Dienstag, 23. April 2024

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Als Wissenschaftler zurück in Deutschland
Von Kalifornien ins Ruhrgebiet

Erst Caltech, dann Berkeley - mehrere Jahre forschte der Biologe Alexander Probst in den USA. Doch Wissenschaftler können dort jederzeit gekündigt werden. "Dieser Unsicherheit wollte ich entgehen", sagte Probst im Dlf. Mit einem speziellen Rückkehrerprogramm kam er zurück nach Deutschland - und ist nun sogar verbeamtet.

Alexander Probst im Gespräch mit Kate Maleike | 02.02.2019
    Luftaufnahme, Universität Duisburg-Essen - AG Horn-von Hoegen, Universität Duisburg-Essen Physik von Transport und Verkehr, ZBT GmbH Zentrum für BrennstoffzellenTechnik.
    Seine Erwartungen an den Forschungsstandort Deutschland seien übertroffen worden, sagt der Biologe Alexander Probst (imago / Hans Blossey)
    Kate Maleike: Biologisches Recycling in hundert Metern Tiefe – das ist das Forschungsgebiet von Dr. Alexander Probst, und besonders interessieren ihn dabei Mikroorganismen im Grundwasser. Die gibt es grob gesagt vielleicht eigentlich überall auf der Welt zu erforschen, aber an der Uni Duisburg-Essen wohl in besonderer Form - am Zentrum für Wasser- und Umweltforschung ZWU. Denn dorthin ist Alexander Probst Ende 2017 gewechselt – und zwar von der renommierten US-Universität Berkeley in Kalifornien. Über diesen Wechsel wollen jetzt Näheres erfahren, direkt von ihm selbst. Guten Tag, Herr Probst!
    Alexander Probst: Guten Tag!
    Maleike: Wie geht es Ihnen denn gerade so als Wissenschaftler zurück in Deutschland?
    Probst: Etwas erschöpft natürlich, weil die Wissenschaft ist immer erschöpfend, aber im Großen und Ganzen gut.
    Maleike: Und persönlich, haben Sie sich auch schon gut eingelebt?
    Probst: Ja, ich habe mich im Ruhrgebiet sehr gut eingefunden, das Leben hier macht sehr viel Spaß.
    Maleike: Berkeley - Duisburg-Essen ist ja eine interessante Route. Warum haben Sie die eingeschlagen?
    Probst: Das hat ganz einfach mit der Perspektive in der Karriere zu tun. Während in den USA das Forschungsgebiet und auch die Forschungsgelder sehr fluide sind, kann man sich hier in Deutschland stärker auf Strukturen verlassen und hat mehr Zukunftsperspektive. Und aus diesem Grund bin ich von den USA nach Deutschland zurückgekehrt.
    "Ich wollte der Unsicherheit entgehen"
    Maleike: Das müssen Sie ein bisschen erklären. Was heißt das, die Forschungsgelder sind fluide. Hatten Sie wenig Sicherheiten bei Ihren Forschungen in Berkeley?
    Probst: Sicherheiten existieren in der amerikanischen Forschung eigentlich nur dann, wenn man bereits etablierter Professor ist. Der Weg bis zum etablierten Professor, dem sogenannten "Tenure", ist in den USA ein relativ langwieriger Weg. Und manche Wissenschaftler, vielleicht nicht nur manche, sondern sogar sehr viele, schaffen das gar nicht und haben die Unsicherheit jedes Jahr oder jeden x-beliebigen Monat im Jahr gekündigt zu werden – bis hin zur Rente. Und diese Unsicherheit, dieser Unsicherheit wollte ich entgehen und eben in Deutschland diese Sicherheit gewinnen.
    Maleike: Die haben Sie auch gewonnen, diese Sicherheit, weil Sie nämlich mit dem NRW-Rückkehrerprogramm gekommen sind. Das ist ein Programm, das Nordrhein-Westfalen als Bundesland seit 2007 auflegt und da herausragende Forschertalente, so wird es gesagt, aus dem Ausland halt zurück nach Deutschland holt. Sie bekommen 1,27 Millionen Euro für fünf Jahre für diese Arbeit. War das Rückkehrerprogramm für Sie das Motiv auch, nach Deutschland zurückzukommen oder war es eher der Forschungsstandort Deutschland?
    Probst: Es war an sich der Forschungsstandort Deutschland. Ich hatte mich, bevor ich mich auf das Rückkehrerprogramm beworben habe, bereits auf Professuren in Deutschland beworben, auf sogenannte Juniorprofessuren, die einem die Möglichkeit nach drei bis fünf Jahren zu einem sicheren, festen Arbeitsplatz ermöglichen. Dahin hatte ich mich beworben. Das war auch erfolgreich, also ich habe durchaus einen Ruf erhalten in Deutschland, aber zusätzlich habe ich mich natürlich um Forschungsgelder bemüht. Und da kam gerade der Rückkehrerantrag mir sehr gelegen, und den konnte ich sehr gut mit einem Ruf an eine Universität kombinieren, und dann neu verhandeln und dann auch einen komplett sicheren Arbeitsplatz mit Beamtenverhältnis bekommen.
