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Alles nur Show?

Die Verbesserung des schulischen Unterrichts ist nur ein kleiner Teil des Themenpakets, über das sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Bildungsgipfel unterhalten wollen. Von der frühkindlichen Bildung bis zu den Hochschulen, vom Schulsystem bis zur beruflichen Weiterbildung - Reformbedarf gibt es überall. Denn allzu lange haben sich die Deutschen auf dem Glauben ausgeruht, dass das hiesige Bildungssystem weltweit zu den besten gehört.

Von Armin Himmelrath | 21.10.2008
    "Das ist meine Geschäftsidee: Der Verkauf eines getränke-kühlenden Kugelschreibers. Zu Beginn sind keine Mitarbeiter geplant, da ich mich erkundigt habe bei vielen Herstellern von Kugelschreibern, und die könnten mir das alles so weit produzieren, dass ich im Prinzip nur noch zusammensetzen muss."

    Gunnar Koriath steht im Konferenzraum einer Frankfurter Bank und stellt seine Geschäftsidee vor. Der 15-Jährige hat ehrgeizige Pläne: Er will einen Kugelschreiber mit eingebauter Kühlfunktion herstellen, mit dem eilige Kaffeetrinker ihren Kaffee auf ihre Wunschtemperatur herunterkühlen können. Und er will damit schon im ersten Geschäftsjahr knapp 80.000 Euro verdienen.

    Finanzkonzept, Marketingmaßnahmen, Materialbeschaffung - alles das hat der Gymnasiast aus Bad Homburg zu einer Kurzpräsentation zusammengefasst. Und diesem Vortrag lauschen nicht nur 19 weitere Schüler, sondern auch ein paar Bankmanager, Finanzinvestoren und Wirtschaftsprofessoren. Denn die Jugendlichen haben eine Woche lang in einem Business-Camp gelernt, wie man eine Geschäftsidee entwickelt. Die Wirtschaftsvertreter haben dabei praktische Hilfestellung gegeben. Dabei sind die unterschiedlichsten Konzepte herausgekommen - so wie bei Sina Gerkuhn, einer Realschülerin aus Butzbach in Hessen:

    "Unsere Idee ist ein Einkaufswagen, den man mit Hilfe eines Klappmechanismus' ins Auto einfach reinschieben kann und man braucht nicht mehr die Ware vom Einkaufswagen ins Auto reinzupacken und vom Auto wieder ins Haus, sondern dass man den Einkaufswagen bei sich hat und dass man den Einkaufswagen auch verstellen kann - je nachdem, wie die Höhe vom Auto ist."
    Für den Business-Workshop haben Sina, Gunnar und die anderen Jugendlichen die Hälfte ihrer Herbstferien geopfert. Veranstalter ist der Verein NFTE - das steht für Network for Teaching Entrepreneurship, auf Deutsch: Netzwerk zur Verbreitung von Unternehmergeist. Dahinter verbirgt sich ein weltweit tätiger Verein, der vor allem Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten helfen will, ihre individuellen Fähigkeiten und Talente zu entdecken und ihre berufliche Zukunft aktiv zu gestalten. Denn das, sagt Andreas Povel vom deutschen NFTE-Vorstand, komme in der Schule eindeutig zu kurz:

    "Das wirtschaftliche Denken in den deutschen Schulen ist unterentwickelt, und wir helfen hier, den Schülern mit dem unternehmerischen Denken Lebensmut, Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung zu entwickeln, damit sie in ihrem späteren Leben ihren richtigen Weg finden."
    Weil sie dem deutschen Schulsystem partielles Versagen diagnostiziert haben, engagieren sich Andreas Povel und seine Mitstreiter aus der Wirtschaft im gemeinnützigen Verein NFTE. Dabei, sagt der Bankmanager, sei es doch eigentlich die Pflicht der Bildungspolitiker, für lebensnahe Inhalte im Unterricht zu sorgen. An den Bildungsgipfel, der morgen in Dresden stattfindet, richtet er deshalb auch einen konkreten Wunsch:

    "Wir hoffen sehr, dass mindestens auch Wirtschaft als Teilbestand des Curriculums aufgenommen wird und insofern unseren Schülern den Nachteil, den sie haben - dass Wirtschaft eben noch nicht bisher im Curriculum fest verankert ist - sozusagen zu überwinden."
    Dabei ist die Verbesserung des schulischen Unterrichts nur ein kleiner Teil des Themenpakets, über das sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Bildungsgipfel unterhalten wollen. Von der frühkindlichen Bildung bis zu den Hochschulen, vom Schulsystem bis zur beruflichen Weiterbildung - Reformbedarf gibt es eigentlich überall. Denn allzu lange, sagen Experten, haben sich die Deutschen auf dem Glauben ausgeruht, dass das hiesige Schul- und Bildungssystem weltweit zu den besten gehört.

