Dirk-Oliver Heckmann: Gehört es zum normalen Spiel innerhalb einer Koalition, dass der Ton ruppiger wird, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen und möglichst viel von der eigenen Position durchzusetzen, oder krankt das Klima innerhalb der Großen Koalition tatsächlich? Fest steht: Am Thema Kinderbetreuung, genauer an der Frage ihrer Finanzierung, hat sich ein handfester Streit entzündet. Heute Abend befasst sich der Koalitionsausschuss mit dem Thema.
Am Telefon begrüße ich nun Dieter Althaus, den Ministerpräsidenten Thüringens und Präsidiumsmitglied der CDU. Guten Morgen, Herr Althaus!
Dieter Althaus: Guten Morgen, Herr Heckmann!
Heckmann: Herr Althaus, bleiben wir bei der Familienpolitik zunächst. Vizekanzler Müntefering hat gefordert, dass die Union endlich ihr Finanzierungskonzept auf den Tisch legen müsse und ihre unsolide Politik beenden solle. Mangelt es der Union an Solidität?
Althaus: Nein. Das ist ein unsinniger Vorwurf. Die Union hat genau wie die SPD sich im Koalitionsvertrag darauf festgelegt, dass sie unterstützt, wenn mehr Betreuungsplätze geschaffen werden bei den unter Dreijährigen. Das ist wichtig gerade in den alten Ländern, weil hier kaum Optionen für die Wahlfreiheit bestehen. Im Prinzip sind natürlich Länder und Kommunen auch zur Finanzierung aufgerufen. Auch bei uns in Thüringen wird das über Länder und Kommunen finanziert, und wir haben ein solches Angebot. Wenn der Bund sich also beteiligen möchte, dann muss das erstens für alle Länder gelten, auch für die, die schon ein entsprechendes Betreuungsangebot haben. Und es muss eine Finanzierung geben, die auch entsprechend begründet ist. Ich kann nicht erkennen, dass die Absenkung zum Beispiel des Ehegattensplittings eine vernünftige Finanzierung sein soll.
Heckmann: Bevor wir zu den Einzelheiten kommen, blicken wir noch mal auf die Union und auf die Kritik des Vizekanzlers, denn bei der Union ist es nun mal bisher bei Ankündigungen geblieben, und dadurch entstehen ja keine Krippenplätze. Hat der Vizekanzler da nicht Recht?
Althaus: Zuständig bleiben Länder und Kommunen. Dass wir grundsätzlich dieses Tagesbetreuungsausbaugesetz, das Rot-Grün geschaffen hat, akzeptieren ist die eine Seite, aber trotzdem ist auch die Verfassungslage ganz klar. Wenn der Bund unterstützen möchte, dann muss er eine Finanzierungsquelle finden, bei der nun auch alle Länder partizipieren. Aber noch einmal: Das Ehegattensplitting deshalb zu kürzen oder es zu begrenzen, halten wir nicht für eine vernünftige Lösung. Der Vorschlag, eine mögliche Kindergelderhöhung zu nutzen, ist schon deshalb eine unsolide Vorlage, weil es gar keine Kindergelderhöhung geben wird in den nächsten Jahren.
Heckmann: Das heißt Sie wenden sich dagegen, dass die Union auf Bundesebene überhaupt ein Konzept vorlegt, also auch heute und in den kommenden Wochen nicht?
Althaus: Nein. Es ist wohl vereinbart, dass Ursula von der Leyen alle familienpolitischen Leistungen bis zum Sommer einmal auflistet und zeigt, wo Schwerpunkte gesetzt werden, wo möglicherweise auch neue Schwerpunkte gesetzt werden. Aber das ganze ist nur unterstützend für Länder und Kommunen. Zuständig sind und bleiben natürlich die Länder.
Heckmann: Sie haben gerade eben schon den Vorschlag der SPD aufgegriffen und abgelehnt in einem Atemzug, das Ehegattensplitting anzutasten. Aber was wäre denn daran so schlimm? Was trägt denn das Ehegattensplitting dazu bei, dass mehr Kinder in Deutschland geboren werden?
Althaus:! Wir haben eine ganz eindeutige Grundgesetzlage. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz, heißt es in Artikel 6. Das heißt, die Ehe an sich ist schon schutz- und unterstützungswürdig.
Heckmann: Aber es ist nicht festgelegt, wie hoch diese Förderung sein muss?
