Meurer: "Afrika mag wichtig sein, aber es passt nicht in unsere nationalen strategischen Interessen." Das hat George Bush vor seiner Wahl zum US-Präsidenten bekannt. Offenbar hat er seine Meinung geändert, oder aber die Umstände sind seit dem 11. September anders geworden- Bush trifft heute im Senegal ein, vier weitere afrikanische Länder werden noch folgen. Der amerikanische Präsident entdeckt also den vergessenen schwarzen Kontinent, darüber möchte ich mich unterhalten mit Andreas Mehler von Institut für Afrikakunde in Hamburg. Guten Morgen, Herr Mehler.
Mehler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Alle Welt rätselt ja über die Motive von Bush. Was will Ihrer Meinung nach der US-Präsident in Afrika?
Mehler: Er will einen Besuch nachholen, den er schon im Januar durchführen sollte, damals kam der Irak-Krieg dazwischen, aber darüberhinaus geht es schon um Präsenz in einem Kontinent, der für die USA doch sichtbar wichtiger geworden ist. Lange Zeit war das nicht so, nach dem Kalten Krieg geriet der Kontinent in Vergessenheit und das hat sich erst in den letzten Monaten verändert und innenpolitisch, nämlich für die Afroamerikaner, ist Afrika schon ganz wichtig, das zeigt sich an der Krise in Liberia.
Meurer: Inwiefern ist Afrika wieder wichtiger geworden?
Mehler: Nun, man muss sagen, dass sich seit dem 11. September doch einiges verändert hat. Das gilt insbesondere für die Frage Terrorbekämpfung, terroristische Bedrohungen in Afrika werden zunehmend ernstgenommen, seit dem auch schon 1998 bei Anschlägen auf die US-Botschaft in Nairobi und Daressalam sehr viele Menschen starben. Wichtiger als die unmittelbare Bedrohung ist aber die Angst vor der Ausweitung sogenannter staatsfreier Räume, die sich als Rückzugsbasen des internationalen Terrorismus eignen und von solchen Gebieten gibt es nun mal in Afrika genug. Daneben geht es natürlich auch um Erdöl. Führende US-Politiker haben erklärt, dass afrikanisches Erdöl von strategischem Interesse für die Vereinigten Staaten sei und man will die Abhängigkeit von arabischem Öl verringern, das heißt, der afrikanische Anteil von jetzt knapp 16 soll auf 25 Prozent gesteigert werden.
Meurer: Es gibt also plötzlich doch nationale Interessen, die die USA verfolgen und es sind weniger humanitäre Motive, wie Bush selbst für seine Afrikareise anführt?
Mehler: Es gibt schon einige interessante Programme der USA, besonders im Kampf gegen HIV, AIDS. Hier schuf Bush ja eine positive Überraschung, als er erklärte, man werde über die nächsten fünf Jahre 15 Milliarden Dollar ausgeben und zwar eben hauptsächlich für Afrika. Nun haben einige kluge Leute nachgerechnet und man muss feststellen, dass schon im ersten Jahr seit dieser Ankündigung ein Drittel weniger als der dafür benötigte Schnitt in den Haushalt eingestellt wurden, so dass ein Risiko besteht, dass den Ankündigungen dann doch die Taten nicht folgen, immerhin läuft Bush hier aber den Europäern den Rang ab. Ein zweiter Punkt sind die Handelerleichterungen schon unter Clinton gegenüber 26 Staaten südlich der Sahara verabschiedet worden, profitiert haben aber auch nur ganz wenige. Ich denke, insgesamt sind die eben genannten Neuorientierungen, Terrorbekämpfung, Erdölversorgung doch sehr viel wichtiger.
Meurer: Bei der Reiseplanung wohl noch nicht berücksichtigt worden ist und konnte nicht werden die Situation in Liberia. Glauben Sie, Herr Mehler, dass diese Krise und die Diskussion ob die USA dorthin Soldaten schicken werden, sozusagen die Reisepläne stört?
Mehler: Das glaube ich auf alle Fälle, denn Bush war nie sehr begeistert, Soldaten nach Afrika zu schicken und es kann sein, dass dies passiert, aber Liberia verdankt nun mal seine Gründung im Jahr 1847 der Ansiedlung freigelassener Sklaven afrikanischer Abstammung aus den USA und deren Nachfahren sind eben die sogenannten Amerikoliberianer und da gibt es eine enge Verbindung in die USA. Man wird wahrscheinlich doch agieren müssen, trotzdem ist schon auffällig, wie zurückhaltend Bush bisher mit dieser Krise umgeht.
