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Afghanistan
Mindestens 80 Tote bei IS-Anschlag auf Minderheit

In der afghanischen Hauptstadt Kabul haben zwei Selbstmordattentäter während einer Demonstration mindestens 80 Menschen getötet. Mindestens 207 Menschen wurden verletzt. Die Terrormiliz IS bekannte sich zu dem Anschlag.

    Eine blutige Sandale liegt am Tatort des Anschlags, im Hintergrund stehen Menschen an einem Truck.
    Bei einem Doppelanschlag des IS in Kabul wurden mindestens 80 Menschen getötet. (WAKIL KOHSAR / AFP)
    Zwei Selbstmordattentäter hätten sich den Demonstranten genähert, die sich auf dem Demasang-Platz versammelt hatten, wie Präsidentensprecher Harun Chachansuri sagte. Einer der beiden sei von der Polizei angeschossen worden, der andere habe seinen Sprengstoff gezündet. Mehr als 10.000 Menschen hatten sich nach Angaben der Organisatoren der Demonstration zum Zeitpunkt der Tat auf dem Platz versammelt. Dort wollten Demonstranten nach einem vierstündigen Protest ein Camp aufschlagen.
    Afghanistans Präsident Ahsraf Ghani sagte, der Anschlag mache ihn "tieftraurig". "Friedliche Demonstrationen sind das Recht jeden Bürgers von Afghanistan und die Regierung wird alles ihr Mögliche tun, sie zu sichern", erklärte Ghani. Unter den Opfern seien auch afghanische Sicherheitskräfte, ergänzte er. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah verurteilte den Anschlag auf Twitter: "Es zeigt, dass Terroristen und ihre Verbündeten keinen Respekt vor Menschenleben haben."
    Demonstration für Verlegung einer Stromtrasse
    Demonstriert hatten Angehörige der Minderheit der Hasara, sie sich für die Verlegung einer Stromtrasse einsetzen. Die Hasara stellen etwa 15 Prozent der geschätzten 30 Millionen Menschen in Afghanistan und gelten als arme, oft diskriminierte Minderheit. Viele Hasara sind schiitische Muslime, während in Afghanistan insgesamt Sunniten in der Überzahl sind. Der IS wird von sunnitischen Extremisten geführt.
    Die neue Stromleitung namens Tutap sollte ursprünglich durch Bamian gehen, das Siedlungsgebiet der Hasara im Zentrum Afghanistans. Als die Trasse umgeplant wurde, sahen die Hasara dies als weiteren Beleg für Vorurteile gegen ihre Bevölkerungsgruppe. Tutap gilt als wichtiges Entwicklungsprojekt, da derzeit weniger als 40 Prozent der Afghanen einen Stromanschluss haben. Fast 75 Prozent der Elektrizität wird importiert. Hinter Tutap stehen die Asiatische Entwicklungsbank sowie Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Afghanistan und Pakistan. Planer erklären die Verlegung der Strecke mit Kostengründen.
    Demonstranten warfen Steine auf Beamten
    Die Hasara beharren jedoch auf der ursprünglichen Route durch das arme Bamian. Im Mai hatten Zehntausende schon einmal für dieses Ziel demonstriert. Am Samstag waren es deutlich weniger. Die Demonstranten bewegten sich zu Fuß und auf Fahrrädern vor allem durch die westlichen Stadtteile Kabuls. Die Stadt war für den Protestmarsch weitgehend abgeriegelt worden. Nach den Explosionen blockierten wütende Demonstranten den Umkreis und hielten Polizei und Sicherheitskräfte davon ab, zum Ort des Geschehens zu kommen. Einige warfen Steine auf die Beamten.
    (cvo/fwa)