Jochen Fischer: Warum sperren Sie sich denn eigentlich gegen eine Verlängerung der Altersteilzeitregelungen?
Martin Kannegiesser: Das ist mir neu, dass wir uns sperren. Wir haben vor bereits über einem Jahr eine sogenannte Sozialpartnervereinbarung mit der IG Metall getroffen, weil wir sagen, die Altersteilzeit in der bisherigen Form kann nicht eins zu eins weitergeführt werden, unter anderem, weil sich durch den Gesetzgeber Voraussetzungen plangemäß geändert haben. Das wissen wir auch seit zehn Jahren, dass das ausläuft.
Aber wir haben auch gesagt, wir brauchen weiterhin für diese letzte Phase des Erwerbslebens die Möglichkeit zu flexiblen Übergängen, von denen die Arbeitszeit die wichtigste ist. Dass wir sie weiter brauchen, ist klar. Aber wir können sie nicht aufgrund der inzwischen erfolgten Änderung in der Demografie, können wir sie nicht eins zu eins fortführen. Es geht also nicht um das Ob der Altersteilzeit, sondern es geht um das Wie.
Fischer: Die Gewerkschaften fordern in diesem Zusammenhang von Ihnen ein "vernünftiges Angebot" das sei bisher nicht erfolgt.
Kannegiesser: Wir reden seit längerer Zeit mit der IG Metall. Dies ist ja mehr ein Sachthema, was von der IG Metall aus eigenen organisationspolitischen Gründen jetzt natürlich sehr hoch stilisiert wird zu einer Kampagne, aber es ist ein Sachthema. Und wir haben unsere Position, unsere Konzeption auch erklärt.
Sie enthält als wesentliche Elemente, dass wir die Anspruchsmöglichkeiten des einzelnen Arbeitnehmers neu fassen müssen. Wir können nicht mehr einen allgemeinen Anspruch für jeden auf Altersteilzeit geben. Wir müssen den Umfang der Altersteilzeit begrenzen. Und wir müssen damit die finanzielle Ausstattung neu regeln, zumal die Zuschüsse der Bundesanstalt bei Wiederbesetzung eines Arbeitsplatzes wegfallen.
Dazu haben wir Vorschläge gemacht, die alle davon ausgehen, dass wir in Zukunft mehr ältere Beschäftigte in den Betrieben haben werden und haben müssen. Das ist aufgrund der Altersentwicklung erforderlich. Das ist erklärtes Ziel von Politik und Gesellschaft, dass in einer alternden Gesellschaft mit immer steigender Lebenserwartung und immer mehr nachrückenden schwachen Geburtennachgängen, dass da das Gebot der Stunde ist, wir müssen uns in kleinen Schritten auf längere Arbeitszeit, auf Lebensarbeitszeit einstellen.
Fischer: Herr Kannegiesser, lassen Sie uns mal bleiben bei den individuellen Lösungen, die Sie vorhin angesprochen haben. Es soll keine allgemeine Altersteilzeitregelung mehr geben, sagen Sie. Das bezeichnet die Gewerkschaft IG Metall ja sozusagen als Altersteilzeit nach Gutsherrenart. Die Arbeitnehmer müssten dann sozusagen als Bittsteller gegenüber dem Arbeitgeber auftreten, um sich diese Lösungen einzeln verhandeln?
Kannegiesser: Das ist so auch nicht korrekt. Denn wir haben immer gesagt, diejenigen, und um die geht es ja eigentlich… Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass wir etwas länger arbeiten müssen in Zukunft. Wenn in den letzten Jahren die Lebenserwartung um zwölf Jahre gestiegen ist, dann muss man erwarten können, dass das normale Erwerbsleben zwei Jahre länger geht. Und das wird in 22 Jahren in kleinen Stufen passieren.
Und wir haben dazu erklärt, dass alle diejenigen, die unter besonderen Belastungen eine Zeit lang gearbeitet haben, einige Jahre gearbeitet haben unter höheren Belastungen, dass es vielen von denen oder fast allen, die sich dieser Gruppe zuordnen lassen in einem Betrieb, dass die weiterhin einen Anspruch haben sollen.
Fischer: Einen tariflichen Anspruch?
Kannegiesser: Einen tariflichen Anspruch haben sollen. Und nur diejenigen, die nicht in diese Gruppe fallen sollen, die können natürlich nicht mehr so behandelt werden, jetzt nach dem Motto "Sie wollen nicht mehr arbeiten". Und wenn sie es nicht mehr wollen, wenn jemand tatsächlich ab einer bestimmten früheren Grenze ausscheiden will, dann lassen wir die Möglichkeit offen, dass auch dies auf freiwilliger Ebene durch Betriebsvereinbarungen, durch Einzelvereinbarungen möglich sein soll. Dann muss der Betroffene allerdings auch einen eigenen Beitrag leisten.