    Bis die erste PISA-Studie im Jahr 2001 schlagartig klar machte: Bildungspolitisch gesehen war und ist Deutschland eine ziemliche Niete. Kein Wunder, findet Steffen Reiche, der frühere Bildungsminister in Brandenburg. Schließlich beginne schon im Kindergarten eine systematische Fehlentwicklung:

    "Die Kinder werden unterfordert, massiv unterfordert. Gucken Sie sich mal an, was unter den Handtuchhaltern immer ist, da ist der Traktor, da singen die Kinder einfache Abzählreime und so weiter. Dabei findet das wichtigste und größte Hirnwachstum bei den Drei- bis Sechsjährigen statt. Und in der Zeit unterfordern wir die Kinder so. Die müssen Bach hören und Kandinsky sehen, sich an die komplexen Vorstellungswelten gewöhnen! Das wollen Kinder, das können Kinder! Aber wir haben unsere Kindergärtnerinnen zu wenig darauf vorbereitet."
    Spätestens seit den Landtagswahlen in Hessen und Hamburg im Januar 2008 ist jedoch klar: Bildungspolitik kann wahlentscheidend sein. Roland Kochs Schlappe war zu großen Teilen auf seine umstritte Schulpolitik zurückzuführen. Und in Hamburg spielten die Studiengebühren eine entscheidende Rolle. Kein Wunder also, dass Angela Merkel das Thema knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl mit dem Bildungsgipfel für sich besetzen möchte:

    "Wir müssen die Bildungsrepublik Deutschland werden. Das ist es, was unsere Zukunft für die nächsten Jahrzehnte sichert. Jedes Kind braucht die beste Förderung."
    Doch wie sieht diese beste Förderung aus? Wie lassen sich Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit in der Schullaufbahn am besten miteinander verbinden? Was kann die Politik gegen den Fachkräftemangel insbesondere in den Natur- und Ingenieurwissenschaften tun? Und wie viel Geld will und kann die Gesellschaft für ein besseres Bildungssystem ausgeben? Fragen, die an sich schon schwer genug zu beantworten sind. Doch in Deutschland kommt noch eine gewichtige weitere Frage hinzu. Sie ist in der Bildungspolitik schon fast so etwas wie ein Totschlag-Argument: Wer darf eigentlich in welchem Bereich politisch aktiv werden? Schließlich ist durch den Föderalismus klar geregelt: Bis auf ganz wenige Ausnahmen ist die Bildungspolitik Ländersache. Selbst als Bundesbildungsministerin Annette Schavan, CDU, in den vergangenen Tagen milliardenschwere Programme anbot, reagierten viele Bundesländer zunächst verhalten. Andreas Pinkwart, FDP-Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, hält deshalb den Dresdner Bildungsgipfel keineswegs für einen politischen Selbstläufer:

    "Ich hoffe sehr, dass wir uns nicht in Kompetenzgerangel verlieren, sondern für die jungen Menschen etwas erreichen und damit für das Bildungsland Deutschland. Es ist ganz wichtig, dass Bund und Länder erkennen, dass das Thema Bildung von so zentraler Bedeutung für die Wissenschaftsnation Deutschland ist, dass hier beide Ebenen gemeinsam miteinander auf das Ziel hinarbeiten müssen, dass sie auch zusammenwirken müssen, wo immer die Verfassung das auch zulässt."
    Und das sei eben insbesondere im Hochschulbereich der Fall, sagt Pinkwart. Doch an den Universitäten und Fachhochschulen gibt es im Vorfeld des Gipfels keineswegs das Gefühl, zu den Kernbereichen der deutschen Bildungspolitik zu gehören. Bernhard Kempen ist Präsident des Deutschen Hochschulverbands, in dem sich mehr als 23.000 deutsche Professoren zusammen geschlossen haben:

