt nichts, was weggelassen wird, auch nicht von unseren Stiftungen. Da kann man noch und noch suchen. Denn wenn er was, auch in den 20er-Jahren als OB von Köln, gemacht hätte, was nicht erlaubt war, hätten ihn die Nazis deswegen bestraft. Sie haben es ja nur versucht, aber ohne Ergebnis und die DDR hat auch so viel ausgepackt, wie sie nur konnte. Und da gibt es nicht mehr, als das, was damals ausgepackt worden ist."