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AfD-Politiker zur Sicherheitslage in Syrien
In bestimmte Regionen "kein Problem, Flüchtlinge zurückzuführen"

Der Bürgerkrieg in Syrien wird heute sieben Jahre alt. Jürgen Pohl (AfD) ist mit Parteikollegen in das Land gereist, um sich einen Eindruck der Sicherheitslage zu verschaffen. Zwar habe man sich keinen Gesamtüberblick verschaffen können, sagte er im Dlf. Er hält es jedoch für möglich, etwa Flüchtlinge nach Damaskus zurückzuführen.

Jürgen Pohl im Gespräch mit Christine Heuer |
    Sie sehen Jürgen Pohl am Rednerpult.
    Jürgen Pohl (AfD) ist mit Parteikollegen privat nach Syrien gereist. Auf die Rückführung von Flüchtlingen nach Homs angesprochen, sagte er: "Die Leute vor Ort schätzen ein, dass es sicher genug ist, diese 100.000, die da hingehen." (imago stock&people, 77417887 )
    Christine Heuer: Jürgen Pohl. Er ist Bundestagsabgeordneter der AfD, kommt aus Thüringen und war kürzlich mit Parteikollegen aus dem Bundestag, aber auch aus der NRW-Landtagsfraktion der AfD in Syrien. Guten Morgen, Herr Pohl!
    Jürgen Pohl: Guten Morgen, Frau Heuer!
    Heuer: Waren Sie bei Ihrer Visite auch in Ost-Ghouta?
    "Situation in Ost-Ghouta wäre viel zu gefährlich gewesen"
    Pohl: Wir waren nicht in Ost-Ghouta. Die Situation in Ost-Ghouta wäre viel zu gefährlich gewesen, um dort einfach eine Reise hinzumachen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Wir hatten die Nachfrage gestellt, aber die Entscheider vor Ort mussten mitteilen, dass es nicht möglich ist.
    Heuer: Zu gefährlich für AfD-Abgeordnete, aber offenbar nicht für Flüchtlinge, denn die AfD ist ja mit der Erkenntnis zurückgekehrt, dass Flüchtlinge nach Syrien jetzt zurückgeschickt werden können.
    Pohl: Sie wissen schon, dass Ost-Ghouta nur ein ganz kleiner Teil ist vom syrischen Staatsgebiet. Wir waren in Homs, wir waren in Aleppo, wir waren in Damaskus. Überall haben wir den Aufbauwillen des syrischen Volkes gesehen.
    Heuer: Da würden jetzt aber andere Organisation als nun ausgerechnet Ihre Partei sagen, in ganz Syrien sieht es nicht so aus, dass man Flüchtlinge zurückschicken kann, zum Beispiel die UNICEF oder der UNHCR, eine UN-Organisation. Haben Sie auch mit Vertretern gesprochen? Haben die Ihnen das nicht gesagt bei Ihrem Besuch?
    "Wie ist das Leben tatsächlich"
    Pohl: Wir haben gesprochen mit dem UNHCR in Homs. Die machen dort eine hervorragende Arbeit. Homs war lange Zeit von der al-Nusra-Front besetzt, von der dschihadistischen Organisation, die dafür sorgte, dass die Kinder keine Schulen besuchen konnten. Der UNHCR macht genau das, was das Wiederaufbau-Ministerium will, nämlich Normalität in Homs erzeugen.
    Heuer: Herr Pohl, Entschuldigung! Die Frage war ja: Hat der UNHCR, als Sie in Syrien waren, Ihnen gesagt, das Land ist insgesamt sicher genug, um Flüchtlinge zurückzuschicken?
    Pohl: Die Frage steht für das UNHCR so nicht, sondern das UNHCR macht Arbeit unten in Syrien vor Ort, um diese Situation genau so zu befrieden.
    Heuer: Aber das war doch genau die Frage, mit der Sie, wenn ich das richtig verstanden habe, nach Syrien gefahren sind.