    Rückkehrerprogramm für Wissenschaftler aller Disziplinen
    Maleike: Für diejenigen, die das Rückkehrerprogramm nicht kennen, wie funktioniert das eigentlich? Ist das eine normale Ausschreibung, man bewirbt sich darauf, kommt in die engere Auswahl und kann sich dann die Uni, an die man gehen will, aussuchen?
    Probst: Im Prinzip ja. Also, es ist eine sehr, sehr breite Ausschreibung das Rückkehrerprogramm, es richtet sich an alle Wissenschaftlerinnen aus allen Disziplinen, aber jedes Jahr wird ein bestimmter Fokus gesetzt. Dieses Jahr war der Fokus, soweit ich weiß, in Biologie, im vorherigen Jahr war es in den Sozialwissenschaften. Das bedeutet, dass sich auch dieser Fokus auch in den ausgewählten drei Kandidaten wiederfinden wird. Das Geld, das man dabei erhält, die 1,25 Millionen, kann man dazu nutzen, eine eigene Gruppe aufzubauen. Und ist die Maßnahme, also das Projekt an sich, erfolgreich – das wird am Ende der fünf Jahre evaluiert –, so erhält der Kandidat eine akademische Ratsposition, die vom Land bezahlt wird. Und diese akademische Ratsposition ist im Prinzip eine Wissenschaftlerposition im Beamtenverhältnis bis zur Rente.
    Maleike: Das wäre dann das, was Sie anstreben, oder wollen Sie doch noch mal die Professur angehen?
    Probst: Ich bin momentan Professor für aquatische mikrobielle Ökologie, so gesehen kommt die akademische Ratsposition für mich gar nicht mehr infrage. Ich bin verbeamtet als Zeitprofessor an der Universität Duisburg-Essen.
    Maleike: Das heißt, Sie hatten sich noch in den USA noch habilitiert oder sind Sie nicht habilitiert?
    Probst: Ich bin nicht habilitiert. Ich bin eine der Ausnahmen der Deutschland, die auf eine Professur berufen wurden ohne Habilitation.
    Maleike: Haben sich denn Ihre Vorstellungen von dieser Rückkehr nach Deutschland, auch speziell was Ihre Forschungsarbeit angeht in Duisburg-Essen, erfüllt?
    Probst: Absolut, die haben sogar meine Erwartungen übertroffen.
    Maleike: Können Sie das mal an einem Beispiel klarmachen?
    Probst: Wissenschaft an sich hat ja viele Gesichter: Einmal kollegial, da bin ich in Essen sehr, sehr gut angekommen, ich habe extrem gute Kollegen bei mir im Institut, die mir den Start hier sehr, sehr stark erleichtert haben, was sowohl Lehre betrifft, als auch was die Integration in die Fakultät betrifft. Und darüber hinaus habe ich hier Strukturen, was die Wissenschaft betrifft, vorgefunden, die ich so eigentlich nicht erwartet habe. An der Universität Duisburg-Essen wird Kooperation großgeschrieben. Das heißt, ich kann mit Kollegen aus anderen Disziplinen, zum Beispiel aus der Chemie, aus der Isotopenanalytik, ohne Probleme an einem Projekt zusammenarbeiten und diese synergistischen Effekte nutzen, um bessere Wissenschaft zu machen. Das kannte ich bis dato noch nicht und das hat mich hier in der Universität Duisburg-Essen sehr begeistert.
    Kontakte in Deutschland knüpfen und aufrecht erhalten
    Maleike: Und welchen ultimativen Tipp hätten Sie denn jetzt für die Wissenschaftler, die sich mit der Rückkehr nach Deutschland gerade so in Gedanken tragen?
    Probst: Der ultimative Tipp ist eine Verbindung nach Deutschland, bevor man ins Ausland überhaupt geht, aufzubauen und diese Verbindung aufrechtzuerhalten. Es gibt unzählige Möglichkeiten sich ins Ausland zu bewerben, seien es jetzt Stipendien von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, von der Leopoldina, das ist alles sehr, sehr einfach zu bewerkstelligen. Aber es gibt sehr, sehr wenige Programme, die einen ohne Verbindung nach Deutschland zu einem Institutsleiter, Professor zurückkehren lassen. Das heißt, bevor man ins Ausland geht, sich klar werden, wo soll, in welchem Fachgebiet wird sich meine Forschung ansiedeln, dort Kontakte knüpfen, auf Konferenzen, auf Seminaren, und diese Kontakte aufrechterhalten und auch dann nutzen, wenn es um die Rückkehr geht. Weil man braucht ja einen Gastprofessor, der einen dann als Rückkehrer wieder aufnimmt.
    Maleike: Dann wünschen wir Ihnen weiterhin so viel Spaß und Freude und natürlich auch Erfolg für Ihre Forschungsarbeit. Dr. Alexander Probst war das in "Campus und Karriere", und wir haben gesprochen über seine Rückkehr als deutscher Biologe aus den USA hierher ins Ruhrgebiet an die Uni Duisburg-Essen. Vielen Dank für das Gespräch!
    Probst: Herzlichen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.