Meurer: Warum fällt es Bush so schwer, sich für die Friedenstruppe zu entscheiden?
Mehler: Man hat in Somalia die Erfahrung gemacht mit den 18 getöteten US-Soldaten und damals wurde ja die Entscheidung getroffen, da niemanden mehr hinzuschicken und dementsprechend hatte man sich auch in Ruanda zwei Jahre später sehr zurückgehalten, um nicht zu sagen, eigentlich verhindert, dass die internationale Gemeinschaft hier überhaupt tätig wird. Deswegen ist das schon ein großer Schritt, den man jetzt gehen muss, um in Liberia aktiv zu werden.
Meurer: Denken Sie, Bush verstößt gegen eigene Prinzipien und provoziert damit Kritik der Konservativen in den USA?
Mehler: Das ist sicher eine Seite, die Kritik übt, aber die andere Seite muss man auch sehen. Es gibt sehr viele, nicht nur internationale Gruppen, die jetzt auffordern, dass man etwas tut. Ganz wichtig auch die westafrikanischen Staaten, die Bush jetzt auch besucht, Senegal und Nigeria. Man wird Bush drängen, dass er endlich aktiv wird und es gibt eben die eigene schwarze Bevölkerung in den USA.
Meurer: Es gibt ja im Kabinett von George Bush zwei Afroamerikaner, Condoleeza Rice, die Sicherheitsberaterin und der Außenminister Colin Powell. Glauben Sie, die beiden werden Bush geschoben haben zur Reise und zur Hinwendung Richtung Afrika?
Mehler: Man kann schlecht eine Reise ankündigen, die eine Aufbruchstimmung verkünden soll gegenüber einem ganze Kontinent und hinterher gar nichts tun. Ich denke, man stand da schon in der Pflicht, irgendwas zu tun. Diesen Besuch eben auch nach zu holen. Es gibt natürlich auch ganz interessante Bilder, die zu Hause verwendet werden können. Vor allem auch im Senegal, der ist ja auch auf der Liste, weil Bush hier seine Referenz auf der Insel Goree abgeben will gegenüber den Sklaven. Dort gibt es eben dieses Museum, ein Sklavenhaus, die letzte Station vor der Verschiffung in die USA. Schon Clinton war ja da. Da werden natürlich auch viele Bilder für das afroamerikanische Publikum zuhause gemacht.
Meurer: Das war Andraes Mehler vom Institut für Afrikakunde in Hamburg zur heute beginnenden Bush-Reise nach Afrika.
Mehler: Herr Mehler, besten Dank und auf Wiederhören.
Meurer: Bittesehr.
Link: Interview als RealAudio
Mehler: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Alle Welt rätselt ja über die Motive von Bush. Was will Ihrer Meinung nach der US-Präsident in Afrika?
Mehler: Er will einen Besuch nachholen, den er schon im Januar durchführen sollte, damals kam der Irak-Krieg dazwischen, aber darüberhinaus geht es schon um Präsenz in einem Kontinent, der für die USA doch sichtbar wichtiger geworden ist. Lange Zeit war das nicht so, nach dem Kalten Krieg geriet der Kontinent in Vergessenheit und das hat sich erst in den letzten Monaten verändert und innenpolitisch, nämlich für die Afroamerikaner, ist Afrika schon ganz wichtig, das zeigt sich an der Krise in Liberia.
Meurer: Inwiefern ist Afrika wieder wichtiger geworden?
Mehler: Nun, man muss sagen, dass sich seit dem 11. September doch einiges verändert hat. Das gilt insbesondere für die Frage Terrorbekämpfung, terroristische Bedrohungen in Afrika werden zunehmend ernstgenommen, seit dem auch schon 1998 bei Anschlägen auf die US-Botschaft in Nairobi und Daressalam sehr viele Menschen starben. Wichtiger als die unmittelbare Bedrohung ist aber die Angst vor der Ausweitung sogenannter staatsfreier Räume, die sich als Rückzugsbasen des internationalen Terrorismus eignen und von solchen Gebieten gibt es nun mal in Afrika genug. Daneben geht es natürlich auch um Erdöl. Führende US-Politiker haben erklärt, dass afrikanisches Erdöl von strategischem Interesse für die Vereinigten Staaten sei und man will die Abhängigkeit von arabischem Öl verringern, das heißt, der afrikanische Anteil von jetzt knapp 16 soll auf 25 Prozent gesteigert werden.
Meurer: Es gibt also plötzlich doch nationale Interessen, die die USA verfolgen und es sind weniger humanitäre Motive, wie Bush selbst für seine Afrikareise anführt?
