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Am Mittwoch startet Teil Drei der Erfolgsserie "Heimat" in der ARD

Meurer: Die Heimat Hunsrück - das ist eine bergige Landschaft zwischen Trier und Koblenz in Rheinland-Pfalz und morgen startet nun der dritte Teil der Erfolgsserie "Heimat" von Edgar Reitz in der ARD. Der Hunsrück ist auch die Heimat von Eva Maria Schneider, sie hat damals auch mitgespielt und begleitet inzwischen Bustouren zu den Originaldrehorten. Guten Morgen Frau Schneider.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Schneider: Guten Morgen Herr Meurer.

    Meurer: Sie haben die Marie-Goot gespielt, Goot ist im Hunsrück die Patentante. Was war das für eine Rolle?

    Schneider: Es war eine wunderschöne Rolle. Ich durfte ein bisschen neugierig sein, mich in alles reinhängen, immer dabei sein und das hat mir sehr gut gefallen.

    Meurer: Wie hat das funktioniert damals als Laienschauspielerin mit den Profis?

    Schneider: Es hat erstaunlich gut geklappt. Edgar Reitz hatte das Talent, jedem einzelnen das Gefühl zu geben, dass er für die ganze Sache sehr wichtig ist und die Profis haben uns anerkannt und haben gemerkt, dass wir auch was können, dass wir gar nicht so ungeschickt sind. Das Zusammenleben war sehr locker und sehr schön und friedlich vor allen Dingen. Man konnte sich ja eine Menge abgucken bei denen.

    Meurer: Bei "Heimat" drei spielen Sie jetzt nicht mit, weil Sie gestorben sind in Heimat zwei.

    Schneider: Ich liege seit 1972 schon im Grab. Mein Grab ist bei der Nunkirche in Sargenroth und auch bei der Beerdigung von Anton ist der Grabstein gut zu sehen und die Leute, die mit den Bussen fahren, die ich dahin begleite, die haben immer Freude, denn es kommt relativ selten vor, dass sie jemand am eigenen Grabstein fotografieren können.

    Meurer: Den Grabstein gibt es wirklich?

    Schneider: Den gibt es, das Familiengrab der Familie Simon.

    Meurer: Der steht aber auf keinem Friedhof.

    Schneider: Der steht auf einem Friedhof bei der Nunkirche in Sargenroth im Hunsrück.

    Meurer: Das hat die Kirche damals zugelassen, dass es sozusagen einen Pseudograbstein gibt?

    Schneider: Das ist ein Pseudograbstein. Es stehen mehrere Grabsteine da von der ganzen Familie eigentlich. Die sind alle gekennzeichnet mit einem kleinen weißen Schild. Da steht drauf: Dieses Grabstein ist eine Attrappe der Edgar-Reitz-Filmgesellschaft. Wie lange sie noch stehen, weiß ich nicht. Ich hoffe, dass es noch eine Zeit lang von der Ortsgemeinde geduldet wird, dass sie sie da noch sehen lassen.

    Meurer: Nun ist "Heimat" eins schon 20 Jahre her. Damals gab es viel Wirbel. Gibt es tatsächlich immer noch Busreisen zu den Drehorten?

    Schneider: Es gibt immer noch Anfragen und Busreisen. Die Busreisen sind auch immer noch ausgebucht, denn "Heimat" war eine Sache, die viele Leute angesprochen hat und Schabbach, dieser fiktive Ort - Edgar Reitz sagt: "Schabbach ist nirgends." und auch: "Wer in den Hunsrück kommt, wird über 300 Dörfer finden und keines davon heißt Schabbach." Ich sage: "Wer im Hunsrück sucht, wird viele Dörfer finden und die alle zusammen sind Schabbach." Der Ortseingang ist in Meißbonn, die Innenaufnahmen von Simon Haus waren in Rohrbach, die Gehlweiler Schmiede, das war die Außenansicht, das Gebäude von außen, die Schmiede, Stall und Scheune, der Hof und in Woppenroth, das sich jetzt Schabbach nennt, da war der Hauptdrehort mit dem Dorfplatz mit dem Wiegand-Haus, mit der Kirche und mit verschiedenen alten behäbigen Häusern, zum Teil war es auch vorgesetztes Fachwerk. Dann war noch damals der Friedhof in Griebelschied mit der Fabrik von Anton Simon. Da hatte man den Blick über den Friedhof zu der Fabrik und mittlerweile gehört noch Riesweiler dazu für die dritte Heimat und auch die Andenfelder Mühle. Das alles zusammen ist Schabbach.