Althaus: Ja, gut. Aber es macht ja keinen Sinn, das Ehegattensplitting zu nutzen, um am Ende eine familienpolitische Leistung zu bezahlen. Das ist ja dann so wie bei kommunizierenden Röhren. Den einen nehme, damit ich in der Familie den anderen gebe. Wenn, dann muss man schon eine andere Lösung finden.
Heckmann: Man nimmt den Kinderlosen und gibt den Familien.
Althaus: Wieso sind Ehen automatisch kinderlos? Ich sage noch einmal: Die Ehe ist an sich schon schutzwürdig. Das ist immer die Überzeugung in der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Nicht umsonst gibt es diese klare Aussage auch im Grundgesetz. Deshalb wird es auch beim Ehegattensplitting bleiben.
Heckmann: Am Wochenende gab es einen Vorschlag Ihres Kollegen Edmund Stoiber, Ministerpräsident von Bayern, zur Finanzierung, nämlich dass der Bund einen Teil der Mehrwertsteuereinnahmen dazu verwenden soll, eben die Kinderbetreuung in Zukunft zu finanzieren. Machen Sie bei diesem Versuch der Länder mit, sich auf Kosten des Bundes gesund zu stoßen?
Althaus: Noch einmal: Normalerweise sind laut Verfassungslage Länder und Kommunen zuständig. In den neuen Ländern ist das Angebot geschaffen. Dort ist es auch finanziert von Ländern und Kommunen und wird auch so getragen. Insofern bleiben Länder und Kommunen auch im Westen zuständig, so ein Angebot zu organisieren. Und wenn jetzt der Bund unterstützt, dann kann er nicht das Geld, das zur Verfügung steht, mehrfach ausgeben. Die Mehrwertsteuererhöhung ist ja schon eingestellt in Bundes- und Landeshaushalte. Und es werden schon entsprechende Finanzierungen davon getätigt. Ich sehe also nicht die Möglichkeit, dieses Geld mehrfach aufzuteilen, auch nicht für die Kinderbetreuung.
Heckmann: Das heißt, dieser Vorschlag von Edmund Stoiber geht fehl?
Althaus: Das ist auch gar kein Vorschlag, der am Ende, glaube ich, mehrheitsfähig ist, denn die Mehrwertsteuererhöhung hat ja im letzten Jahr erhebliche Debatten hervorgebracht. Und die Erhöhung hatte bestimmte Ziele, unter anderem auch die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Und deshalb ist das sicher auch ein Vorschlag, der nicht weiter verfolgt wird.
Heckmann: Es gibt ein weiteres heißes Eisen, das heute Abend im Koalitionsausschuss angepackt werden soll: die Reform des Niedriglohnsektors. Vizekanzler Müntefering hat gesagt, wir brauchen Mindestlöhne in Deutschland, und zwar für alle Branchen, und er erwartet jetzt von der Union einzulenken.
Althaus: Hier sollte sich der Staat raushalten. Für die Tarifverhandlungen sind die Tarifpartner zuständig, Wirtschaft und Gewerkschaften, und hier sollten auch, wenn es zu Veränderungen kommen sollte, die entsprechenden Änderungen besprochen werden. Wenn der Staat sich dafür einsetzt, dass Mindestlöhne geschaffen werden, wird am Ende nur die Arbeitslosigkeit steigen. Gerade in dem Bereich, wo einfachere Tätigkeiten vorhanden sind, wäre es katastrophal, wenn man durch Mindestlöhne noch mehr Arbeitsplätze vernichtet oder sie in die Schwarzarbeit treibt.
Heckmann: Aber in der Bauwirtschaft beispielsweise, wo eben ein Mindestlohn gilt, da hätte es ohne das Entsendegesetz viel mehr Arbeitslose gegeben, und auch große Zeitarbeitsfirmen sprechen sich dafür aus.
Althaus: Also noch einmal: Bei der Baubranche hat es ja entsprechende Vereinbarungen der Tarifpartner gegeben. Das war auch eine Forderung der Tarifpartner. So sollte das auch in Zukunft bleiben, dass die Tarifpartner entsprechende Regelungen finden, da wo sie es für wichtig erachten. Und man muss auch etwas unterscheiden. Die Baubranche zum Beispiel, die im erheblichen Wettbewerb steht mit europäischen Nachbarländern, muss man anders einschätzen als zum Beispiel den großen Bereich der Friseurinnen und Friseure. Ich würde also weiter dabei bleiben, dass die Tarifpartner gefordert sind, dort wo sie Regelungen brauchen, diese Regelungen auch finden, aber nicht den Staat in Verantwortung nehmen für die Lohnentwicklung.
