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AfD und Bildungspolitik
"Nicht jedes linke Bildungsexperiment mitmachen"

Eine Rückkehr zum dreigliedrigen Schulsystem, weniger Studierende und dafür mehr Facharbeiter und einen Beibehalt der Förderschulen: Das sind Forderungen der AfD in der Bildungspolitik. Bildung sei kein Lifestyle-Produkt, sondern müsse vor allem funktionieren, sagte der AfD-Politiker Markus Frohnmaier im Dlf.

Markus Frohnmaier im Gespräch mit Sandra Pfister |
    Ein Rollstuhl steht am 09.10.2014 in Stuttgart (Baden-Württemberg) im Klassenzimmer einer Gemeinschaftsschule.
    Geht es nach der AfD, sollen künftig nur Kinder, die dem Unterricht folgen können, an Regelschulen unterricht werden. (dpa / Inga Kjer)
    Sandra Pfister: Wofür steht die AfD in der Bildung genau? Wir wollten es noch ein bisschen detaillierter wissen und deswegen haben wir vor der Sendung noch mal bei Markus Frohnmaier nachgehakt. Das AfD-Bildungsprogramm hört sich ja nach einer kompletten Rolle rückwärts an. Ist die AfD eigentlich irgendwo progressiv?
    Markus Frohnmaier: Was ist schon progressiv? Bildungspolitik ist kein Lifestyle-Produkt. Bildungspolitik muss funktionieren. Wir machen eben nicht bei jedem linken Bildungsexperiment mit, also nach Gehör schreiben lernen oder auch Schule zum antiautoritären Raum umfunktionieren – für uns gilt nach wie vor der Grundsatz "Never change a running system". Unser Bildungssystem, das war jahrzehntelang hoch anerkannt in der ganzen Welt, und darum glauben wir, fortschrittlich wäre, wenn eine Politik betrieben wird, die diesen Zustand eben wiederherstellt.
    Pfister: Sie wollen zum Beispiel das gegliederte Schulsystem, so wie es war, Dreigliedrigkeit, also Aussortieren nach Leistung. Für mich passt das nicht ganz zusammen mit dem, was Sie selbst erfahren haben. Sie haben selbst einen Hauptschulabschluss gemacht und damit erstmal erlebt, dass Intelligenz und Potenzial bei diesem Aussortieren nicht unbedingt besonders gesehen und gefördert werden. Ist das kein Widerspruch?
    Frohnmaier: Nein. Ich meine, selbst linke Bildungspolitiker gestehen bei der Einheitsschule ein, dass unter den Schülern differenziert werden muss.
    Pfister: Aber eine Einheitsschule haben wir ja nicht.
    Frohnmaier: Aber da wollen die hin. Und wir haben Gemeinschaftsschulen. Ich hab ja selbst erlebt, dass hier am ehesten und besten auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schüler eingegangen werden kann. Und dass unser dreigliedriges Schulsystem gezeigt hat, dass es nach oben hin durchlässig ist, wenn man bereit ist, etwas zu leisten. Ich denke, dafür bin ich selbst ja auch ein ganz gutes Beispiel. Ich habe Hauptschule gemacht, Realschule, dann Abitur und schließlich ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen.
    Pfister: Sie wollen die Bildungswege nach oben wieder ein bisschen enger und dichter machen und schauen, dass nur noch weniger Leute an die Uni kommen. Wie viel Prozent eines Jahrgangs sollen denn nach Ihrer Sicht studieren dürfen?
    Frohnmaier: Ich glaube, da geht es jetzt nicht um irgendwelche Regulierungen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass wir einen großen Fachkräftemangel haben. Das Handwerk et cetera wird immer unattraktiver, weil mittlerweile hier auch den jungen Menschen eingeredet wird, dass man nur noch etwas ist, wenn man studiert.
    Ich meine, wir können mal nach Italien schauen, Spanien, aber auch nach Russland. Da hat irgendwie jeder studiert, und deswegen werden die Chancen am Arbeitsmarkt auch nicht besser.
    "Studierende gibt es wie Sand am Meer mittlerweile"
    Pfister: Aber große Teile der deutschen Wirtschaft halten Ihnen doch entgegen, wir brauchen die Hochqualifizierten, wir wollen die, die studiert haben.
    Frohnmaier: Die deutsche Wirtschaft braucht Facharbeiter. Studenten oder Studierende gibt es wie Sand am Meer mittlerweile. Wir müssen schauen, dass wir hier auch wieder Leute voranbringen und ausbilden.
    Pfister: Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, dass es einen Bereich gibt, in dem Sie mit linken Parteien in der Bildungspolitik völlig übereinstimmen?
    Frohnmaier: Nein.
    "Ich glaube, Geld ist da. Man braucht aber hier den politischen Willen"
    Pfister: Sie sagen, die Unis sollen mehr Geld bekommen, weil sie zu abhängig sind von Drittmitteln. Das ist ein klassisch linkes Konzept, mehr Geld für die Universitäten. Das scheitert ja auch nicht am politischen Willen, sondern an Steuererhöhungen. Woher kommt das Geld bei Ihnen?
    Frohnmaier: Da kann man einmal feststellen, dass wir einen ausgeglichenen Bundeshaushalt haben. Aber auch unser Finanzminister, der kann plötzlich fast 94 Milliarden Euro für die Bewältigung der Asyl- und Flüchtlingskrise bis 2020 aufbringen. Also ich glaube, Geld ist da. Man braucht aber hier den politischen Willen.
    Pfister: Unter Ihnen gäbe es auf jeden Fall sehr viel mehr Geld für die Bildung. Noch ein weiteres Thema, das klang auch gerade schon an: Behinderte Kinder sollen wieder zurück auf eigene Schulen. Nun ist die Inklusion ja nichts, was Deutschland selbst erfunden hat, sondern das folgt der UN-Menschenrechtskonvention. Ist Ihnen egal?
    Frohnmaier: Die UN-Menschenrechtskonvention selbst eröffnet Behinderten ja den Anspruch darauf, dass sie gleichberechtigt Zugang zum allgemeinen Bildungssystem haben. Dagegen habe ich natürlich nichts, dagegen haben wir nichts. Wer dem normalen Unterrichtsgeschehen folgen kann, der darf natürlich nicht vom Besuch ausgeschlossen werden. Daraus leitet sich nicht ab, dass der Staat keine Förderschulen betreiben darf.
    Pfister: Tut er ja auch weiterhin.
    Frohnmaier: Das tut er auch weiterhin, aber es soll ja perspektivisch quasi dann überwunden werden, und da sind wir dagegen. Man muss immer schauen, hier geht es um das Kindeswohl und nicht darum, dass sich Eltern selbst verwirklichen können.
    Pfister: Markus Frohnmaier, Vorsitzender der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD. Danke Ihnen!
    Frohnmaier: Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.