    Pohl: Genau! So ist es. Wir sind nach Syrien gefahren, um festzustellen, wie ist das Leben tatsächlich, wie sind die Auswirkungen des Krieges. Und die zweite: Wie kann der Bevölkerung geholfen werden, nachdem dort sechs beziehungsweise heute sieben Jahre Sanktionen greifen.
    "Die Leute vor Ort schätzen ein, dass es sicher genug ist"
    Heuer: Und eine Frage war, ist Syrien sicher genug, um wieder Flüchtlinge dorthin zurückzuschicken. Das habe ich richtig verstanden?
    Pohl: Das ist nicht die grundsätzliche Frage. Das können wir nicht einschätzen mit einer Reise von sieben Tagen.
    Heuer: Das können Sie nicht einschätzen. Das heißt, was wir nach Ihrer Reise gelesen haben, Syrien sei sicher genug, um Flüchtlinge zurückzuschicken, das tragen Sie gar nicht mit nach Ihren Erfahrungen dort?
    Pohl: Das ist eine Feststellung, die Sie jetzt alleine ziehen.
    Heuer: Nein, das wurde so berichtet, Herr Pohl.
    Pohl: Im Zentrum von Damaskus ist es zurzeit kein Problem, Flüchtlinge zurückzuführen. Wir haben mit dem Wiederaufbau-Minister gesprochen. Wir haben mit dem Gouverneur von Homs gesprochen. Die sagen, es sind 21.000 Familien, also mithin 100.000 Leute nach Homs zurückgekehrt. Die Leute vor Ort schätzen ein, dass es sicher genug ist, diese 100.000, die da hingehen.
    "Wir haben elf Vertreter von Religionen gesprochen"
    Heuer: Jetzt frage ich aber noch mal nach, Herr Pohl. Wie ist denn Ihre Einschätzung? Flüchtlinge zurückgeht, ja oder nein?
    Pohl: Ja! In bestimmte Regionen. Wir können natürlich jetzt sagen, wenn Sie jetzt beckmesserisch sagen, dann schicken Sie die alle nach Ost-Ghouta, das ist falsch.
    Heuer: Ich will es nur verstehen. – Nee, nee, um Gottes willen. Das würde ich nicht empfehlen. – Herr Pohl, Sie haben bei Ihrer Reise den syrischen Großmufti getroffen.
    Pohl: Ja.
    Heuer: Das ist ja nun ein Mann, der US-Amerikanern und Europäern öffentlich mit Selbstmordanschlägen gedroht hat. Ist das der richtige Gesprächspartner für Bundestagsabgeordnete?
    Pohl: Wir haben nicht nur den Großmufti getroffen; wir haben auch den Vertreter der Orthodoxen Kirche getroffen. Wir haben den Erzbischof von Aleppo getroffen. Wir haben elf Vertreter von Religionen gesprochen. Das heißt, sich jetzt einen rauszupicken, um zu sagen, mit dem dürft ihr aber nicht sprechen, das ist meines Erachtens der falsche Ansatz.
    Großmufti "ist dort falsch interpretiert worden"
    Heuer: Also man darf sprechen mit einem Vertreter Syriens, der unter anderem dem deutschen Volk mit Attentaten gedroht hat? Mit dem darf man sprechen?
    Pohl: Frau Heuer! Wenn Sie ein Kind retten dadurch, dass die Sanktionen gelockert werden, wenn Sie wieder Milchpulver liefern können, wenn Sie wieder Kinder-Hospitale, die geplündert worden sind von den islamistischen Kämpfern, wenn Sie die wieder ausstatten können, dann ist es wichtig, mit den Leuten vor Ort zu sprechen. Sie können nicht einfach Entscheidungsträger oder Meinungsbildner ausschließen.
    Heuer: Dann spricht die AfD und findet das richtig? Entschuldigung, dass ich da noch mal reingehe, weil es interessiert mich einfach. Sie finden das okay, wenn Bundestagsabgeordnete - das sind Vertreter des deutschen Volkes - Gespräche führen in Syrien mit Personen, die diese deutsche Bevölkerung ganz konkret bedroht haben?