Diejenigen, die stark belastet waren, keine Frage, denen ist es nicht zumutbar. Und denen es dann nicht zumutbar ist, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu arbeiten, ohne dass sie erwerbsunfähig sind, das ist ja ein ganz anderes Problem, für diese wird es die Möglichkeit zur Altersteilzeit zum früheren Ausstieg geben und auch entsprechend finanziell ausgestattet.
Fischer: Verhindern Sie durch diese Pläne nicht, Herr Kannegiesser, dass weniger junge Leute dann nachrücken aufgrund der Altersteilzeitregelungen?
Kannegiesser: Wir haben ungefähr, sind bisher etwa 40 Prozent, zwischen 40 und 50 Prozent der sogenannten wiederbesetzten Fälle durch Auszubildende ausgefüllt worden. Das war bisher so. Die Hälfte ist nicht betroffen vom Wegfall der Förderung, weil die tatsächlich die Altersteilzeit zum früheren Ausstieg, zum Abbau der Arbeitsplätze genutzt haben und knapp die Hälfte hat wiederbesetzt, hat genutzt diese Förderung, um damit natürlich nicht nur den Altersarbeitsplatz zu fördern, den Ausstieg, der teuer ist. Es ist ein teures Modell, was sich hier die Gesellschaft leistet, diesen früheren Ausstieg. Sondern damit, das war ursprünglich auch mal die Absicht, ist für viele der Einstieg Jüngerer gefördert worden. Und das war vor zehn, zwölf Jahren, als wir dies vereinbart haben, auch richtig. Da war die Altersteilzeit in erster Linie ein arbeitsmarktpolitisches Instrument.
Inzwischen, das wurde damals so gesehen, denn die demografische Entwicklung war ja vor zehn Jahren vorhersehbar, die Menschen sind alle geboren, um die es jetzt in den nächsten Jahren geht. Jetzt ist es weniger noch ein arbeitmarktpolitisches Instrument. Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich geändert, ist dabei, sich weiter zu ändern. Die demografische Situation hat sich verändert, was auch voraussehbar war. Wir kriegen nun mal immer schwächere Jahrgänge und die Lebenserwartung wird länger.
Das Fachwissen, was wir in den Unternehmen brauchen, steigt. Da sind die älteren Mitarbeiter sehr wertvoll. Wir haben in Untersuchungen gerade mal festgestellt, dass auch den Betrieben klar wird, wir werden mehr Ältere bekommen, so wie es in der Bevölkerung sich spiegelt, müssen uns darauf in unserem ganzen Instrumenten einstellen.
Fischer: Herr Kannegiesser, die IG Metall, die beharrt ja auf der Verlängerung der Altersteilzeitregelung, ist ja nicht zu übersehen. Sie hat ja sogar mit Streik gedroht.
Kannegiesser: Ja.
Fischer: Haben Sie denn eigentlich geglaubt, die Gewerkschaften würden sich sang- und klanglos aus der Frage verabschieden?
Kannegiesser: Nein, dieses Verabschieden, das ist ja auch unsinnig, davon zu reden. Niemand redet von Verabschiedung. Wir reden seit zwei Jahren davon, dass dieses Instrument, dieser flexible Übergang, dass das erhalten bleiben soll.
Es geht jetzt gar nicht mehr darum, verabschieden rein oder raus. Wie ich eingangs sagte, das Ob ist überhaupt nicht umstritten. Jawohl, wir wollen weiter flexible Übergänge haben. Es geht darum, wie man das gestalten will. Da will die Gewerkschaft im Prinzip das, was jetzt vorhanden ist, so weiterführen wie in den letzten zehn, zwölf Jahren, so weiterführen, und hat auch nun die SPD dazu gebracht, dass die zunächst mal die Voraussetzung schaffen will, die SPD, dass es zumindest mal fünf Jahre so weitergeht.
Und wir sagen, das Instrument ja, das soll auch vernünftig und praktikabel sein, aber nicht in der bisherigen Form, weil das alle inzwischen stattgefundenen Veränderungen in Demografie und in Arbeitsmarktsituation völlig ausblenden würde.
Fischer: Sagt der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall Martin Kannegiesser. Vielen Dank dafür!
