Oliver Thoma: Wenigstens in Hamburg und Niedersachsen haben sie sich ja schon geeinigt, im Tarifstreit im öffentlichen Dienst in den Kommunen. Kein Modell aber für Baden-Württemberg. Hier ist die Schlichtung erst mal gescheitert. Auf Länderebene sind die Schlichter noch gar nicht gefragt. Hier streiten sich die Arbeitgeber ja noch über den richtigen Verhandlungskurs. Im Prinzip geht es um die Frage: Wie stark darf man der Gewerkschaft ver.di entgegenkommen? Und die muss insgesamt dann schon jetzt zusehen, wie bei diesem Streit immer mehr Länder mit dem Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft drohen, so wie Hessen und Berlin es ja schon lange getan haben. SPD-Ministerpräsident Kurt Beck will das denn auch tun, weil der gegenwärtige Unionskurs insgesamt zu hart ist, jedenfalls wenn es dabei bleibt, und die CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff in Niedersachsen und Dieter Althaus in Thüringen haben es auch gesagt. Sie wollen die Tarifgemeinschaft verlassen, wenn das Verhandlungsergebnis den Gewerkschaften zu stark entgegenkommt.
Am Telefon ist jetzt Dieter Althaus, der Ministerpräsident in Thüringen. Schönen guten Morgen!
Dieter Althaus: Schönen guten Morgen!
Thoma: Bei dieser Drohkulisse, die sich da jetzt aufbaut, ist das Ende der Tarifgemeinschaft dann bald gekommen?
Althaus: Ich hoffe nicht. Ich hoffe, dass wir wieder am Verhandlungstisch sind und dann ein Ergebnis erzielen, mit dem sowohl die Gewerkschaft leben kann, aber mit dem natürlich auch die Länder leben können. Das heißt wir brauchen einen Kompromiss, der Öffnungsklauseln für die Länder beinhaltet. Zum Beispiel mit Blick auf die Arbeitszeit ist das für Thüringen ganz wichtig.
Thoma: Sie hoffen, dass die Tarifgemeinschaft bestehen bleibt. Die Gewerkschaft ver.di sagt ja, das wollen die glaube ich ganz bestimmt nicht, denn da wird etwas aufgebaut, dass man Einzelverträge in den Betrieben macht und nachher sogar auf Länderebene auf jeden Fall. Warum ist denn für Sie die Tarifgemeinschaft der Länder weiterhin so wichtig?
Althaus: Ein Rahmenvertrag für die Länder würde insgesamt natürlich besser sein, weil wir dann nur für Details die Sonderregeln in den Ländern verhandeln müssten. Sonst müssten wir ganz grundsätzliche Verträge schließen. Es geht ja um mehr als nur um Arbeitszeit. Es geht auch zum Beispiel um die Urlaubsgeldverträge oder andere Sonderzahlungsverträge.
Also ich bleibe dabei. Die Tarifgemeinschaft der Länder sollte erhalten bleiben. Das geht aber nur, wenn die Gewerkschaft auch begreift, dass sie mit starren Haltungen nicht erfolgreich sein kann, denn wir müssen eine Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten in Thüringen sichern. Außerdem geht es insgesamt darum, dass der Staat sich verschlankt, dass er Kosten spart, das heißt auch mittelfristig Personal abbaut. Deshalb brauchen wir hier das Entgegenkommen der Gewerkschaft.
Thoma: Bei Ihnen in Thüringen gibt es sowieso eine Sondersituation. Da gibt es die 40-Stunden-Woche ja sowieso längst. Hier wird jetzt gegen die 42-Stunden-Woche gestreikt, die für die Beamten schon gilt. Brauchen Sie dann nicht sowieso eine Sonderlösung?
Althaus: Ja. Wir wollen, dass im Tarifvertrag eine Flexibilisierungsklausel für Thüringen oder für Länder aufgenommen wird, welche die Erhöhung der Arbeitszeit beinhaltet. Außerdem brauchen wir natürlich auch beim Thema Urlaubsgeld und Zuwendungstarifvertrag eine Lösung, denn auch dort werden die Beamten schon länger anders behandelt. Außerdem werden die Neuangestellten immer auch nach den Bedingungen, die das Land mit den Gewerkschaften vorbesprochen hat, eingestellt. Wir brauchen also endlich eine Gleichbehandlung und deshalb ist das Ergebnis so wichtig, Öffnungsklauseln für mehr Arbeit.
Thoma: Wäre dann nicht am besten eine 40-Stunden-Woche in ganz Deutschland?
Althaus: Ja gut, das ist schon lange meine Forderung, dass wir uns den Realitäten in der Wirtschaft endlich anpassen und außerdem den Staat insgesamt von Kosten befreien. Die 40 Stunden sind nach meiner Auffassung zwingend. In einigen Ländern wie Bayern und Thüringen gibt es ja schon die 42 Stunden. Deshalb kann ich den Streit um 38,5 oder 39,2 überhaupt nicht nachvollziehen.
Thoma: Sie haben ja gesagt, wir steigen aus der Tarifgemeinschaft aus, wenn ver.di sich nicht bewegt und die Lösung wie für die Beamten akzeptiert. Das hieße 42-Stunden-Woche. Heißt das dann, dass Sie der Gewerkschaft Ihre Lösung zu 100 Prozent aufzwingen wollen, oder wo gibt es für Sie noch eine Kompromissmöglichkeit?
Althaus: Wir sitzen am Tisch, um einen Kompromiss zu erzielen. Also geht es auch darum, welches Entgegenkommen wir, aber auch die Gewerkschaften in die Verhandlungen einbringen. Man kann über eine zeitliche Staffelung reden. Außerdem haben wir ja vorgeschlagen, eine Familienkomponente aufzunehmen. Das heißt für die Angestellten, die Kinder erziehen oder die Pflegebedürftige in der Familie betreuen, würde es bei der Arbeitszeit bleiben. Ich denke das sind moderne Lösungen, die auch den Anforderungen entsprechen. All das könnte verhandelt werden.
Thoma: Bei der Arbeitszeit wären Sie also schon verhandlungsbereit, dass man möglicherweise auch sagen könnte so wie jetzt in Baden-Württemberg, dass diskutiert wurde je nach Gehalt geht man dort rauf oder runter, oder wie in Niedersachsen je nach Arbeitsbelastung?
Althaus: Das glaube ich ist nicht der richtige Weg, dass man nach Gehaltsgruppen die Arbeitszeit differenziert. Ich denke in Deutschland muss insgesamt mehr gearbeitet werden. In der Wirtschaft sind 40, 42 und mehr Stunden schon üblich. Der Staat muss auch seine Kosten begrenzen.
Außerdem trägt das auch zum Wirtschaftswachstum bei. Wenn Personalstellen auf Dauer abgebaut werden und der Staat mit weniger Personal seine Aufgaben erfüllt, ist das ganz wesentlich für die Zukunft des Standortes Deutschland. Deshalb brauchen wir auch hier das Signal zu mehr Arbeit.
Thoma: Das fordern Sie in Thüringen ja schon eine ganze Weile, dass die Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden. Warum soll das eigentlich geschehen? Warum können die Leute dort nicht weiterarbeiten und bestimmte Bereiche sicherlich auch in den Kommunen und Ländern sichern?
Althaus: Der Kernbereich des Staates, des öffentlichen Handelns, muss immer neu bestimmt werden. Dazu gehört dann auch, dass Privatisierungen vorgenommen werden. Zum zweiten haben wir in den letzten Jahrzehnten gemerkt, dass der Staat immer mehr eigene Kosten verursacht und dadurch immer weniger in der Lage ist, die notwendigen Investitionen, die notwendigen Unterstützungen zu leisten, um Wirtschaftswachstum, um Bildung, um Forschung, um Technologie ausreichend voranzubringen. Die Staatsverschuldung ist gigantisch. Das gilt nicht nur für den Bund, sondern auch für viele Länder, so auch für Thüringen. Deshalb kommen wir an dieser Einsparung gar nicht vorbei. Sie ist zwingend und sie ist auch ein Signal in die Gesellschaft hinein, dass wir wieder mehr arbeiten müssen für möglicherweise das gleiche Geld.
Thoma: Wir haben schon darüber gesprochen, dass in Ostdeutschland die Situation besonders ist. Das liegt auch daran, dass viele junge Arbeitskräfte eben abwandern. Da gibt es ja nun diese neue Initiative von Minister Tiefensee, der für den Aufbau Ost zuständig ist, gestern vorgestellt in Magdeburg mit der so genannten Heimatschachtel. Pralinen, Freikarten fürs Theater, Ostprodukte, Gutscheine und ein Online-Abkommen für die Zeitungen sollen dann die Leute wieder zurückholen. Ist das möglicherweise auch ein Modell für Thüringen?
Althaus: An die Heimat erinnern ist sicher richtig, aber die Menschen bleiben dann hier oder kommen dann zurück, wenn sie Arbeitsplätze haben, und hier wäre eigentlich die Aufgabe von Herrn Tiefensee, durch seine Arbeit dazu beizutragen, dass die ordnungspolitischen Regeln in Deutschland sich so verändern, dass Wirtschaftswachstum gerade auch in den neuen Ländern wieder zu mehr Arbeitsplätzen führt. Dann kommen die Menschen auch zurück in ihre angestammte Heimat. Ich kann also in dieser Aktion keine besondere Aufgabe für einen Bundesminister sehen.
Thoma: Im Deutschlandfunk ein Gespräch mit Dieter Althaus, dem Ministerpräsidenten von Thüringen. Schönen Dank für das Gespräch!
Althaus: Schönen Dank!
Am Telefon ist jetzt Dieter Althaus, der Ministerpräsident in Thüringen. Schönen guten Morgen!
Dieter Althaus: Schönen guten Morgen!
Thoma: Bei dieser Drohkulisse, die sich da jetzt aufbaut, ist das Ende der Tarifgemeinschaft dann bald gekommen?
Althaus: Ich hoffe nicht. Ich hoffe, dass wir wieder am Verhandlungstisch sind und dann ein Ergebnis erzielen, mit dem sowohl die Gewerkschaft leben kann, aber mit dem natürlich auch die Länder leben können. Das heißt wir brauchen einen Kompromiss, der Öffnungsklauseln für die Länder beinhaltet. Zum Beispiel mit Blick auf die Arbeitszeit ist das für Thüringen ganz wichtig.
Thoma: Sie hoffen, dass die Tarifgemeinschaft bestehen bleibt. Die Gewerkschaft ver.di sagt ja, das wollen die glaube ich ganz bestimmt nicht, denn da wird etwas aufgebaut, dass man Einzelverträge in den Betrieben macht und nachher sogar auf Länderebene auf jeden Fall. Warum ist denn für Sie die Tarifgemeinschaft der Länder weiterhin so wichtig?
Althaus: Ein Rahmenvertrag für die Länder würde insgesamt natürlich besser sein, weil wir dann nur für Details die Sonderregeln in den Ländern verhandeln müssten. Sonst müssten wir ganz grundsätzliche Verträge schließen. Es geht ja um mehr als nur um Arbeitszeit. Es geht auch zum Beispiel um die Urlaubsgeldverträge oder andere Sonderzahlungsverträge.
Also ich bleibe dabei. Die Tarifgemeinschaft der Länder sollte erhalten bleiben. Das geht aber nur, wenn die Gewerkschaft auch begreift, dass sie mit starren Haltungen nicht erfolgreich sein kann, denn wir müssen eine Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten in Thüringen sichern. Außerdem geht es insgesamt darum, dass der Staat sich verschlankt, dass er Kosten spart, das heißt auch mittelfristig Personal abbaut. Deshalb brauchen wir hier das Entgegenkommen der Gewerkschaft.
Thoma: Bei Ihnen in Thüringen gibt es sowieso eine Sondersituation. Da gibt es die 40-Stunden-Woche ja sowieso längst. Hier wird jetzt gegen die 42-Stunden-Woche gestreikt, die für die Beamten schon gilt. Brauchen Sie dann nicht sowieso eine Sonderlösung?
Althaus: Ja. Wir wollen, dass im Tarifvertrag eine Flexibilisierungsklausel für Thüringen oder für Länder aufgenommen wird, welche die Erhöhung der Arbeitszeit beinhaltet. Außerdem brauchen wir natürlich auch beim Thema Urlaubsgeld und Zuwendungstarifvertrag eine Lösung, denn auch dort werden die Beamten schon länger anders behandelt. Außerdem werden die Neuangestellten immer auch nach den Bedingungen, die das Land mit den Gewerkschaften vorbesprochen hat, eingestellt. Wir brauchen also endlich eine Gleichbehandlung und deshalb ist das Ergebnis so wichtig, Öffnungsklauseln für mehr Arbeit.
Thoma: Wäre dann nicht am besten eine 40-Stunden-Woche in ganz Deutschland?
Althaus: Ja gut, das ist schon lange meine Forderung, dass wir uns den Realitäten in der Wirtschaft endlich anpassen und außerdem den Staat insgesamt von Kosten befreien. Die 40 Stunden sind nach meiner Auffassung zwingend. In einigen Ländern wie Bayern und Thüringen gibt es ja schon die 42 Stunden. Deshalb kann ich den Streit um 38,5 oder 39,2 überhaupt nicht nachvollziehen.
Thoma: Sie haben ja gesagt, wir steigen aus der Tarifgemeinschaft aus, wenn ver.di sich nicht bewegt und die Lösung wie für die Beamten akzeptiert. Das hieße 42-Stunden-Woche. Heißt das dann, dass Sie der Gewerkschaft Ihre Lösung zu 100 Prozent aufzwingen wollen, oder wo gibt es für Sie noch eine Kompromissmöglichkeit?
Althaus: Wir sitzen am Tisch, um einen Kompromiss zu erzielen. Also geht es auch darum, welches Entgegenkommen wir, aber auch die Gewerkschaften in die Verhandlungen einbringen. Man kann über eine zeitliche Staffelung reden. Außerdem haben wir ja vorgeschlagen, eine Familienkomponente aufzunehmen. Das heißt für die Angestellten, die Kinder erziehen oder die Pflegebedürftige in der Familie betreuen, würde es bei der Arbeitszeit bleiben. Ich denke das sind moderne Lösungen, die auch den Anforderungen entsprechen. All das könnte verhandelt werden.
Thoma: Bei der Arbeitszeit wären Sie also schon verhandlungsbereit, dass man möglicherweise auch sagen könnte so wie jetzt in Baden-Württemberg, dass diskutiert wurde je nach Gehalt geht man dort rauf oder runter, oder wie in Niedersachsen je nach Arbeitsbelastung?
Althaus: Das glaube ich ist nicht der richtige Weg, dass man nach Gehaltsgruppen die Arbeitszeit differenziert. Ich denke in Deutschland muss insgesamt mehr gearbeitet werden. In der Wirtschaft sind 40, 42 und mehr Stunden schon üblich. Der Staat muss auch seine Kosten begrenzen.
Außerdem trägt das auch zum Wirtschaftswachstum bei. Wenn Personalstellen auf Dauer abgebaut werden und der Staat mit weniger Personal seine Aufgaben erfüllt, ist das ganz wesentlich für die Zukunft des Standortes Deutschland. Deshalb brauchen wir auch hier das Signal zu mehr Arbeit.
Thoma: Das fordern Sie in Thüringen ja schon eine ganze Weile, dass die Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden. Warum soll das eigentlich geschehen? Warum können die Leute dort nicht weiterarbeiten und bestimmte Bereiche sicherlich auch in den Kommunen und Ländern sichern?
Althaus: Der Kernbereich des Staates, des öffentlichen Handelns, muss immer neu bestimmt werden. Dazu gehört dann auch, dass Privatisierungen vorgenommen werden. Zum zweiten haben wir in den letzten Jahrzehnten gemerkt, dass der Staat immer mehr eigene Kosten verursacht und dadurch immer weniger in der Lage ist, die notwendigen Investitionen, die notwendigen Unterstützungen zu leisten, um Wirtschaftswachstum, um Bildung, um Forschung, um Technologie ausreichend voranzubringen. Die Staatsverschuldung ist gigantisch. Das gilt nicht nur für den Bund, sondern auch für viele Länder, so auch für Thüringen. Deshalb kommen wir an dieser Einsparung gar nicht vorbei. Sie ist zwingend und sie ist auch ein Signal in die Gesellschaft hinein, dass wir wieder mehr arbeiten müssen für möglicherweise das gleiche Geld.
Thoma: Wir haben schon darüber gesprochen, dass in Ostdeutschland die Situation besonders ist. Das liegt auch daran, dass viele junge Arbeitskräfte eben abwandern. Da gibt es ja nun diese neue Initiative von Minister Tiefensee, der für den Aufbau Ost zuständig ist, gestern vorgestellt in Magdeburg mit der so genannten Heimatschachtel. Pralinen, Freikarten fürs Theater, Ostprodukte, Gutscheine und ein Online-Abkommen für die Zeitungen sollen dann die Leute wieder zurückholen. Ist das möglicherweise auch ein Modell für Thüringen?
Althaus: An die Heimat erinnern ist sicher richtig, aber die Menschen bleiben dann hier oder kommen dann zurück, wenn sie Arbeitsplätze haben, und hier wäre eigentlich die Aufgabe von Herrn Tiefensee, durch seine Arbeit dazu beizutragen, dass die ordnungspolitischen Regeln in Deutschland sich so verändern, dass Wirtschaftswachstum gerade auch in den neuen Ländern wieder zu mehr Arbeitsplätzen führt. Dann kommen die Menschen auch zurück in ihre angestammte Heimat. Ich kann also in dieser Aktion keine besondere Aufgabe für einen Bundesminister sehen.
Thoma: Im Deutschlandfunk ein Gespräch mit Dieter Althaus, dem Ministerpräsidenten von Thüringen. Schönen Dank für das Gespräch!
Althaus: Schönen Dank!