Heckmann: Aber nichts anderes plant ja der Vizekanzler, nämlich dass die Tarifparteien sich eben auf einen Mindestlohn einigen, der dann für allgemeinverbindlich erklärt werden soll.
Althaus: Ja, aber er will die Liste der Berufe, die aufgenommen werden sollen, erheblich verlängern und will damit erheblichen Druck auf die Tarifpartner ausüben. Ich glaube, dass die Tarifpartner das besser können, und der Staat sollte sich aus dieser Entscheidung weitestgehend raushalten. Er kann Erwartungen äußern. Das ist auch wichtig, dass das die Koalitionspartner tun. Aber er sollte nicht selbst den Druck so weit erhöhen, dass am Ende durch eine Mindestlohnentwicklung, die dort festgelegt wird, noch mehr Arbeitslosigkeit vorhanden ist oder noch mehr Schwarzarbeit entsteht.
Heckmann: Herr Althaus, wir haben den Streit um die Kinderbetreuung. Wir haben den Streit um das Bleiberecht und um den Niedriglohnsektor, dazu noch gegenseitige Vorwürfe, die sich gewaschen haben. Bereiten sich die beiden Parteien, die beiden Lager schon auf die kommende Bundestagswahl vor drei Jahre zuvor?
Althaus: Nein, aber das sind ja Punkte, wo wir auch klare Unterschiede in den Ansichten haben, gerade was die Frage Mindestlöhne betrifft. Das ist auch in den Koalitionsverhandlungen damals deutlich geworden. Deshalb ist es auch wichtig, dass Union und SPD ihre Positionen klar machen. Ich bin ganz sicher, dass heute Abend im Koalitionsausschuss zu all diesen Themen Entscheidungen gefällt werden können, und da wo es keine Übereinstimmung gibt, kann auch nicht gehandelt werden. Das ist, glaube ich, sowohl der SPD-Seite wie der Union-Seite vollkommen klar.
Heckmann: Zum Koalitionskrach in Berlin war das Dieter Althaus, Ministerpräsident von Thüringen und Präsidiumsmitglied der CDU. Herr Althaus, danke für das Gespräch.
Althaus: Vielen Dank.
Am Telefon begrüße ich nun Dieter Althaus, den Ministerpräsidenten Thüringens und Präsidiumsmitglied der CDU. Guten Morgen, Herr Althaus!
Dieter Althaus: Guten Morgen, Herr Heckmann!
Heckmann: Herr Althaus, bleiben wir bei der Familienpolitik zunächst. Vizekanzler Müntefering hat gefordert, dass die Union endlich ihr Finanzierungskonzept auf den Tisch legen müsse und ihre unsolide Politik beenden solle. Mangelt es der Union an Solidität?
Althaus: Nein. Das ist ein unsinniger Vorwurf. Die Union hat genau wie die SPD sich im Koalitionsvertrag darauf festgelegt, dass sie unterstützt, wenn mehr Betreuungsplätze geschaffen werden bei den unter Dreijährigen. Das ist wichtig gerade in den alten Ländern, weil hier kaum Optionen für die Wahlfreiheit bestehen. Im Prinzip sind natürlich Länder und Kommunen auch zur Finanzierung aufgerufen. Auch bei uns in Thüringen wird das über Länder und Kommunen finanziert, und wir haben ein solches Angebot. Wenn der Bund sich also beteiligen möchte, dann muss das erstens für alle Länder gelten, auch für die, die schon ein entsprechendes Betreuungsangebot haben. Und es muss eine Finanzierung geben, die auch entsprechend begründet ist. Ich kann nicht erkennen, dass die Absenkung zum Beispiel des Ehegattensplittings eine vernünftige Finanzierung sein soll.
Heckmann: Bevor wir zu den Einzelheiten kommen, blicken wir noch mal auf die Union und auf die Kritik des Vizekanzlers, denn bei der Union ist es nun mal bisher bei Ankündigungen geblieben, und dadurch entstehen ja keine Krippenplätze. Hat der Vizekanzler da nicht Recht?
