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"Alles andere als ein Ausstieg beim Thema Rente mit 67"

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Elke Ferner hat die Pläne ihrer Partei verteidigt, die staatliche Förderung der Altersteilzeit zu verlängern. Viele Arbeitnehmer schafften es nicht, bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten, daher müsse es die Möglichkeit für einen flexiblen Ausstieg aus dem Erwerbsleben geben. Kritik aus der Union, das Konzept sei nicht zu finanzieren, wies die SPD-Politikerin zurück.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Steht jetzt die Rente mit 67 auf der Abschussliste der SPD, mithin also ein wichtiger Teil der Agenda 2010? Das kann man sich fragen, wenn man sich die Vorschläge zur Verlängerung der Altersteilzeit und zur Ausweitung der so genannten Teilrenten anschaut, die das SPD-Präsidium gestern beriet und beschloss. Ich will darüber sprechen mit Elke Ferner. Sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag und Mitglied des Parteivorstandes. Guten Morgen Frau Ferner!

    Elke Ferner: Guten Morgen Frau Durak.

    Durak: Was soll denn nun geändert werden?

    Ferner: Wir haben zum einen beschlossen, dass wir die geförderte Altersteilzeit, also die Altersteilzeit, die durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert wird, verlängern wollen bis zum Jahr 2015, allerdings nur dann noch gefördert werden soll, wenn beispielsweise junge Ausbildungsabsolventen und Absolventinnen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eingestellt werden und gleichzeitig auch jemand, der älter ist und vielleicht auch nicht mehr ganz so belastbar ist, einen Altersteilzeitvertrag unterschreibt. Das heißt, es geht um eine Brücke zwischen Jung und Alt. Es geht darum, für diejenigen, die sehr lange gearbeitet haben, vielleicht auch in belasteten Berufen, einen flexiblen Ausstieg aus dem Erwerbsleben in die Rentenphase zu ermöglichen. Das ist alles andere als ein Ausstieg beim Thema Rente mit 67.

    Durak: Sie haben gesagt, die Bundesagentur für Arbeit soll das finanzieren wie ja zum Teil jetzt auch. Das heißt, die Beitragszahler übernehmen die Kosten für ein paar Leute?

    Ferner: Gut. Wie viele das sein werden wissen wir nicht, aber auch die Beitragszahler müssen für diejenigen, entweder die älteren, die nicht mehr können und arbeitslos würden, oder die jüngeren, die nicht rein kommen, auch Arbeitslosengeld bezahlen. Insofern ist es auch dort besser, Beschäftigung zu finanzieren als Arbeitslosigkeit.

    Durak: Ist das ein Nullsummenspiel? Die Kollegen von der Union sehen das irgendwie anders, habe ich gelesen.

    Ferner: Ich kann diese Summe von 1,4 Milliarden nicht nachvollziehen. Auf alle Fälle ist es so, dass die künftigen Kriterien weniger sein werden als die heutigen Kriterien. Und zum anderen haben wir bis zum Jahr 2012 noch steigende Zahlen bei den Schulabgängern und Schulabgängerinnen. Das heißt also, das Problem in der Frage Ausbildungsplatz und auch Ausbildungsabsolventen wird größer und nicht kleiner werden. Insofern glaube ich, sind wir gut beraten, jungen Menschen auch den Einstieg zu ermöglichen, schneller vielleicht zu ermöglichen als das sonst der Fall wäre, damit dann, wenn der Fachkräftemangel allmählich in den Betrieben ankommt, junge gut ausgebildete Menschen da sind. Und mit Altersteilzeit ist es ja auch so, dass die älteren ein Stück weit noch im Betrieb bleiben und ihre Erfahrungen an die jüngeren weitergeben können.

    Durak: Es sei denn die Unternehmen sind gottfroh über diesen Vorschlag. - Das ganze könnte man auch als einen staatlichen Eingriff in freie Unternehmerentscheidungen charakterisieren, wenn es heißt Bedingung ist, vorausgesetzt der frei werdende Arbeitsplatz wird durch neu ausgebildete Mitarbeiter besetzt.

    Ferner: Ja, aber es wird keiner gezwungen, einen frisch ausgebildeten jungen Menschen einzustellen.

    Durak: Dann brauchen Sie es doch auch nicht zu fordern!

    Ferner: Nein, dann wird auch nicht gefördert.

    Durak: Gefordert - fordern!

