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Aktion Starfoto

Wenn das Telefon im Berliner Büro der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" klingelt, muss es oft ganz schnell gehen. Die Organisation hilft bedrohten Journalisten aus aller Welt. Vor allem betroffen: Medienmitarbeiter, die in autoritären Staaten trotz aller Repressalien noch versuchen kritisch oder auch nur objektiv zu berichten.

Von Gerlind Vollmer | 10.10.2005
    Beispiel die "Daily News" in Simbabwe. Nach zwei Attentaten auf den Chef der Zeitung gerät der Kulturredakteur Maxwell Sibanda ins Visier der Schergen von Präsident Robert Mugabe. Astrid Frohloff, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen:

    " Wir haben Maxwell Sibanda geholfen, ein Stipendium bei der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte zu bekommen. Da konnte er ein Jahr bleiben und von dort aus arbeiten. Er musste nun wieder zurück nach Simbabwe. Er wird bedroht und Reporter ohne Grenzen will ihn dort begleiten, will ihm öffentliche Aufmerksamkeit geben, ihm dadurch einen Schutz gewähren und wir haben dafür gesorgt, dass er durch einige Sachspenden überhaut über die Runden kommt. D.h. wir haben ihm Fotoapparat, Stativ. Videokamera und EDV-Programme besorgt, dass er selber als Journalist dort praktisch arbeiten kann und weiterhin kritisch über das Regime Mugabe berichten kann. "

    Um gefährdete Journalisten aus der Schusslinie zu holen, braucht Reporter ohne Grenzen Geld. Die wenigen Mitgliedsbeiträge reichen nicht aus, um die weltweiten Aktivitäten der Organisation zu finanzieren. Thomas Roth - heute Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin - ist Schirmherr von Starfoto. Er hat lange in Moskau gearbeitet und dort hautnah miterlebt, was es heißt, wenn Pressefreiheit nicht funktioniert.

    " Wenn man Russland z.B. nimmt. Die Pressfreiheit ist planiert inzwischen, das geht sehr schnell an die kulturelle Landschaft. Wer widerborstig ist, hat Schwierigkeiten, mindestens das, oder andere wie in Usbekistan, kommt es dann zu Schießereien, Massakern und Journalisten, die darüber berichten, müssen sich verstecken. "
    Wie Noureddin Nesamidinov. Der junge usbekische Journalist hat als sogenannter Stringer für ausländische Medien gearbeitet, Interviews vermittelt, übersetzt und Hintergrundinformationen geliefert. Nesamidinov fiel auf.

    " Er war beteiligt an einem Report über das Massaker in Andischan im Mai, was der Regierung natürlich überhaupt nicht passte. Er wurde bedroht, er musste um sein Leben bangen, er hat das Land verlassen müssen. Er konnte nichts mitnehmen, kein Geld, er hat die Familie zurückgelassen, alles. Reporter ohne Grenzen hat dafür gesorgt, dass er zumindest die ersten Monate im Exil finanziell über die Runden kommt. Wir haben mit ihm gemeinsam versucht, die Situation zu recherchieren und wir wollen nun sicherstellen, dass er einigermaßen ungefährdet wieder zurück kann nach Usbekistan. "

    Es gibt viele Sibandas und Nesamidinovs. Krisen und Kriege erschweren die tägliche Arbeit von Journalisten.. Für viele Künstler ein Beweggrund ihre Zeit und Kreativität für Starfoto zu Verfügung zu stellen. Die Filmschauspielerin Katja Riemann hat ihre Kamera mit nach Marokko genommen.

    " Weil es um Freiheit geht; es geht in diesem Fall um Pressefreiheit. Ich glaube, dass Freiheit grundsätzlich ein hohes Gut ist, ohne das wir nicht leben können. Ohne Freiheit können wir nicht leben. Ich kenne das in meiner Arbeit als Künstlerin. Künstlerische Freiheit wird nicht besonders groß geschrieben. Und ich weiß um die Situation in oppressierten Ländern, wie Menschen versuchen, zu Bericht erstatten und dafür auch ihr Leben lassen. Wie sagt man, es gibt doch dieses eine Lied, das heißt: Nur in Freiheit kann die Freiheit Freiheit sein. Dem würde ich mich gerne anschließen. "

    40 Prominente aus Medien, Showbusiness, Sport und Bildender Kunst machen mit. Unter anderem Reinhold Beckmann, Jan Josef Liefers, Zecke Neuendorf und Norbert Bisky.

    " Es gab sehr schnell eine sehr positive Resonanz, weil jeder einsieht, Pressefreiheit und Menschenrechte a) gehört zusammen und b) ist auch Teil unserer Demokratie. Wenn wir das nicht unterstützen bei uns und anderswo, dann werden wir sehr schnell eine andere Gesellschaft haben. Das hat mich sehr gefreut, dass viele genau ein solches Verständnis, übrigens auch von Kunst haben. "

    Wie beispielsweise der Maler Norbert Bisky. Seine Kamera trägt den Titel: "Aus der Falle rollen". Denn:

    " Wenn Reporter in ihrer Arbeit behindert werden, ist im Grunde unsere Freiheit gefährdet, weil gerade ich als Künstler lebe natürlich davon, dass ich alles machen und sagen und tun kann, was ich möchte und in dem Moment, wenn das eingeschränkt wird, wenn die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird, bin ich glaube ich der erste, der davon betroffen ist. "

    Norbert Bisky hat sich auch für Starfoto seine künstlerische Freiheit genommen und eine ganz persönliche Foto-Serie angefertigt.

    " Es gibt ja den amerikanischen Maler, Edward Hopper, der gesagt hat, das einzige, was ihn interessiert, ist der Lichteinfall auf einer Häuserwand und bei mir ist das in ungefähr so, das einzige, was mich interessiert, ist der Lichteinfall auf einem Nacken und ich glaube, das konnte ich ganz gut sichtbar machen. "

    Die Fotos dürfen weder vervielfältig noch verkauft werden. Jeder, der eine Kamera ersteigert, verpflichtet sich, keine Geschäfte mit seinen einzigartigen Fotos zu machen. Der Erlös von Starfoto soll ausschließlich Reporter ohne Grenzen und damit bedrohten Journalisten zu Gute kommen.