Althaus: Zuständig bleiben Länder und Kommunen. Dass wir grundsätzlich dieses Tagesbetreuungsausbaugesetz, das Rot-Grün geschaffen hat, akzeptieren ist die eine Seite, aber trotzdem ist auch die Verfassungslage ganz klar. Wenn der Bund unterstützen möchte, dann muss er eine Finanzierungsquelle finden, bei der nun auch alle Länder partizipieren. Aber noch einmal: Das Ehegattensplitting deshalb zu kürzen oder es zu begrenzen, halten wir nicht für eine vernünftige Lösung. Der Vorschlag, eine mögliche Kindergelderhöhung zu nutzen, ist schon deshalb eine unsolide Vorlage, weil es gar keine Kindergelderhöhung geben wird in den nächsten Jahren.
Heckmann: Das heißt Sie wenden sich dagegen, dass die Union auf Bundesebene überhaupt ein Konzept vorlegt, also auch heute und in den kommenden Wochen nicht?
Althaus: Nein. Es ist wohl vereinbart, dass Ursula von der Leyen alle familienpolitischen Leistungen bis zum Sommer einmal auflistet und zeigt, wo Schwerpunkte gesetzt werden, wo möglicherweise auch neue Schwerpunkte gesetzt werden. Aber das ganze ist nur unterstützend für Länder und Kommunen. Zuständig sind und bleiben natürlich die Länder.
Heckmann: Sie haben gerade eben schon den Vorschlag der SPD aufgegriffen und abgelehnt in einem Atemzug, das Ehegattensplitting anzutasten. Aber was wäre denn daran so schlimm? Was trägt denn das Ehegattensplitting dazu bei, dass mehr Kinder in Deutschland geboren werden?
Althaus:! Wir haben eine ganz eindeutige Grundgesetzlage. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz, heißt es in Artikel 6. Das heißt, die Ehe an sich ist schon schutz- und unterstützungswürdig.
Heckmann: Aber es ist nicht festgelegt, wie hoch diese Förderung sein muss?
Althaus: Ja, gut. Aber es macht ja keinen Sinn, das Ehegattensplitting zu nutzen, um am Ende eine familienpolitische Leistung zu bezahlen. Das ist ja dann so wie bei kommunizierenden Röhren. Den einen nehme, damit ich in der Familie den anderen gebe. Wenn, dann muss man schon eine andere Lösung finden.
Heckmann: Man nimmt den Kinderlosen und gibt den Familien.
Althaus: Wieso sind Ehen automatisch kinderlos? Ich sage noch einmal: Die Ehe ist an sich schon schutzwürdig. Das ist immer die Überzeugung in der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Nicht umsonst gibt es diese klare Aussage auch im Grundgesetz. Deshalb wird es auch beim Ehegattensplitting bleiben.
Heckmann: Am Wochenende gab es einen Vorschlag Ihres Kollegen Edmund Stoiber, Ministerpräsident von Bayern, zur Finanzierung, nämlich dass der Bund einen Teil der Mehrwertsteuereinnahmen dazu verwenden soll, eben die Kinderbetreuung in Zukunft zu finanzieren. Machen Sie bei diesem Versuch der Länder mit, sich auf Kosten des Bundes gesund zu stoßen?
Althaus: Noch einmal: Normalerweise sind laut Verfassungslage Länder und Kommunen zuständig. In den neuen Ländern ist das Angebot geschaffen. Dort ist es auch finanziert von Ländern und Kommunen und wird auch so getragen. Insofern bleiben Länder und Kommunen auch im Westen zuständig, so ein Angebot zu organisieren. Und wenn jetzt der Bund unterstützt, dann kann er nicht das Geld, das zur Verfügung steht, mehrfach ausgeben. Die Mehrwertsteuererhöhung ist ja schon eingestellt in Bundes- und Landeshaushalte. Und es werden schon entsprechende Finanzierungen davon getätigt. Ich sehe also nicht die Möglichkeit, dieses Geld mehrfach aufzuteilen, auch nicht für die Kinderbetreuung.
Heckmann: Das heißt, dieser Vorschlag von Edmund Stoiber geht fehl?
Althaus: Das ist auch gar kein Vorschlag, der am Ende, glaube ich, mehrheitsfähig ist, denn die Mehrwertsteuererhöhung hat ja im letzten Jahr erhebliche Debatten hervorgebracht. Und die Erhöhung hatte bestimmte Ziele, unter anderem auch die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Und deshalb ist das sicher auch ein Vorschlag, der nicht weiter verfolgt wird.