    Meurer: Wie erklären Sie sich, dass sich Touristen aus ganz Deutschland für so kleine Dörfer im Hunsrück interessieren?

    Schneider: Die Touristen kommen nicht nur aus ganz Deutschland, die kommen auch aus der Schweiz, aus Belgien, Frankreich und die Niederlande sind sehr stark vertreten. Wir haben auch sehr viele Touristen aus den nordischen Ländern. Ich weiß es nicht. Ich denke, es war der richtige Film zur richtigen Zeit und er hat in jedem irgendeine Seite angeschlagen, die noch lange nachklingt, die bis nach 20 Jahren noch nachklingt. Vielleicht ist es die Verfremdung unserer Zeit, dass man mehr nach den Wurzeln sucht und vielleicht versucht zu finden, woher man eigentlich selber kommt.

    Meurer: Wie stolz sind die Hunsrücker auf ihre Heimat?

    Schneider: Die Hunsrücker sind im großen und ganzen sehr bescheiden und denken, was vom Hunsrück kommt, das kann nicht viel sein. Man hat versucht, den Dialekt zu unterdrücken und dann kam auf einmal ein Mann wie Edgar Reitz und hat den Hunsrück in den Mittelpunkt gerückt, hat den Hunsrücker Dialekt ins Fernsehen gebracht und dann kamen Leute und wollten sehen, wie es da ist, wo die kleinen Leute leben und wie die kleinen Dörfchen sind.

    Meurer: Wieso wurde der Dialekt unterdrückt vorher?

    Schneider: Man hat sich geschämt, weil man vom Hunsrück war und fand den gar nicht schön. Da hat man lieber Hochdeutsch gesprochen als seinen Hunsrücker Dialekt. Dann kamen die Leute und haben das sehen wollen, da war man ja doch ein bisschen stolz und hat für sich selbst auch die Heimat ein bisschen aufgewertet.

    Meurer: Wie gut können Sie den Hunsrücker Dialekt, Frau Schneider?

    Schneider: Ganz gut, ich schwätze ja jeden Tag Platt. Wenn ich einkaufen gehe und da mit irgendjemand auf der Straße stehe, dann rede ich Platt und auch in unserer Theatergruppe spielen wir sehr viel im Dialekt, das wird immer gut angenommen. Wir spielen selbst englische Stücke teilweise im Dialekt, je nachdem wie es passt oder wie spielen sie auch ganz im Dialekt, dann werden sie eben in den Hunsrück verlegt. Das geht alles und wird gut angenommen und die Leute haben ihre Freude daran. Ich bin mal gefragt worden: "Wer hat Sie im Film synchronisiert?" Ich habe mich selbst synchronisiert. Das war eine Dame aus Oldenburg, die ja ein schönes Hochdeutsch sprechen.

    Meurer: Sie haben Heimat drei schon vorab gesehen, morgen startet die Serie in der ARD. Wie finden Sie den dritten Teil?

    Schneider: Ich bin begeistert. Er kommt dem Hunsrück wieder sehr nah und bringt auch die Familie mit all ihren Stärken und Schwächen und all ihren Querelen wieder wunderbar rüber.

    Meurer: Also mehr Hunsrück als im zweiten Teil?

    Schneider: Ja, der zweite Teil war ja die zweite Heimat, die Hermännchen gefunden hat und vom Hunsrück hat er sich ja nun bewusst abgesetzt, weil er mit dem Hunsrück nichts zu tun hatte und trotzdem eine ganz bombastische Sache war. Aber hier das spricht mehr an, weil der Hunsrück wieder mehr drin ist. Was mir auch sehr gut gefallen hat war, dass die neuen Bundesländer auch integriert sind und ich fand es wunderschön.

    Meurer: Das war Eva Maria Schneider. Sie hat bei "Heimat" eins und zwei mitgespielt als Marie-Goot und morgen startet in der ARD "Heimat" Teil drei von Edgar Reitz. Frau Schneider, besten Dank und auf Wiederhören.

    Schneider: Auf Wiederhören.