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Altersversorgung
Union gegen SPD-Pläne zur Renten-Aufstockung

CDU und CSU gehen auf Distanz zu den Renten-Vorschlägen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Der SPD-Politiker will die Altersversorgung bei Geringverdienern, die 35 Jahre Beiträge gezahlt haben, mit Steuermitteln aufstocken - ohne dabei die Bedürftigkeit zu prüfen.

Von Mathias von Lieben | 04.02.2019
    Eine Friseurin frisiert einer Kundin die Haare
    Stundenlöhne im Friseurhandwerk liegen häufig genau an der Lohnuntergrenze (picture alliance/ dpa/ Karl-Josef Hildenbrand)
    Geld werde mit der Gießkanne verteilt, das Konzept sei nicht finanzierbar – so lautet die Kritik der Sozial- und Haushaltspolitiker in der Unionsfraktion am Vorschlag für ein neues Grundrenten-Konzept von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil. Auch der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring kritisierte den Vorschlag des Sozialdemokraten heute morgen im Deutschlandfunk: "Jetzt schießt er über das Ziel hinaus."
    Wer hat Anspruch, wer nicht?
    Ein Punkt in dem Konzept von Hubertus Heil ist es, an dem sich die Unionspolitiker stören: der geplante Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD zwar auf eine Grundrente geeinigt, die zehn Prozent höher sein soll als die Grundsicherung. Und sie soll bestehenden und zukünftigen Grundsicherungsbeziehern zustehen, wenn sie 35 Jahre an Beitragszeiten, einschließlich Pflege- und Kindererziehungszeiten vorweisen können. Die Voraussetzung dafür allerdings: die Bedürftigkeitsprüfung bei den Grundsicherungsämtern.
    Privates Vermögen miteinbeziehen
    Derzeit sind rund drei Prozent der Rentner auf die Grundsicherung angewiesen, viele scheuen jedoch den Gang zum Sozialamt. Entgegen den Plänen des Koalitionsvertrags soll das nun wegfallen. Zu weitgehend, heißt es aus der Union. In vielen Fällen setze sich das Einkommen im Alter nicht nur aus Zahlungen der gesetzlichen Rente zusammen, sagt Mike Mohring. Auch Einnahmen aus Betriebsrenten und privater Vorsorge müssten berücksichtigt werden:
    "Wenn Hubertus Heil sagt, er will das alles ohne Bedürftigkeitsprüfung machen, dann verschleißt er eben die Augen aus weiteren Alterseinkünften. Und die muss man aber dazu nehmen, sonst würde man das Ziel Altersarmut zu vermeiden, eben auch nicht erreichen."
    Bis zu vier Millionen Menschen sollen unterstützt werden
    Am Wochenende hatte Hubertus Heil seine Pläne gegenüber der ARD folgendermaßen begründet: "Es geht vor allem um Menschen, die aufgrund von niedrigen Löhnen im Moment keine große Rente haben über der Grundsicherung. Ich möchte, dass die deutlich besser gestellt werden."
    Davon würden drei bis vier Millionen Menschen in Deutschland profitieren. Die Zahl der Bedürftigen liegt deutlich darüber, meistens Frauen die schlechter verdienen und häufiger in Teilzeit arbeiten. In Kraft treten soll die Grundrente 2021 – finanziert aus Steuermitteln – die Unterstützung von Finanzminister Olaf Scholz habe Heil bereits zugesichert bekommen. Steuererhöhungen und neue Schulden sind tabu, heißt es hingegen aus der Union.
    SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach wies diese Kritik zurück. Die SPD wolle mit der Grundrente den ärmsten Rentnern helfen, die ihr Leben lang gearbeitet hätten, sagte er der Passauer Neuen Presse. CDU und CSU würden mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlages die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mit zehn Milliarden Euro beschenken wollen. Der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels Karl-Josef Laumann nannte Heils Vorschlag eine vernünftige Diskussionsgrundlage.
    Sozialverbände unterstützen Heils Vorschlag
    Zustimmung auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Sozialverband VdK sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Einen rentenpolitischen Betriebsunfall für Deutschland befürchtet hingegen Steffen Kampeter, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitsgeberverbände, in der FAZ. Aus der Opposition im Bundestag kommt geteiltes Echo: Die FDP beklagt Ungerechtigkeiten.
    Weil ein Rentner nach 34 Jahren Einzahlung erheblich weniger bekomme als einer, der geringfügig länger, aber in der Summe weniger eingezahlt habe, sei das respektlos gegenüber der Lebensleistung dieser Menschen, sagte FDP-Rentenexperte Johannes Vogel der Rheinischen Post. Die AfD sieht in Heils Vorschlag Geschenke, die nicht ausfinanziert seien. Der Parteivorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, bezeichnete Heils Vorschlag hingegen als vernünftigen Ansatz:
    "Allerdings bleibt er auf halbem Wege stehen, Es wäre notwendig, eine wirklich Mindestrente von 1.050 Euro anzugehen." Katrin Göring-Eckart, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hält Heils Idee für richtig. Jedoch bezweifelte auch sie, ob dafür ausreichend Mittel da sind.