Mehler: Es gibt schon einige interessante Programme der USA, besonders im Kampf gegen HIV, AIDS. Hier schuf Bush ja eine positive Überraschung, als er erklärte, man werde über die nächsten fünf Jahre 15 Milliarden Dollar ausgeben und zwar eben hauptsächlich für Afrika. Nun haben einige kluge Leute nachgerechnet und man muss feststellen, dass schon im ersten Jahr seit dieser Ankündigung ein Drittel weniger als der dafür benötigte Schnitt in den Haushalt eingestellt wurden, so dass ein Risiko besteht, dass den Ankündigungen dann doch die Taten nicht folgen, immerhin läuft Bush hier aber den Europäern den Rang ab. Ein zweiter Punkt sind die Handelerleichterungen schon unter Clinton gegenüber 26 Staaten südlich der Sahara verabschiedet worden, profitiert haben aber auch nur ganz wenige. Ich denke, insgesamt sind die eben genannten Neuorientierungen, Terrorbekämpfung, Erdölversorgung doch sehr viel wichtiger.
Meurer: Bei der Reiseplanung wohl noch nicht berücksichtigt worden ist und konnte nicht werden die Situation in Liberia. Glauben Sie, Herr Mehler, dass diese Krise und die Diskussion ob die USA dorthin Soldaten schicken werden, sozusagen die Reisepläne stört?
Mehler: Das glaube ich auf alle Fälle, denn Bush war nie sehr begeistert, Soldaten nach Afrika zu schicken und es kann sein, dass dies passiert, aber Liberia verdankt nun mal seine Gründung im Jahr 1847 der Ansiedlung freigelassener Sklaven afrikanischer Abstammung aus den USA und deren Nachfahren sind eben die sogenannten Amerikoliberianer und da gibt es eine enge Verbindung in die USA. Man wird wahrscheinlich doch agieren müssen, trotzdem ist schon auffällig, wie zurückhaltend Bush bisher mit dieser Krise umgeht.
Meurer: Warum fällt es Bush so schwer, sich für die Friedenstruppe zu entscheiden?
Mehler: Man hat in Somalia die Erfahrung gemacht mit den 18 getöteten US-Soldaten und damals wurde ja die Entscheidung getroffen, da niemanden mehr hinzuschicken und dementsprechend hatte man sich auch in Ruanda zwei Jahre später sehr zurückgehalten, um nicht zu sagen, eigentlich verhindert, dass die internationale Gemeinschaft hier überhaupt tätig wird. Deswegen ist das schon ein großer Schritt, den man jetzt gehen muss, um in Liberia aktiv zu werden.
Meurer: Denken Sie, Bush verstößt gegen eigene Prinzipien und provoziert damit Kritik der Konservativen in den USA?
Mehler: Das ist sicher eine Seite, die Kritik übt, aber die andere Seite muss man auch sehen. Es gibt sehr viele, nicht nur internationale Gruppen, die jetzt auffordern, dass man etwas tut. Ganz wichtig auch die westafrikanischen Staaten, die Bush jetzt auch besucht, Senegal und Nigeria. Man wird Bush drängen, dass er endlich aktiv wird und es gibt eben die eigene schwarze Bevölkerung in den USA.
Meurer: Es gibt ja im Kabinett von George Bush zwei Afroamerikaner, Condoleeza Rice, die Sicherheitsberaterin und der Außenminister Colin Powell. Glauben Sie, die beiden werden Bush geschoben haben zur Reise und zur Hinwendung Richtung Afrika?
Mehler: Man kann schlecht eine Reise ankündigen, die eine Aufbruchstimmung verkünden soll gegenüber einem ganze Kontinent und hinterher gar nichts tun. Ich denke, man stand da schon in der Pflicht, irgendwas zu tun. Diesen Besuch eben auch nach zu holen. Es gibt natürlich auch ganz interessante Bilder, die zu Hause verwendet werden können. Vor allem auch im Senegal, der ist ja auch auf der Liste, weil Bush hier seine Referenz auf der Insel Goree abgeben will gegenüber den Sklaven. Dort gibt es eben dieses Museum, ein Sklavenhaus, die letzte Station vor der Verschiffung in die USA. Schon Clinton war ja da. Da werden natürlich auch viele Bilder für das afroamerikanische Publikum zuhause gemacht.
Meurer: Das war Andraes Mehler vom Institut für Afrikakunde in Hamburg zur heute beginnenden Bush-Reise nach Afrika.
Mehler: Herr Mehler, besten Dank und auf Wiederhören.
Meurer: Bittesehr.
Link: Interview als RealAudio