Das Gespräch mit Martin Kannegiesser können Sie bis zum 21. November 2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )
Martin Kannegiesser: Das ist mir neu, dass wir uns sperren. Wir haben vor bereits über einem Jahr eine sogenannte Sozialpartnervereinbarung mit der IG Metall getroffen, weil wir sagen, die Altersteilzeit in der bisherigen Form kann nicht eins zu eins weitergeführt werden, unter anderem, weil sich durch den Gesetzgeber Voraussetzungen plangemäß geändert haben. Das wissen wir auch seit zehn Jahren, dass das ausläuft.
Aber wir haben auch gesagt, wir brauchen weiterhin für diese letzte Phase des Erwerbslebens die Möglichkeit zu flexiblen Übergängen, von denen die Arbeitszeit die wichtigste ist. Dass wir sie weiter brauchen, ist klar. Aber wir können sie nicht aufgrund der inzwischen erfolgten Änderung in der Demografie, können wir sie nicht eins zu eins fortführen. Es geht also nicht um das Ob der Altersteilzeit, sondern es geht um das Wie.
Fischer: Die Gewerkschaften fordern in diesem Zusammenhang von Ihnen ein "vernünftiges Angebot" das sei bisher nicht erfolgt.
Kannegiesser: Wir reden seit längerer Zeit mit der IG Metall. Dies ist ja mehr ein Sachthema, was von der IG Metall aus eigenen organisationspolitischen Gründen jetzt natürlich sehr hoch stilisiert wird zu einer Kampagne, aber es ist ein Sachthema. Und wir haben unsere Position, unsere Konzeption auch erklärt.
Sie enthält als wesentliche Elemente, dass wir die Anspruchsmöglichkeiten des einzelnen Arbeitnehmers neu fassen müssen. Wir können nicht mehr einen allgemeinen Anspruch für jeden auf Altersteilzeit geben. Wir müssen den Umfang der Altersteilzeit begrenzen. Und wir müssen damit die finanzielle Ausstattung neu regeln, zumal die Zuschüsse der Bundesanstalt bei Wiederbesetzung eines Arbeitsplatzes wegfallen.
Dazu haben wir Vorschläge gemacht, die alle davon ausgehen, dass wir in Zukunft mehr ältere Beschäftigte in den Betrieben haben werden und haben müssen. Das ist aufgrund der Altersentwicklung erforderlich. Das ist erklärtes Ziel von Politik und Gesellschaft, dass in einer alternden Gesellschaft mit immer steigender Lebenserwartung und immer mehr nachrückenden schwachen Geburtennachgängen, dass da das Gebot der Stunde ist, wir müssen uns in kleinen Schritten auf längere Arbeitszeit, auf Lebensarbeitszeit einstellen.
Fischer: Herr Kannegiesser, lassen Sie uns mal bleiben bei den individuellen Lösungen, die Sie vorhin angesprochen haben. Es soll keine allgemeine Altersteilzeitregelung mehr geben, sagen Sie. Das bezeichnet die Gewerkschaft IG Metall ja sozusagen als Altersteilzeit nach Gutsherrenart. Die Arbeitnehmer müssten dann sozusagen als Bittsteller gegenüber dem Arbeitgeber auftreten, um sich diese Lösungen einzeln verhandeln?
Kannegiesser: Das ist so auch nicht korrekt. Denn wir haben immer gesagt, diejenigen, und um die geht es ja eigentlich… Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass wir etwas länger arbeiten müssen in Zukunft. Wenn in den letzten Jahren die Lebenserwartung um zwölf Jahre gestiegen ist, dann muss man erwarten können, dass das normale Erwerbsleben zwei Jahre länger geht. Und das wird in 22 Jahren in kleinen Stufen passieren.
Und wir haben dazu erklärt, dass alle diejenigen, die unter besonderen Belastungen eine Zeit lang gearbeitet haben, einige Jahre gearbeitet haben unter höheren Belastungen, dass es vielen von denen oder fast allen, die sich dieser Gruppe zuordnen lassen in einem Betrieb, dass die weiterhin einen Anspruch haben sollen.
Fischer: Einen tariflichen Anspruch?
Kannegiesser: Einen tariflichen Anspruch haben sollen. Und nur diejenigen, die nicht in diese Gruppe fallen sollen, die können natürlich nicht mehr so behandelt werden, jetzt nach dem Motto "Sie wollen nicht mehr arbeiten". Und wenn sie es nicht mehr wollen, wenn jemand tatsächlich ab einer bestimmten früheren Grenze ausscheiden will, dann lassen wir die Möglichkeit offen, dass auch dies auf freiwilliger Ebene durch Betriebsvereinbarungen, durch Einzelvereinbarungen möglich sein soll. Dann muss der Betroffene allerdings auch einen eigenen Beitrag leisten.