    "Wir haben sehr große Erwartungen, aber wir sind gleichzeitig auch sehr skeptisch, ob unsere Erwartungen erfüllt werden. Wir neigen in diesem Fall nicht zum Optimismus. Unsere Erwartung ist, dass tatsächlich eine Grundentscheidung gefällt wird in Richtung mehr Investitionen in Bildung und Wissenschaft. Und wir sehen mit Sorge, dass das System der Hochschulen dabei offenbar an letzter Stelle rangiert - man setzt vermutlich andere Prioritäten."
    Gerade einmal zwei Stunden, rechnet Kempen vor, räumt der Zeitplan dem Dresdner Bildungsgipfel ein, dann sollen schon Ergebnisse verkündet werden. Das ist reichlich knapp bemessen für ein so großes Themengebiet, und dass die Ministerpräsidenten dabei unter sich bleiben und die Fachminister gar nicht erst anreisen, hält Bernhard Kempen für ein weiteres schlechtes Zeichen:

    "Das eine ist die Angst, dass hier nicht der nötige Ressortverstand beteiligt ist. Das andere ist, dass auf dem Bildungsgipfel wir in die Mühlen des Föderalismus geraten. Das heißt, das Bund und Länder ihre Interessen gegeneinander ausspielen statt sie miteinander zu bündeln und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Also, wir fürchten, dass wir hier in einer unglücklichen Ausgangssituation sind."
    Und noch ein weiteres Problem komme hinzu, sagt der Professorenvertreter: Das Thema Bildung spiele auf der politischen Tagesordnung in Deutschland generell nicht die ihm zustehende Rolle.

    "Nein, das öffentliche Bewusstsein ist nicht da, das müssen wir ganz klar sehen. Wir rangieren in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch auf den hinteren Plätzen. Es ist ja schon erstaunlich, dass etwa angesichts der Finanzkrise sehr schnell und sehr gründlich finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden können staatlicherseits, dass aber das seit Jahrzehnten muss man wirklich sagen, bekannte Problem der chronischen Unterfinanzierung des Hochschulsystems bisher keine politischen Bewegungen ausgelöst hat."
    Auf drei bis fünf Milliarden Euro jährlich schätzen Experten den zusätzlichen Finanzbedarf alleine für Universitäten und Fachhochschulen. Zuletzt hatte der Wissenschaftsrat im Juli mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr gefordert, um alleine die Lehrsituation an den Hochschulen auf ein erträgliches Maß zu verbessern. Hinzu kommen noch die Kosten für den bundesweiten Ausbau der Kinderbetreuung, für ein flächendeckendes Ganztagsschul-Angebot, für zusätzliche Studienplätze und für die verbesserte Ausstattung der Forschungseinrichtungen. Politisch ist das grundsätzlich alles gewollt, aber wie groß der zusätzliche Geldbedarf ist, kann niemand verlässlich sagen. Vielleicht fielen deshalb die Erklärungen der Bildungspolitiker im Bundestag in den vergangenen Wochen so vehement und manchmal auch pathetisch aus. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung:

    "Bildung und Wissenschaft gehören in die Mitte der Politik und in die Mitte der Gesellschaft, nur dann, wenn wir heute die Weichen richtig stellen, wird der Aufstieg durch Bildung gelingen und das Wissenschaftssystem internationalen Ansprüchen Genüge leisten."
    Die Weichen, verspricht Schavan, würden morgen in Dresden gestellt. Und dabei könne es nicht nur um einen Betrag X gehen, um den die Bildungsausgaben möglicherweise erhöht werden.

    "Geld ist nicht alles, entscheidend sind die richtigen Strategien und die Zusammenarbeit aller Akteure im Bildungs- und Wissenschaftssystem. Dafür steht der Bildungsgipfel. Wir werden mit den Ländern Maßnahmen vereinbaren, die jedem Jugendlichen die Chance für einen Schulabschluss geben, weil niemand verloren gehen darf und der Schulabschluss die Eintrittskarte für eine qualifizierte Ausbildung ist."
    Für die FDP-Politikerin Ulrike Flach ist der Dresdner Bildungsgipfel dagegen nicht nur ein Wahlkampf-Gag, sondern vor allem auch eine Missachtung des Bundestags:

    "Frau Ministerin, die großen Fragen ihres Bereichs bleiben unbeantwortet und ich finde es als Parlamentarier mehr als unbefriedigend, dass sie diese Fragen auf einen außerparlamentarischen Gipfel schieben! Das heißt, diese Gipfelei dieser großen Koalition führt dazu, dass wir im Endeffekt keine Entscheidungen in diesem Parlament mit dem Königsrecht des Parlaments, nämlich dem Haushaltsrecht, hier wirklich entscheiden, nämlich an einer Stelle, wo wir es wirklich tun müssten."
    Dass der Bildungsgipfel überhaupt stattfinden müsse, zeige doch mehr als deutlich, wie verfahren die deutsche Bildungspolitik sei, sagt Petra Sitte von der Linken. Sie fordert ein auf jeder Qualifizierungsstufe kostenfreies Bildungssystem für alle:

    "Genau in diesem Problem, in der kleinstaatlichen Bildungswursterei, liegt doch eben die Ursache für diese Entwicklung. Es muss egal sein, ob sie auf Rügen oder in Bayern wohnen. Kinderbetreuung, Bildung und Forschung müssen endlich in Gänze ausreichend finanziert und qualifiziert werden. Betreuung und Bildung müssen den ganzen Tag angeboten werden, sie müssen als Rechtsanspruch der Kinder ausgestaltet werden, unabhängig von derer sozialer Situation, und sie müssen schrittweise gebührenfrei werden."
    In die Fundamentalkritik am Gipfel und an Annette Schavan stimmt auch Christa Sager von Bündnis 90/ Die Grünen mit ein:

    "Die Bildungsrepublik hinkt im internationalen Vergleich hinterher. Und weil es nicht nur um Geld geht, sondern auch um die nötigen Strukturreformen, muss man leider feststellen: Die Bildungsbundesministerin hinkt bei den nötigen Strukturreformen mental auch hinterher. Schauveranstaltungen, Symbolveranstaltungen hat es zur Bildung in diesem Land genug gegeben. Und die Traditionalisten unter den Landespolitikern sind diejenigen, die den Bildungsgipfel jetzt auch schon wieder zernörgeln. Frau Schavan, ich kann nicht erkennen, mit welchen Ergebnissen Sie selber beim Bildungsgipfel rauskommen wollen. Außer, dass sie alles das noch mal beschwören, was sowieso schon statt findet."
    Immerhin: Die SPD gibt dem Gipfel eine Chance, schließlich sitzen ihre Ministerpräsidenten ja auch mit am Tisch. Jörg Tauss, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, übt deshalb den Spagat zwischen bundespolitischer Zuversicht und landespolitischer Angriffslaune:

    "Wir wollen, was den Gipfel angeht, klare Erwartungen realisiert haben. Wir wollen eine klare Aussage, wie die Bildungsausgaben sich entwickeln, und zwar nicht Larifari, sondern konkret: mehr für Bildung zu tun. Wir wollen bis 2013 die Kita-Geschichten abgesichert haben, und zwar unter Beteiligung der Länder und der Kommunen. Es geht nicht länger an, dass wir das Geld geben, und dann bleibt es an den klebrigen Fingern der Länderfinanzminister hängen und kommt nicht bei den Kommunen zur Realisierung dessen an, weshalb wir hier das Geld gegeben haben."
    Der Bund gegen die Länder, radikale Bildungsreformer gegen Systemverteidiger, Föderalisten gegen Zentralisten: Die Fronten in der Bildungspolitik sind zahlreich, und sie sind unübersichtlich. Pragmatiker wie der NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart versuchen deshalb, ihren Ideen durch Lobbyarbeit im Vorfeld zum Erfolg zu verhelfen. Mit mehreren Ressortkollegen aus anderen Bundesländern hat er deshalb zumindest für den Hochschulbereich klare Forderungen an die Gipfelteilnehmer aufgestellt:

    "Wir wollen mit Blick auf den doppelten Abiturjahrgang (...) an den Hochschulen 160 000 zusätzliche Studienanfängerplätze allein in Nordrhein-Westfalen schaffen, das ist ein riesiger Kraftakt, und hierzu erwarten wir eine hälftige Ko-Finanzierung durch den Bund."
    Bundesweit sollen auf diese Weise bis zum Jahr 2020 sogar 270.000 neue Studienplätze entstehen, um auch dauerhaft die Akademikerrate in Deutschland zu erhöhen.

