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Airbus-Chef
Abschied von "Major Tom"

Mit der heutigen Airbus-Hauptversammlung endet die Amtszeit von Vorstandschef Tom Enders. Nach sieben Jahren an der Spitze des Luft- und Raumfahrtkonzerns tritt ein Manager ab, der den Konzern modernisiert hat, aber seinen Nachfolgern auch Baustellen hinterlässt.

Von Stephan Lina | 10.04.2019
Brandenburg, Schönefeld: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), spricht mit Tom Enders, Vorstandschef von Airbus.
Nicht immer hatte die Bundeskanzlerin etwas zu lachen mit Airbus-Chef Tom Enders (Mitte) wie hier auf der Flugschau in Schönefeld vor einem Jahr. (picturelalliance / dpa / Britta Pedersen)
Applaus, Spatenstiche, Auftritte rund um die Welt. Tom Enders hat Airbus so stark verändert wie kein Manager vor ihm. Als der deutsche Ex-Militär vor gut 20 Jahren in den Vorstand des Unternehmens aufrückte, hieß dieses noch EADS und war ein fragiles deutsch-französisches Gebilde. Jede Entscheidung, jeder Manager-Posten, jeder öffentliche Auftritt: Alles wurde eifersüchtig und streng nach Proporz zwischen Deutschen und Franzosen verteilt. Und trotzdem zermürbten Grabenkämpfe das Unternehmen.
Es gilt unter Experten als der größte Erfolg von Tom Enders, dass er in sieben Jahren an der Spitze die Dauerintrigen beendet und den Airbus-Konzern zu einem schlagkräftigen internationalen Player gemacht hat mit Fabriken auch in den USA und China: "Heute geht es nicht mehr nur darum, Deutsche und Franzosen zu integrieren. Das war nicht immer ganz einfach, aber das liegt hinter uns. Wir müssen weltweit unsere Präsenz weiter ausbauen. Weltweit die besten Talente an Airbus binden. Und ich bin ganz sicher, dass das neue Führungsteam das auch machen wird."
Fans sprechen von klarer Kante, Kritiker von Kasernenhof-Ton
Tom Enders war nie ein Manager, der seine Meinung hinter diplomatischen Floskeln versteckte. Seine Fans rühmten sein Auftreten als erfrischend direkt, Kritiker sprachen von einem Kasernenhof-Ton. Enders drohte zum Beispiel unverblümt mit dem Ausstieg des Konzerns aus dem teuren Militär-Transporter A400M, kritisierte offen das Hin und Her der deutschen Rüstungs-Export-Politik und trat öffentlichkeitswirksam aus der CSU aus, als er die Politik der Bundesregierung im Libyen-Konflikt als unerträglich empfand. Und so überraschte es auch nicht, als er anders als viele Politiker seinen eigenen Konzern nicht als Vorbild für andere Branchen in Europa anpries:
"Möglicherweise ist die Zeit darüber hinweggegangen, dass man diese europäischen Champions gründen kann. Deshalb sollte man vorsichtig sein, vom Airbus der Schiene oder dem Airbus von irgendwas zu reden. Jede Situation ist anders. Vor 50 Jahren gab es im Wesentlichen Amerika und Europa. Der Rest war hinter dem Eisernen Vorhang. Heute sind wir in einer ganz anderen Welt, wo ganz andere Märkte zählen, und Zugang zu Märkten. Deshalb bin ich skeptisch, dass wir in weiteren Bereichen in Europa das Airbus-Modell wirklich übertragen können."
Flugzeug-Produktion nach Brexit völlig offen
Ohnehin ist fraglich, wie es mit dem Airbus-Modell einer trans-europäischen Fertigung weitergeht. So kommen große Flugzeugteile bisher aus Großbritannien. Wie es aber nach einem Brexit weitergeht, das sei völlig offen, so Enders. In einer Videobotschaft wandte er sich auf Englisch an die Briten und rief dazu auf, nicht auf die Brexiteers zu hören, die verrückterweise meinen, dass Airbus für immer in Großbritannien bleiben werde, weil wir dort große Werke haben. Das sei falsch.
Ob und welche beruflichen Pläne der 60-jährige Tom Enders für die Jahre nach Airbus hat ist offen. Zunächst jedenfalls will er wieder mehr Zeit in seiner Wahlheimat Oberbayern verbringen. Zum Beispiel mit Fallschirmspringen und Hubschrauberflügen. Mit dem Thema Luftfahrt hat Enders jedenfalls noch nicht völlig abgeschlossen.