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Ägyptischer Milliardär investiert in Bildung

Es klingt ein bisschen wie eine Geschichte aus "Tausendundeiner Nacht". Wo vor zwei Jahrzehnten noch Wüste war, da gibt es heute eine kleine Stadt am Roten Meer. Im ägyptischen El Gouna wird es demnächst ein Zentralinstitut der TU Berlin geben. Finanziert von einem ehemaligen Absolventen, dem ägyptischen Milliardär Samih Sawiris.

Von Wolf-Sören Treusch | 09.03.2012
    "Ich habe einfach viel mehr Geld, als ich es brauche, und da kommt so eine Unigeschichte natürlich sehr gut, die verbraucht ein bisschen Geld, und ich habe es vorgenommen, dass ich jetzt in den nächsten paar Jahren wirklich sehr viele solche Projekte finanziere, damit das, was übrig bleibt, auch für die Kinder ausreicht, aber nicht zu viel ist."

    Denn, so sein Credo, zu viel Geld ist ungesund. Samih Sawiris trägt das Hemd offen, sein Sakko sitzt leger. Aber er wäre nicht Milliardär, wenn er bei aller Lockerheit nicht auch ungemein zielstrebig wäre.

    "Für mich ist es ganz klar, das ist das, was Ägypten am meisten braucht. Gute Schulen, gute Universitäten, Bildung, Bildung, Bildung."

    1980 machte Samih Sawiris an der TU Berlin sein Diplom als Wirtschaftsingenieur. Eine Ausbildung von hoher Qualität, schwärmt er. Die will er nun auch in seinem eigenen Land erleben.

    "Ich möchte wirklich hauptsächlich sehr gute ägyptische Studenten, das ist keine Adresse, wo jeder hingehen kann, und wer nichts Besseres weiß, oder wer viel Geld hat, sondern wir wollen schon sicher stellen, dass die Leute, die dahin kommen auch was lernen wollen und auch was beitragen werden für sich und für ihre Länder."

    Etwa 40 Studenten, so die Planungen, werden aus Ägypten kommen, weitere 40 aus den arabischen Nachbarländern, zehn vielleicht aus Deutschland. Insgesamt 90 junge Menschen werden im Oktober beginnen. Sie müssen mindestens ein Jahr Berufserfahrung mitbringen, denn in El Gouna werden sie sich weiter qualifizieren zum Master of Science. Wasserwirtschaft, Städtebau, Energieversorgung – das sind die Themen der drei Studiengänge.

    "Aber sie werden auch noch zu persönlichen Interviews eingeladen, sodass man mit einem gewissen Geschick, mit Plausibilitätsfragen und ähnlichen Dingen feststellen kann, wie viel das Papier aussagt, was es wirklich aussagt, insofern gehen wir davon aus, dass wir eine qualitätsvolle Auswahl treffen können."

    TU-Präsident Jörg Steinbach ist überzeugt, dass sein Institut die Ambitionen seines ägyptischen Geldgebers erfüllen wird. Die Studenten werden nach deutschem Standard ausgebildet, Professoren und Mitarbeiter werden nach deutschem Tarifrecht bezahlt, die Studierenden sind an der TU eingeschrieben, Wohnungen für die Mitarbeiter und Wohnheim für die Studenten sind in direkter Umgebung, der Campus El Gouna ist ein Zentralinstitut der Technischen Universität Berlin.

    "Ich beneide diejenigen, die dort hinkommen werden, und ich erwarte auch bis zu einem gewissen Grade, dass die jungen Wissenschaftler, die wir ja auch mit runter bringen, die dort vor Ort ihre Forschung und ihre Lehre machen werden, glücklicher dort unten sein werden als teilweise in den etwas älteren Gebäuden bei uns hier auf dem Charlottenburger Campus."

    5.000 Euro kostet das Studium pro Semester, vier Semester dauert es. Einige der jungen Ägypter hofft Samih Sawiris mit einem Stipendium ausstatten zu können, bei seinen reichen Freunden muss er die Werbetrommel dafür nicht rühren, sagt er.

    "Werben nicht, sondern ich werde einfach die Leute unter Druck setzen und ihnen sagen: Wehe du zahlst kein Stipendium."

    Was die Sicherheitslage und die politische Situation in seinem Land anbelangt: Auch da ist der Milliardär entspannt.

    "In der ganzen Zeit, die jetzt vergangen ist seit der Revolution, wurde nie am Roten Meer auch nur ein einziger Zwischenfall reportiert."

    Auch TU-Präsident Jörg Steinbach ist zuversichtlich.

    "Was für uns eigentlich sehr wichtig war, dass die islamische Brüderschaft, die die Mehrheit im ägyptischen Parlament stellt, dass sie diesem Projekt positiv gegenüber aufgeschlossen ist, im Augenblick werden wir von den verschiedenen politischen wie auch den unterschiedlichen Glaubensrichtungen positiv aufgenommen."

    Ende April soll es losgehen, dann sind auch die letzten Internetkabel verlegt, und die TU wird das Bewerbungsverfahren für die drei Masterstudiengänge beginnen. Dann wird sich erweisen, ob El Gouna mehr zu bieten hat als Sonne, Sand und Meer.

    "Meinen Sie, Berlin war für mich weniger verlockend, als ich hier vor 30 Jahren kam als junger Student? Das war noch schlimmer als El Gouna."