    Ferner: Ja, gut. Es gibt aber auch welche die sagen okay, unter den Bedingungen gebe ich jungen Menschen eine Chance. Andere setzen darauf, lieber jemanden zu haben mit 10, 15 Jahren Berufserfahrung. Das Problem der Jüngeren ist ja häufig, dass die Anforderungsprofile der Arbeitgeber nicht wirklich der Realität entsprechen. Die möchten am liebsten jemand mit 22 Jahren, 10 Jahren Berufserfahrung, möglicherweise noch Auslandsaufenthalt, abgeschlossener Familienplanung. Die Menschen gibt es nicht auf dem Arbeitsmarkt.

    Durak: Wem wollen Sie damit eigentlich helfen, mit diesem neuen Vorschlag? Den jüngeren oder den älteren?

    Ferner: Beiden Generationen, weil wir natürlich auch sehen, dass schon heute unabhängig davon, ob das Renteneintrittsalter im Jahr 2029 dann 67 sein wird, Menschen da sind, die lange gearbeitet haben, teilweise in sehr belastenden Berufen oder mit sehr belasteten Arbeitszeiten, die auch heute das Renteneintrittsalter von 65 nur sehr schwer erreichen können. Insofern sieht man auch schon, dass die Anwürfe "das ist eine Abkehr von der Rente mit 67" wirklich widersinnig sind. Auch auf die müssen wir Rücksicht nehmen. Wir sind auf alle Fälle der Meinung, dass wir dort flexible Übergänge brauchen. Das haben wir jetzt vorgelegt mit der Frage Altersteilzeit, aber auch mit Teilrente und der Insolvenzsicherung und Verbesserung der Mitnahmemöglichkeiten von Langzeitarbeitskonten. Ein Mix aus diesen drei Instrumenten wird dann für viele die Möglichkeit bieten, länger im Beruf drin zu bleiben und auch gleitender in die Rente zu gehen.

    Durak: Die Rente mit 67, aber nicht mehr für alle. So hat man ja doch den Eindruck. Also es bröckelt doch an allen Ecken und Enden bei der "Agenda 2010 in diesem Teil.

    Ferner: Nein. Das ist ja überhaupt nicht der Fall. Wir müssen aber doch auch die Lebensrealität der Menschen beachten.

    Durak: Das haben sich viele gesagt, als die Rente mit 67 kam.

    Ferner: Ja, das ist wahr. Es wäre uns auch lieber gewesen, dass damals schon im Paket zu machen. Das ist aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich gewesen. Weil der Anstieg des Renteneintrittsalters ja erst im Jahr 2012 beginnt, müssen wir jetzt die Zwischenzeit nutzen zu schauen, dass die Beschäftigungsquote der Älteren steigt - da sind wir dran; das ist auch schon besser geworden -, dass aber auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden und trotzdem für diejenigen, die schon 30 und mehr Jahre im Beruf drin sind und sehr hart gearbeitet haben, auch die Möglichkeit besteht, dann wenn sie nicht mehr voll arbeiten können bis zum Renteneintritt auch eine flexible Übergangsmöglichkeit zu schaffen.

    Durak: Frau Ferner, Ihre Partei bemüht sich und bemüht sich und es wird ihr nicht gut angerechnet von den Wählern oder potenziellen Wählern, was Umfragen betrifft. Trauen Sie sich eigentlich, öffentlich etwas über den Zustand Ihrer Partei zu sagen?

    Ferner: Gut, die Situation ist nicht einfach. Das ist klar. Allerdings sind Umfragewerte auch immer Momentaufnahmen und das kann durchaus auch wieder besser werden. Das wird auch wieder besser werden. Davon bin ich überzeugt, weil wir jetzt auch an den Konzepten arbeiten und deutlich machen werden, wo die Unterschiede zwischen uns und den anderen Parteien sind.

    Durak: Wo sehen Sie Ihre Partei jetzt? Versetzungsfähig oder nicht versetzungsfähig?

    Ferner: Ich glaube schon, dass sie versetzungsfähig ist. Wir müssen uns allerdings noch ein bisschen anstrengen, das was wir teilweise auch schon an Konzepten haben besser zu vermitteln - sowohl an die eigene Parteibasis, aber auch in die Bevölkerung hinein.

    Durak: Elke Ferner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag und Mitglied des Parteivorstandes. Danke Frau Ferner für das Gespräch.

    Ferner: Gerne!