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Aktion "Sag's mir ins Gesicht"
Tagesschau sucht Dialog mit Hass-Postern

Mit ihrer Aktion "Sag's mir ins Gesicht" möchte die Tagesschau die Diskussionskultur im Netz verbessern und ein Zeichen gegen den zunehmenden Hass setzen. Doch ist ein Video-Chat das geeignete Mittel dafür? ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke hat gestern den Anfang der Aktion gemacht.

Kai Gniffke im Gespräch mit Bettina Köster | 29.05.2017
    Chefredakteur ARD-aktuell, Kai Gniffke, präsentierte im April 2014 das neue "Tagesschau"-Studio beim NDR in Hamburg.
    Der ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke stellte sich der Aktion "Sag's mir ins Gesicht" (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
    "Wir treffen uns heute mit Menschen, die uns beschimpfen", so hat der ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke gestern Abend die erste Ausgabe von "Sag's mir ins Gesicht" eröffnet, einer Aktion gegen Hate-Speech - um "die Diskussionskultur im Netz zu verbessern und ein Zeichen gegen den zunehmenden Hass zu setzen", wie die Socialmedia-Chefin der Tagesschau Anna-Mareike Krause auf tagesschau.de schreibt.
    "Wir wollen denen in die Augen schauen, die am lautesten schreiben", heißt es weiter auf der Homepage zur Aktion. Laut wird es im live aufgezeichneten Diskussionsvideo allerdings nicht. Die per Skype zugeschalteten Gesprächspartner schimpfen wenig. "In's Gesicht" sagen die Anrufer Gniffke meist recht ruhig ihre Ansichten oder stellen Fragen.
    Der von den Anrufern angeschlagene diplomatische Ton ist für Gniffke auch eine Bestätigung dafür, dass bei einem persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht die Hemmschwelle für Beleidigungen sehr viel höher sei, als bei anonymen Kommentaren im Netz. Dennoch habe er viel Kritik einstecken müssen - aber "auf einem extem angenehmen, sachlichen Niveau".
    "Uns ging es nicht darum, jemanden vorzuführen."
    Es gehe bei der Aktion auch nicht um eine PR-Aktion für die Tagesschau oder darum, jemanden "live zum Deppen der Nation" zu machen, wie die FAZ es formulierte. Man wolle die Verantwortung für den Umgang mit Hate-Speech nicht sozialen Netzwerken wie Facebook überlassen, sondern auch selbst handeln und versuchen, das Klima auf den eigenen Seiten und Dialogforen zu verbessern.
    Dass unter den Anrufern im Videochat keine einzige Frau sei, gibt für den ARD-aktuell-Chef auch Rückschlüsse darauf, dass vor allem Männer Hasskommentare verfassen würden, auch wenn das Video nicht repräsentativ sei.