    "Das zweite ist, dass wir die Exzellenz-Initiative fortsetzen wollen, die unseren Hochschulen sehr viel Schwung gegeben hat und auch internationale Anerkennung. Das Dritte ist, dass wir den Pakt für Forschung brauchen, weil wir auch die Forschungsleistungen verbessern müssen, Spitzenforschung stärken müssen in Deutschland, und der vierte Punkt ist mir persönlich ganz besonders wichtig: Ich möchte, dass wir schaffen, dass nicht nur zwei Prozent unserer Studierenden ein Begabungsstipendium in Deutschland erhalten, sondern schrittweise bis zu zehn Prozent aller Studierenden. Und hier wollen wir mit dem Bund gemeinsam ein nationales Stipendienwesen auf die Beine stellen."

    Mehr Geld für Studienplätze und für Stipendien, mehr Geld für Exzellenz-Universitäten und für die außeruniversitäre Forschung. Klare Forderungen also - verbunden mit der Aufforderung an den Bund, sich finanziell zur Hälfte zu beteiligen, zum Beispiel beim Aufbau des geplanten Stipendiensystems für Nachwuchsakademiker. Bisher bekommt nicht einmal jeder 50. Student ein solches Stipendium, zukünftig soll es aber mindestens jeder zehnte sein, so Andreas Pinkwart.

    "Das soll nach unserer Auffassung so aussehen, dass wir zu einer hälftigen Finanzierung zwischen Wirtschaft und privaten auf der einen Seite und dem Staat auf der anderen Seite kommen. Wir stellen uns das so vor, dass das möglichst dezentral durch die Hochschulen selbst organisiert werden soll, indem Bund und Länder den Hochschulen in Aussicht stellen, auf jeden von ihnen eingeworbenen Euro einen staatlichen Euro hinzuzugeben, damit wir jungen Menschen 300 Euro einkommensunabhängig pro Monat an Studienförderung geben können."
    Sollte es in Dresden tatsächlich zu solch konkreten Beschlüssen kommen, dann wäre das aus Sicht vieler Beobachter schon ein Erfolg. Doch weil die Ministerpräsidenten unter sich bleiben, herrscht vor allem bei Bildungs-Insidern Skepsis vor. Jeder fürchtet dabei, dass gerade sein Bereich zu kurz kommen könnte. Professorenvertreter Bernhard Kempen:

    "Wir glauben, dass das, was sich jetzt abzeichnet, nicht ausgewogen ist. Wir haben sehr viel Verständnis dafür, dass frühkindliche Erziehung, Bildung und Schule ganz massiv unterstützt werden, das halten wir für richtig. Aber wir meinen, dass auch die Hochschulen nicht zu kurz kommen dürfen, wenn wir bald eine große Zahl von Fachkräften brauchen, falls die Konjunktur wieder anspringt. Dann muss jetzt ausgebildet werden, dann müssen jetzt die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden."
    Annette Schavan allerdings will die verschiedenen Bildungsbereiche nicht gegeneinander ausspielen lassen. In der Bildung hänge alles mit allem zusammen, argumentiert die Bundesministerin.

    "Die Bildungsrepublik und der Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland lassen sich nicht voneinander trennen. Wer exzellente Forschung in Zukunft will, muss für exzellente Bildung heute Sorge tragen."
    Für exzellente Bildung allerdings müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen und ihre föderalen Eifersüchteleien dauerhaft beiseite legen. Angesichts der sich häufenden Schadensmeldungen aus dem Bildungsgefüge sind sie morgen deshalb schon fast zum Erfolg verdammt. Den Teilnehmern des Frankfurter Schüler-Wirtschafts-Workshops jedenfalls ist es herzlich egal, an welchen Zuständigkeiten die Verbesserungen ihrer Bildungs-Chancen scheitern. Sie wollen einfach nur echte Verbesserungen erleben - damit sie bald so über den Schulunterricht reden, wie sie es jetzt schon über ihr freiwilliges Seminar in den Herbstferien tun.

    "Die ganze Woche war total toll, wir haben uns supergut mit den anderen verstanden, hat sehr viel Spaß gemacht. Na ja, die Präsentation - hatten wir uns besser vorgestellt, da wir die eine Folie vertauscht haben, und dadurch ein kleiner Fehler passiert ist, aber sonst sind wir auch eigentlich zufrieden mit unserer Präsentation."

    "Also, die Woche war sehr spitze. Ich hab so viel dazugelernt! Und ich bin auch ziemlich zufrieden, dass ich hier war, und das freut mich alles."
    Dann gibt's vielleicht auch mal Applaus für die Bildung in Deutschland - so wie für die Präsentationen der Schülerinnen und Schüler beim Wirtschafts-Workshop.