Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Altmaier: Umweltschutz und Arbeitsplätze gleich wichtig

Deutschland könne sich Umweltschutz und Energiewende nur leisten, wenn es auch eine florierende Wirtschaft habe, betont Bundesumweltminister Peter Altmaier. Stromversorgung solle erst bis 2050 auf erneuerbare Energien umgestellt werden.

Peter Altmaier im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann | 31.10.2013
    Dirk-Oliver Heckmann: Gestern, da stand ja das Thema Europa im Zentrum der Koalitionsverhandlungen. Heute steht ein anderes Thema auf der Tagesordnung, nämlich die zukünftige Energiepolitik, und da hat NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die die Arbeitsgruppe gemeinsam mit Umweltminister Altmaier leitet, ja in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt mit ihrem Hinweis darauf, dass man doch auf Arbeitsplätze achten solle und auf den Strompreis. Und sie hat eine Debatte darüber ausgelöst, ob die sich abzeichnende Große Koalition bei der Energiewende jetzt auf die Bremse steigen wird oder nicht. Am Telefon ist jetzt Peter Altmaier, der geschäftsführende Bundesumweltminister von der CDU. Guten Morgen, Herr Altmaier!

    Peter Altmaier: Guten Morgen, Herr Heckmann.

    Heckmann: Steigen Sie bei der Energiewende jetzt gemeinsam mit der SPD auf die Bremse?

    Altmaier: Nein! Wir wollen die Energiewende so ordnen, dass sie für die nächsten zehn, 15 Jahre berechenbar und verlässlich wird für alle Beteiligten, dass sie bezahlbar bleibt. Die Große Koalition muss große Herausforderungen angehen. Und wir alle haben gesehen in den letzten zwei, drei, vier Jahren, dass die Energiewende sich anders entwickelt hat, als es die Experten vorhergesagt haben. Sie ist teurer geworden, es sind mehr Probleme entstanden. Und wir müssen nun dafür sorgen, dass für alle Beteiligten ein Entwicklungspfad festgelegt wird, wo sie wissen, woran sie sind und wie wir die Schritte bis zum Erfolg und bis zur endgültigen Umsetzung der Energiewende gehen.

    Heckmann: Das heißt auf Deutsch gesagt, Sie treten auf die Bremse bei der Energiewende?

    Altmaier: Nein, das heißt es nicht. Wir haben uns vorgenommen, bis zum Jahre 2050 die Energieversorgung auf erneuerbare Energien im Wesentlichen umzustellen. Dabei soll es nach meiner Vorstellung bleiben. Ich glaube, Frau Kraft sieht das ganz genauso, und da gibt es auch keine Unterschiede zwischen den künftigen Koalitionspartnern. Die Frage ist nur, in welchen Schritten wir diesen Weg erreichen. Bei Bündnis 90/Die Grünen ist gesagt worden, wir können das schon 2030 erreichen. Wir glauben, dass man sich dafür wie vorgesehen die Zeit nehmen muss. Wir wollen weniger CO2, wir wollen mehr erneuerbare Energien, wir wollen aber auch Arbeitsplätze in Deutschland halten. Denn Umweltschutz und Energiewende können wir uns nur leisten, wenn wir auch eine wachsende und eine florierende Wirtschaft haben.

    Heckmann: Das hat Hannelore Kraft ja auch gesagt, dem Sinn nach, nämlich der Erhalt von Arbeitsplätzen sei ja auch ein wichtiges Ziel, genauso wichtig wie die Energiewende. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin, auch von der SPD, hat gefordert, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu drosseln, die Betreiber fossiler Kraftwerke stärker zu fördern und mehr Betriebe von der Ökostromumlage zu befreien. Das Ganze hört sich doch danach an, dass Klimaschutz und Energiewende zurückzutreten haben, nach einer Rolle rückwärts.

    Altmaier: Nun, wir haben heute die erste Sitzung unserer gemeinsamen Arbeitsgruppe. Ich habe aus den Gesprächen mit Frau Kraft, mit den Beteiligten der SPD in den letzten Wochen den Eindruck bekommen, dass es die Bereitschaft gibt, in diesem wichtigen Feld der Energiepolitik eine Lösung zu finden, die dem Umweltschutz, den erneuerbaren Energien und den Arbeitsplätzen gleichermaßen dient. Das ist nicht einfach, die Interessengegensätze gehen im Übrigen nicht zwischen SPD und CDU, sondern die sind regional und nach Interessen unterschiedlich quer über alle Parteigrenzen hinweg. Und das gibt uns die Chance, gemeinsam mit Frau Kraft, gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der SPD und der Union eine Lösung zu finden, die auch den Bundesrat passiert und dann dazu führt, dass wir Verlässlichkeit haben.

    Heckmann: Die Frage ist ja, Herr Altmaier, wie der Strompreis denn gestoppt werden kann. Sollen die garantierten Vergütungen für erneuerbare Energien gekappt werden?

    Altmaier: Lassen Sie mich zunächst mal sagen, dass es ja möglich ist, etwas positiv zu verändern. Wir haben vor einem Jahr die Reform der Fotovoltaik durch den Bundesrat gemeinsam gebracht. Damals wurden die Vergütungssätze reduziert. Trotzdem haben wir auch in diesem Jahr noch einen Ausbau von 3700 Megawatt, das ist so viel wie drei große Kraftwerke von der Kapazität her, und er verursacht aber kaum noch Kosten für die Stromkunden. Und deshalb: Es muss natürlich das Prinzip gelten, dass die erneuerbaren Energien so günstig wie möglich ausgebaut werden müssen und nicht koste es, was es wolle. Niemand zahlt freiwillig mehr für eine Leistung als unbedingt erforderlich. Das ist das Prinzip der Marktwirtschaft. Und deshalb wollen wir auch bei den erneuerbaren Energien die marktwirtschaftlichen Prinzipien besser zur Geltung bringen.

    Heckmann: Das heißt, Sie wollen da noch mal ran, an diese garantierten Vergütungen?

    Altmaier: Ja, aber so, dass die Energiewende insgesamt als Projekt nicht infrage gestellt wird, sondern dass sie sogar erfolgreicher wird, als sie es anders wäre. Die Energiewende wird von anderen Ländern in Asien, in Afrika, in Amerika nur übernommen werden, wenn sie bezahlbar ist, wenn diese Länder sie sich leisten können. Und deshalb müssen wir zeigen, dass erneuerbarer Strom zu markt- und wettbewerbsfähigen Preisen in den nächsten Jahren produziert werden kann.

    Heckmann: Zum Schluss noch, Herr Altmaier: Energiekonzerne wie RWE warnen vor europaweiten Blackouts. Grund ist, dass der Betrieb von Kohlekraftwerken sich nicht mehr lohne. Besteht diese Gefahr, wie groß ist diese Gefahr, oder ist die übertrieben?

    Altmaier: Wir haben jedenfalls dafür gesorgt, bereits in der letzten Bundesregierung, dass kein Kraftwerk abgeschaltet werden darf, das für die Versorgungssicherheit notwendig ist. Wir haben in den letzten drei Wintern es gemeinsam mit den Versorgern, mit den Netzgesellschaften geschafft, die Versorgungssicherheit aufrecht zu halten. Unser Ziel ist, dass das auch in Zukunft so bleibt.

    Heckmann: Der geschäftsführende Bundesumweltminister Peter Altmaier war das hier im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.