Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Afrikanische Schweinepest
Die Seuche rückt näher

In Estland, Lettland, Litauen und Polen sind Fälle der Afrikanischen Schweinepest aufgetreten - eine Seuche, die für Menschen ungefährlich ist, für Schweine jedoch tödlich. Durch verseuchte Fahrzeuge und Lebensmittel aus diesen Ländern könnte das Virus auch nach Deutschland eingeschleppt werden. Tierärzte am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bereiten sich auf den Ernstfall vor.

Von Marieke Degen | 09.12.2014
    "Das ist unser Quarantänestall - der Großtierbereich - und wir schauen von außen in die Außengehege der Wildschweine. Wir haben hier auch einen Sandboden, wo sie sich ein bisschen drin wälzen können."
    Sandra Blome reckt sich über das Metallgatter. Zwei stattliche Wildschweine kommen angetrottet und machen sich über die Apfelstücke her, die die Tierärztin ins Gehege wirft.
    Sandra Blome forscht am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems. Die Schweine sind ihre Versuchstiere - für die Afrikanische Schweinepest. Die tödliche Tierseuche breitet sich immer weiter aus, und die Gefahr besteht, dass sie auch nach Deutschland gelangt.
    "Für eine Risikobewertung muss man seinen Feind kennen. Man muss wissen: Wie verhält sich so ein Virus, wird es ausgeschieden, wie wird es ausgeschieden - und solche Forschungsprojekte handhaben wir im Moment mit den Wildschweinen."
    Die Afrikanische Schweinepest befällt Wild- und Hausschweine. Die Tiere können sich gegenseitig anstecken, wenn auch nicht so leicht, wie die Forscher herausgefunden haben. Die Folgen sind dramatisch.
    "Die Tiere bekommen sehr, sehr hohes Fieber und alle Symptome, die wir mit Fieber verbinden würden. Sie fressen schlecht, sie liegen übereinander, sie fühlen sich schlecht. Wenn man in den Stall kommt, ist es viel zu ruhig - die Tiere bleiben auf einem Haufen liegen."
    Später, sagt Sandra Blome, kommen noch andere Symptome dazu:
    "Das kann zu Blutungserscheinungen kommen, zu Nasenbluten, blutigen Durchfällen, blutigen Ohren, Blutungen in der Haut, das muss aber nicht so sein. Und einige Tiere entwickeln auch sogenannte zentralnervöse Störungen, die taumeln, liegen auf der Seite und kommen nicht mehr hoch. Für das Einzeltier ist die Erkrankung in der Regel tödlich. In der Population wird nicht jedes Tier daran sterben, aber unter experimentellen Bedingungen sind bisher alle meine Tiere an der Krankheit verendet."
    Die Afrikanische Schweinepest rückt immer näher. Seit 2007 wütet sie in Russland, und Anfang 2014 ist sie in Estland, Lettland, Litauen und Polen aufgetaucht. Das Virus könnte auch nach Deutschland eingeschleppt werden - etwa über verseuchte Wurst, die an der Autobahnraststätte liegen bleibt und von einem Wildschwein gefressen wird. Oder über Essensreste, die direkt an Hausschweine verfüttert werden - was eigentlich verboten ist. Auch verseuchte Fahrzeuge könnten das Virus über die Grenze bringen.
    "Ich denke, das Worst-Case-Szenario für die deutsche Schweineproduktion wäre, wenn wir in die Region Cloppenburg, Vechta die Afrikanische Schweinepest einschleppen - möglichst dann noch verbunden mit Ausbrüchen in Wildschweinen in der Umgebung. Es gibt dort sehr, sehr viele Schweine, sehr, sehr viele andere Tierarten, die dort gehalten werden. Und wenn man dort die Handelsrestriktionen festsetzen müsste, die in den Gesetzestexten stehen, dann hätten wir ein ziemlich großes ökonomisches Problem."
    Sandra Blome und ihre Kollegen vom Friedrich-Loeffler-Institut sind auf die Seuche vorbereitet: Sie haben unter anderem diagnostische Methoden entwickelt, mit der sich winzigste Spuren des Virus zuverlässig nachweisen lassen. Jetzt sind die Jäger gefordert: Sie sollten tot aufgefundene Wildschweine melden und untersuchen lassen. Auch die Landwirte sollten wachsam sein und fiebrige Erkrankungen bei ihren Schweinen abklären lassen.
    "Es kann sein, dass sich ein Tier ansteckt vorne und seine Nachbarn direkt ansteckt, aber dass sich der Rest des Bestandes gar nicht sich infiziert. Es ist also nicht wie ein Schnupfen. Und deshalb haben in Russland sehr viele Betriebe sehr lange gewartet, bis sie was gemacht haben. Weil sie gesagt haben: Es kann ja gar nicht ASP sein, es geht ja ganz langsam - sind drei Schweine tot, macht nichts."
    Ein Impfstoff gegen die Afrikanische Schweinepest ist noch nicht in Sicht. Aber vor allem Landwirte können ihre Schweine schützen, sagt Sandra Blome - mit ganz einfachen Maßnahmen. Die Kleidung wechseln, wenn sie den Stall betreten. Schweine, die neu dazu kommen, erst mal von den anderen trennen. Und vor allem sollten sie niemals Speisereste an ihre Schweine verfüttern.