Heckmann: Es gibt ein weiteres heißes Eisen, das heute Abend im Koalitionsausschuss angepackt werden soll: die Reform des Niedriglohnsektors. Vizekanzler Müntefering hat gesagt, wir brauchen Mindestlöhne in Deutschland, und zwar für alle Branchen, und er erwartet jetzt von der Union einzulenken.
Althaus: Hier sollte sich der Staat raushalten. Für die Tarifverhandlungen sind die Tarifpartner zuständig, Wirtschaft und Gewerkschaften, und hier sollten auch, wenn es zu Veränderungen kommen sollte, die entsprechenden Änderungen besprochen werden. Wenn der Staat sich dafür einsetzt, dass Mindestlöhne geschaffen werden, wird am Ende nur die Arbeitslosigkeit steigen. Gerade in dem Bereich, wo einfachere Tätigkeiten vorhanden sind, wäre es katastrophal, wenn man durch Mindestlöhne noch mehr Arbeitsplätze vernichtet oder sie in die Schwarzarbeit treibt.
Heckmann: Aber in der Bauwirtschaft beispielsweise, wo eben ein Mindestlohn gilt, da hätte es ohne das Entsendegesetz viel mehr Arbeitslose gegeben, und auch große Zeitarbeitsfirmen sprechen sich dafür aus.
Althaus: Also noch einmal: Bei der Baubranche hat es ja entsprechende Vereinbarungen der Tarifpartner gegeben. Das war auch eine Forderung der Tarifpartner. So sollte das auch in Zukunft bleiben, dass die Tarifpartner entsprechende Regelungen finden, da wo sie es für wichtig erachten. Und man muss auch etwas unterscheiden. Die Baubranche zum Beispiel, die im erheblichen Wettbewerb steht mit europäischen Nachbarländern, muss man anders einschätzen als zum Beispiel den großen Bereich der Friseurinnen und Friseure. Ich würde also weiter dabei bleiben, dass die Tarifpartner gefordert sind, dort wo sie Regelungen brauchen, diese Regelungen auch finden, aber nicht den Staat in Verantwortung nehmen für die Lohnentwicklung.
Heckmann: Aber nichts anderes plant ja der Vizekanzler, nämlich dass die Tarifparteien sich eben auf einen Mindestlohn einigen, der dann für allgemeinverbindlich erklärt werden soll.
Althaus: Ja, aber er will die Liste der Berufe, die aufgenommen werden sollen, erheblich verlängern und will damit erheblichen Druck auf die Tarifpartner ausüben. Ich glaube, dass die Tarifpartner das besser können, und der Staat sollte sich aus dieser Entscheidung weitestgehend raushalten. Er kann Erwartungen äußern. Das ist auch wichtig, dass das die Koalitionspartner tun. Aber er sollte nicht selbst den Druck so weit erhöhen, dass am Ende durch eine Mindestlohnentwicklung, die dort festgelegt wird, noch mehr Arbeitslosigkeit vorhanden ist oder noch mehr Schwarzarbeit entsteht.
Heckmann: Herr Althaus, wir haben den Streit um die Kinderbetreuung. Wir haben den Streit um das Bleiberecht und um den Niedriglohnsektor, dazu noch gegenseitige Vorwürfe, die sich gewaschen haben. Bereiten sich die beiden Parteien, die beiden Lager schon auf die kommende Bundestagswahl vor drei Jahre zuvor?
Althaus: Nein, aber das sind ja Punkte, wo wir auch klare Unterschiede in den Ansichten haben, gerade was die Frage Mindestlöhne betrifft. Das ist auch in den Koalitionsverhandlungen damals deutlich geworden. Deshalb ist es auch wichtig, dass Union und SPD ihre Positionen klar machen. Ich bin ganz sicher, dass heute Abend im Koalitionsausschuss zu all diesen Themen Entscheidungen gefällt werden können, und da wo es keine Übereinstimmung gibt, kann auch nicht gehandelt werden. Das ist, glaube ich, sowohl der SPD-Seite wie der Union-Seite vollkommen klar.
Heckmann: Zum Koalitionskrach in Berlin war das Dieter Althaus, Ministerpräsident von Thüringen und Präsidiumsmitglied der CDU. Herr Althaus, danke für das Gespräch.
Althaus: Vielen Dank.