Diejenigen, die stark belastet waren, keine Frage, denen ist es nicht zumutbar. Und denen es dann nicht zumutbar ist, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu arbeiten, ohne dass sie erwerbsunfähig sind, das ist ja ein ganz anderes Problem, für diese wird es die Möglichkeit zur Altersteilzeit zum früheren Ausstieg geben und auch entsprechend finanziell ausgestattet.
Fischer: Verhindern Sie durch diese Pläne nicht, Herr Kannegiesser, dass weniger junge Leute dann nachrücken aufgrund der Altersteilzeitregelungen?
Kannegiesser: Wir haben ungefähr, sind bisher etwa 40 Prozent, zwischen 40 und 50 Prozent der sogenannten wiederbesetzten Fälle durch Auszubildende ausgefüllt worden. Das war bisher so. Die Hälfte ist nicht betroffen vom Wegfall der Förderung, weil die tatsächlich die Altersteilzeit zum früheren Ausstieg, zum Abbau der Arbeitsplätze genutzt haben und knapp die Hälfte hat wiederbesetzt, hat genutzt diese Förderung, um damit natürlich nicht nur den Altersarbeitsplatz zu fördern, den Ausstieg, der teuer ist. Es ist ein teures Modell, was sich hier die Gesellschaft leistet, diesen früheren Ausstieg. Sondern damit, das war ursprünglich auch mal die Absicht, ist für viele der Einstieg Jüngerer gefördert worden. Und das war vor zehn, zwölf Jahren, als wir dies vereinbart haben, auch richtig. Da war die Altersteilzeit in erster Linie ein arbeitsmarktpolitisches Instrument.
Inzwischen, das wurde damals so gesehen, denn die demografische Entwicklung war ja vor zehn Jahren vorhersehbar, die Menschen sind alle geboren, um die es jetzt in den nächsten Jahren geht. Jetzt ist es weniger noch ein arbeitmarktpolitisches Instrument. Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich geändert, ist dabei, sich weiter zu ändern. Die demografische Situation hat sich verändert, was auch voraussehbar war. Wir kriegen nun mal immer schwächere Jahrgänge und die Lebenserwartung wird länger.
Das Fachwissen, was wir in den Unternehmen brauchen, steigt. Da sind die älteren Mitarbeiter sehr wertvoll. Wir haben in Untersuchungen gerade mal festgestellt, dass auch den Betrieben klar wird, wir werden mehr Ältere bekommen, so wie es in der Bevölkerung sich spiegelt, müssen uns darauf in unserem ganzen Instrumenten einstellen.
Fischer: Herr Kannegiesser, die IG Metall, die beharrt ja auf der Verlängerung der Altersteilzeitregelung, ist ja nicht zu übersehen. Sie hat ja sogar mit Streik gedroht.
Kannegiesser: Ja.
Fischer: Haben Sie denn eigentlich geglaubt, die Gewerkschaften würden sich sang- und klanglos aus der Frage verabschieden?
Kannegiesser: Nein, dieses Verabschieden, das ist ja auch unsinnig, davon zu reden. Niemand redet von Verabschiedung. Wir reden seit zwei Jahren davon, dass dieses Instrument, dieser flexible Übergang, dass das erhalten bleiben soll.
Es geht jetzt gar nicht mehr darum, verabschieden rein oder raus. Wie ich eingangs sagte, das Ob ist überhaupt nicht umstritten. Jawohl, wir wollen weiter flexible Übergänge haben. Es geht darum, wie man das gestalten will. Da will die Gewerkschaft im Prinzip das, was jetzt vorhanden ist, so weiterführen wie in den letzten zehn, zwölf Jahren, so weiterführen, und hat auch nun die SPD dazu gebracht, dass die zunächst mal die Voraussetzung schaffen will, die SPD, dass es zumindest mal fünf Jahre so weitergeht.
Und wir sagen, das Instrument ja, das soll auch vernünftig und praktikabel sein, aber nicht in der bisherigen Form, weil das alle inzwischen stattgefundenen Veränderungen in Demografie und in Arbeitsmarktsituation völlig ausblenden würde.
Fischer: Sagt der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall Martin Kannegiesser. Vielen Dank dafür!
Das Gespräch mit Martin Kannegiesser können Sie bis zum 21. November 2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )