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Altmaiers Atomanlauf

Es ist eine unendliche Geschichte: die Suche nach dem "richtigen" Atommüll-Endlager. Gorleben galt zwar nicht als unbedingt geeignet, aber ausgemacht. Nach Norbert Röttgen beißt sich jetzt Peter Altmaier als Bundesumweltminister die Zähne an dem Thema aus - mit einem Kompromissvorschlag.

Von Gerhard Schröder | 18.10.2012
    Gorleben bleibt im Rennen, wird aber vorerst nicht weiter erkundet. Das ist der Kern des Gesetzentwurfs, mit dem Bundesumweltminister Peter Altmaier die Suche nach einem Atommüllendlager aus der Sackgasse führen will. Altmaier hat den Entwurf und einen Konsensvorschlag zum Umgang mit dem Salzstock Gorleben, der seit 35 Jahren erforscht wird, gestern Nachmittag an Bundesregierung, Parlamentarier, Parteien und Bundesländer verschickt. Er hofft, damit die festgefahrenen Gespräche über die Endlagersuche neu beleben zu können. "Ich biete an, Gespräche zu den gegebenenfalls verbliebenen Dissenspunkten ab sofort in jedem gewünschten Format zu führen", versichert Altmaier in seinem Anschreiben. Ein Angebot, das sich vor allem an SPD und Grüne richtet, die sich bislang allerdings noch nicht zu dem Entwurf geäußert haben.

    Man könne keinen Standort im Vorfeld ausschließen, auch nicht das niedersächsische Gorleben, hatte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast gestern vor der Verschickung des Entwurfs als Leitlinien für die Suche formuliert. Es dürfe aber auch keine faktische Festlegung auf Gorleben geben.

    Genau dafür sehen Gorleben-Kritiker wie Jochen Stay von der Bürgerinitiative Ausgestrahlt allerdings Hinweise. Der Kriterienkatalog für ein künftiges Endlager sei klar auf Gorleben zugeschnitten, sagte er gegenüber dem Deutschlandfunk.

    "Der größte geologische Schwachpunkt in Gorleben, nämlich das Fehlen eines wasserundurchlässigen Deckgebirges, das ist in dieser Kriterienliste einfach nicht drin. Das, was Gorleben eigentlich ausschließt nach Meinung aller Experten, das wird jetzt einfach als Kriterium für ein Endlager nicht mehr angenommen. Und damit könnte der Salzstock Gorleben am Ende doch noch ausgewählt werden."

    Für die weitere Suche werden noch einmal zwei Milliarden Euro veranschlagt, die überwiegend von den Atomkonzernen bezahlt werden sollen. Gorleben, für dessen Erkundung bereits 1,6 Milliarden Euro ausgegeben wurden, soll dabei nicht bevorzugt werden, heißt es ausdrücklich in dem Entwurf. Sollte Gorleben am Ende noch im Rennen sein, müsse mindestens ein weiterer Standort unter Tage geprüft werden. Auch das eine Formulierung, die Kritikern wie Jochen Stay zu weich ist:

    "Und wenn das zum Beispiel ein Tonstandort ist, dann vergleicht man am Ende Äpfel mit Birnen. Und eine Forderung war ja, dass auf jeden Fall noch ein zweiter Salzstandort erkundet werden muss, damit überhaupt ein wirklicher Vergleich möglich ist."

    Umstritten ist auch, wie die weitere Suche organisieren soll. Altmaier will das Bundesamt für Strahlenschutz damit beauftragen. Ein neu zu errichtendes Bundesamt für kerntechnische Sicherheit soll die Suche überwachen und die ausgewählte Endlagerstätte prüfen und gegebenenfalls zulassen.

    ""Ich bin weiterhin überzeugt, dass auf Grundlage des bisher Besprochenen eine Einigung möglich ist","

    versichert Altmaier. Im November 20121 hatten Bund und Länder beschlossen, die Suche neu zu starten, ohne Vorbedingungen. Jetzt allerdings läuft den Akteuren die Zeit davon. Der Landtagswahlkampf in Niedersachsen wirft seine Schatten voraus. Im Januar wird dort ein neues Parlament gewählt. Grüne und SPD in Niedersachsen fordern, Gorleben von vornherein als Standort auszuschließen.