    Pohl: Erstens hat er nicht ganz konkret gedroht. Er hat ausdrücklich gesagt, er ist dort falsch interpretiert worden.
    Heuer: Okay. Aber es gibt Zitate.
    Pohl: Lassen Sie ihn auch eine Meinung haben und lassen Sie mich vielleicht aussprechen.
    Heuer: Herr Pohl, mache ich sofort. Ich will nur das Zitat loswerden. Das Zitat geht so: "Wir haben Selbstmordattentäter, die in euren Ländern bereitstehen, wenn ihr Syrien bombardiert."
    Pohl: Das ist nach der Information, die der Großmufti gegeben hat, fehlerhaft übersetzt. Das muss ich jetzt dazu sagen.
    Medien berichten "nicht vollständig und richtig über Syrien"
    Heuer: Und das glauben Sie?
    Pohl: Das hat erst mal mit dem Glauben nichts zu tun, sondern ich muss eine ganz wichtige Sache noch klarstellen. Ich habe dort unten nicht als Bundestagsabgeordneter gehandelt. Wir haben als AfD-Mitglieder eine Privatreise unternommen, um die Darstellung, die von Syrien abgegeben wird hier in der Öffentlichkeit, zu überprüfen. Und wir haben festgestellt, dass die Medien nicht vollständig und richtig über Syrien berichten.
    Heuer: Sie sagen das ja zum wiederholten Male, dass das eine Privatreise gewesen sei. Haben Sie die von Ihrem privaten Konto bezahlt?
    Pohl: Natürlich!
    "Eine Reise, die nicht über das Büro gelaufen ist"
    Heuer: Wer hat die denn gebucht? Sie persönlich oder Ihr Büro?
    Pohl: Sie wissen gar nicht, wie einfach das ist, nach Syrien zu kommen, und es ist eine Reise, die nicht über das Büro gelaufen ist, sondern das ist ganz einfach von Herrn Jürgen Pohl und seinen Freunden gemacht worden.
    Heuer: Und jeder hat da sein privates Konto genommen, hat selbständig Flüge gebucht und dann sind Sie als private Truppe nach Syrien gereist, Herr Pohl? Muss man sich das so vorstellen?
    Pohl: So einfach ist das tatsächlich, ja.
    "Jetzt sitzt Deutschland beckmesserisch da"
    Heuer: Sie werden aber schon als AfD-Abgeordneter da wahrgenommen und entsprechend ist das in Syrien auch berichtet worden.
    Pohl: Frau Heuer, es ist doch wichtig, dass man erst mal - Sie hatten eben die Berichterstattung über einen siebenjährigen Bürgerkrieg. Und jetzt sitzen Sie und jetzt sitzt Deutschland beckmesserisch da und sagt, das dürft ihr oder das dürft ihr nicht. Wichtig ist doch, dass wir die Situation für die Bevölkerung vor Ort verbessern, massiv verbessern müssen. Wichtig ist doch, dass wir überlegen, ob wir die Situation in Syrien überprüfen können, dass wir sagen, dass diejenigen, die zurückgekehrt sind, auch Arbeit finden und in den Wiederaufbauprozess eingegliedert werden. Man muss doch nach vorne schauen. Es ist doch unwichtig zu sagen, wann und wo ist der Flug gegangen.
    Heuer: Herr Pohl, uns rennt die Zeit weg – leider! Ich würde Sie gerne noch fragen: AfD-Abgeordnete waren auf der Krim, jetzt waren Sie in Syrien. Wohin geht die nächste Reise, ganz kurz bitte?
    Pohl: Nachhause. Am Freitag ist hier die Parlamentswoche zu Ende und da werden ich dann nachhause fahren. Das ist die nächste Reise.
    Heuer: Jürgen Pohl, für die AfD im Deutschen Bundestag. Er hat gerade privat, wie er sagt, Syrien bereist. Herr Pohl, haben Sie Dank fürs Gespräch.
    Pohl: Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Heuer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.