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Ärger um falsche Landkarten
China bedrängt Konzerne wegen Taiwan

Taiwan ist nach Ansicht der Pekinger Regierung ein integraler Bestandteil Chinas. Wer sich nicht an diese Sprachregelung hält, bekommt mächtig Ärger. Das spüren nun auch immer häufiger internationale Konzerne.

Von Steffen Wurzel | 27.01.2018
    Staats- und Parteichef Xi Jinping spricht zu den etwa 2.300 Delegierten auf dem Parteikongress in Peking
    Für die Regierung in Peking ist Taiwan ein abtrünniger Landesteil (AFP)
    Rauf- und Runterscrollen, mit dem Rädchen auf der Computermaus, bis man die richtige Angabe gefunden hat: Diese Auswahlmenüs im Internet kennt jeder. Buchungswebseiten nutzen sie zum Beispiel, oder auch Online-Shops. Kunden geben über diese so genannten Pull-down-Menus zum Beispiel das Gültigkeitsdatum der Kreditkarte an oder ihr Geburtsjahr – oder das Land, aus dem sie kommen. Klingt erst einmal harmlos, ist es aber nicht. Zumindest dann nicht, wenn China und Taiwan im Spiel sind.
    "You can see right there the island of Taiwan is of course included in the map …"
    Tom Nunlist ist das. Er steht in seinem Büro in Schanghai vor einer großen Landkarte der Volksrepublik China und deutet auf die Insel Taiwan, die farblich so designt ist, dass ganz klar wird: Taiwan gehört zu China.
    "... a Taiwanese map might be a little different."
    Eine Landkarte aus Taiwan sieht vermutlich anders aus, sagt Nunlist. Er arbeitet für Hill & Associates, eine auf Asien spezialisierte Risiko-Beratungs-Firma. Und er warnt seine Kunden immer wieder: Passt genau auf, wenn es um China und Taiwan geht.
    Für Peking gibt es nur ein China
    De facto ist die Republik China - so nennt sich Taiwan offiziell, seit nun fast 70 Jahren ein eigenständiger Staat. Für die Volksrepublik China hingegen ist Taiwan ein abtrünniger Landesteil. Auch von anderen Ländern fordert die Regierung in Peking: Ihr müsst anerkennen, dass es nur ein China gibt. Und das sind wir. Gleiches fordert die Pekinger Staats- und Parteiführung von weltweit tätigen Firmen.
    "Unternehmen müssen aufpassen, dass sie ihren Mitarbeitern das beibringen. Unterm Strich gilt immer: Es gibt nur ein China."
    Wer sich nicht daran hält, riskiert Ärger. Das bekam vor Kurzem die australische Fluggesellschaft Qantas zu spüren. Auf der Qantas-Webseite konnten Kunden in einem Pull-down-Menu zwischen China und Taiwan als gleichberechtigten Staaten auswählen. Für die Führung in Peking und die staatlich gesteuerten Medien ein Skandal. Ähnliches passierte der spanischen Modekette Zara.
    "Es gibt die Fälle von Auswahl-Menüs auf Firmen-Webseiten. In anderen Fällen verwendeten Unternehmen versehentlich eine falsche Landkarte, die das Territorium von China falsch darstelle."
    US-Hotel-Konzern musste sich höchst offiziell entschuldigen
    Auch wenn die früheren Kolonien Hongkong und Macau nicht als Landesteil dargestellt werden, bringt das die chinesischen Behörden regelmäßig auf die Palme, erst recht gilt das für die Region Tibet. Der US-Hotel-Konzern Marriott musste sich Mitte Januar höchst offiziell entschuldigen, weil Nutzer in einer Online-Umfrage von Marriott sowohl Hongkong und Macau als auch Tibet als eigenständige Staaten auswählen konnten.
    Nationalistische Internetnutzer in ganz China riefen darauf hin zu einem Marriott-Boykott auf. In Shanghai wurden Mitarbeiter des Internetteams der Hotelkette von Ermittlern verhört und selbst das chinesische Außenministerium schaltete sich ein.
    "Ich möchte betonen, dass Hongkong, Macau, Taiwan und Tibet allesamt Teil Chinas sind," sagte Außenamtssprecher Lu Kang in Peking. "Das ist ein Fakt und internationaler Konsens. Wir heißen ausländische Unternehmen bei uns willkommen, aber wir erwarten, dass diese Firmen Chinas Souveränität und territoriale Integrität respektieren. Außerdem unsere Gesetze und die Gefühle der Chinesen."
    Angespanntes Verhältnis zwischen Peking und Taiwan
    Neu ist die kompromisslose Haltung der Pekinger Staats- und Parteiführung in dieser Angelegenheit nicht. Doch was Taiwan angeht, ist das Verhältnis zwischen beiden Seiten so angespannt wie lange nicht, spätestens seit der Wahl der festlandchina-kritischen Politikerin Tsai Ing-Wen zur Präsidentin Taiwans vor zwei Jahren.
    Gleichzeitig tritt die Regierung in Peking deutlich patriotischer und nationalistischer auf als früher. Entsprechend verhalten sich auch die Staatsmedien. Internationale Firmen sollten deswegen besonders achtsam mit der Ein-China-Politik umgehen, warnt der Shanghaier Risiko-Berater Tom Nunlist. Ruck-Zuck könne durch eine Unachtsamkeit ein riesiges Problem entstehen.
    "Es gab schon Fälle, in denen Firmen versehentlich falsche Landkarten in einer Powerpoint-Präsentation verwendet haben. Wenn man so eine Präsentation vorbereitet und sich denkt: Ah, ich brauche schnell noch eine China-Karte, schnell mal googeln, copypasten und zack: Man hat eine falsche Karte und damit plötzlich ein Problem."