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Amazonen in Jena

Die Studentenverbindungen klagen über Nachwuchsmangel - die wenigsten Studierenden halten etwas von geschlossenen Gesellschaften mit strengen Regeln, dazu häufig noch im rechten politischen Lager angesiedelt. Die meisten Burschenschaften schließen Frauen nach wie vor aus, auch das trägt zum schlechten Image bei. Doch mehr und mehr Studentinnen gründen eigene Verbindungen, bei denen die Männer ausgeschlossen sind - wie zum Beispiel in Jena.

Von Claudia van Laak |
    Eine Amazone mit Speer und Schild, dazu ein Lorbeerkranz und 3 Lilien - das ist das Wappen der "akademischen Damenverbindung Amazonia", wie sich die neun Jenaer Studentinnen selber nennen.

    "Die Amazonen müssen viel Stärke beweisen, um sich zu beweisen und um sich zu etablieren, ich finde den Namen sehr gelungen."

    "Das Prinzip ist schön und es hat Zukunft."

    Tyra von Erichsen und Elisabeth Ränker tragen die Insignien, die auch ihre männlichen Pendants auszeichnet: ein bunt gestreiftes Band schräg über der Schulter und eine Mütze. Wenn, dann auch richtig, haben sich die Amazonen gesagt, als sie ihre Verbindung gründeten. Aufs Fechten allerdings wird verzichtet.

    "Einige Rituale der Männer passen nicht auf Damen, deshalb haben wir sie nicht übernommen."

    "Wir trinken keine Bierjungen oder führen uns auf, als ob wir keine Frauen mehr wären. Wir wollen sie nicht imitieren. Wir wollen unsere Zugehörigkeit zeigen und das akademische Prinzip vertreten. Wir möchten uns das Gute aus den männlichen Verbindungen ziehen".

    Ein akademischer Freundschaftsbund auf Lebenszeit, so bezeichnet Tyra von Erichsen die Amazonia. Mit strengen Regeln, die allerdings geheim gehalten werden. Nur soviel: Die Amazonen müssen sich damenhaft verhalten und dürfen nur - so wörtlich - noble Meinungen vertreten. Dazu gehört allerdings auch die Liebe zu Deutschland - erklärt Elisabeth Ränker, die Latein und Griechisch studiert.

    "In einer Verbindung wird man auf das Leben vorbereitet, erzogen zum akademischen Fleiß, zur Damenhaftigkeit, auch Traditionssinn, auch Liebe zum Studienort und zu Deutschland."

    Ein enger weißer Rock, eine Rüschenbluse, hochhackige Schuhe, eine Menge Make-up, die 21jährige Studentin wirkt älter als sie ist. Elisabeth Ränker ist Mitglied bei Amazonia geworden, um Ordnung in ihr Leben zu bringen.

    "Einerseits kann man sich im Freundeskreis nicht erziehen, in der Verbindung jedoch hat man die Satzung und die Regeln, an die man sich halten muss, das bereitet einen auf das Leben vor."

    Genau wie die männlich geprägten Burschenschaften haben auch die Amazonen eine ganz eigene Sprache, die andere ausschließt. Eine Fee ist zum Beispiel eine Amazone in der Probezeit. Sie bekommt Feenstunden und muss dann eine Prüfung ablegen, Themen sind zum Beispiel Uni- und Stadtgeschichte. All das wirkt anachronistisch, gleichzeitig sind die Mitglieder der weiblichen Studentenverbindung bei vielen Burschenschaftlern in Jena als Emanzen verschrien. Aline Petrich weiß warum:

    "Wir sind nicht da, um den Männern zu gefallen, oder denen zu Diensten zu sein, wir wollen als Damenverbindung ein geschlossener Kreis sein."

    "Ich denke mal, sie haben in gewisser Weise Angst vor uns."

    Gerade einmal neun Mitglieder haben Jenas Amazonen zur Zeit - die Nachwuchssuche gestaltet sich schwierig. Das mag auch daran liegen, dass die Frauen nicht das bieten können, was die männlichen Burschenschaften für einige attraktiv macht: ein eigenes Haus und Seilschaften, die nach dem Uni-Abschluss hilfreich für die Jobsuche sind.