Dirk-Oliver Heckmann: Dass der Luftraum über Europa stillgelegt wird, das hatte es zuletzt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gegeben. Dass aber auch eine Aschewolke dazu in der Lage sein sollte, das Wirtschaftsleben zum Teil lahmzulegen, das hätten wohl die wenigsten vermutet. Das Flugverbot fuße rein auf Computersimulation, es fehle der Nachweis, dass Rußpartikel überhaupt in einer wesentlichen Konzentration in der Atmosphäre nachweisbar seien, klagten die Flugunternehmen, die sich mit dreistelligen Millionenverlusten pro Tag konfrontiert sehen. Jetzt haben die EU-Verkehrsminister entschieden: der Luftraum über Europa wird ab acht Uhr zumindest teilweise wieder geöffnet. Am Telefon begrüße ich Joachim Hunold, er ist der Vorstandsvorsitzende von Air Berlin, der zweitgrößten Fluggesellschaft in Deutschland. Schönen guten Morgen.
Joachim Hunold: Guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Hunold, die Deutsche Flugsicherung hat das Flugverbot dennoch bis 14 Uhr verlängert, trotz der Entscheidung in Brüssel. Was halten Sie von dieser Entscheidung?
Hunold: Hier sollen noch die Messergebnisse weiter ausgewertet werden. Wir sind jetzt in einem ständigen Dialog mit dem Bundesverkehrsministerium und der DFS. Insofern warten wir die Ergebnisse ab, gehen aber davon aus, dass wie auch bei den anderen europäischen Ländern wir zu einem Normalbetrieb im Laufe des Tages zurückgehen werden.
Heckmann: Das heißt, Sie erwarten, dass der Flugraum in Deutschland jetzt schnell geöffnet wird?
Hunold: Wir gehen davon aus, dass das im Laufe des Tages passieren wird. Er ist ja schon geöffnet worden unter bestimmten Bedingungen, nämlich unter controlled VFR-Bedingungen, wie wir das nennen, das heißt ein kontrollierter Sichtflug zumindest im An- und Abflugverfahren. Hierzu hat die Deutsche Flugsicherung spezielle Verfahren jetzt in dem Übergangszeitraum entwickelt, so dass die Sicherheit jederzeit gegeben ist.
Heckmann: Da gibt es dann entsprechende Sondergenehmigungen für solche Flüge. Wie gehen Sie denn jetzt vor von Air Berlin? Welche Flüge finden jetzt statt?
Hunold: Wir haben heute Morgen unser ganz normales Flugprogramm gestartet. An der einen oder anderen Stelle haben wir einen Flug gestrichen, weil eben keine Passagiere da waren. Das muss ja auch erst mal wieder über die Medien kommuniziert werden, dass der Flugbetrieb normal läuft. Ich habe gerade das Bild vor mir. Mit geringfügigen Verspätungen sind heute Morgen alle Flüge rausgegangen.
Heckmann: Wenn es sich weiterhin so normalisieren sollte, Herr Hunold, wie lange dürfte es dann dauern, bis die gestrandeten Urlauber wieder zu Hause sein werden?
Hunold: Wir haben gestern schon 104 Flüge durchgeführt und in einer großen Aktion bereits 15.000 Passagiere zurückgeholt. Ich gehe mal davon aus, dass das in den nächsten zwei bis drei Tagen dann der Fall sein wird, dass alle Passagiere wieder da sind und wir zu einem relativ normalen Flugbetrieb zurückgekehrt sind.
Heckmann: Von dreistelligen Millionenverlusten war an den vergangenen Tagen die Rede, und zwar pro Tag für die Fluggesellschaften. Wie groß ist der Schaden für Air Berlin bisher gewesen?
Hunold: Wir haben unsere ganze Arbeitskraft erst mal darauf konzentriert, dass wir jetzt hier den Flugbetrieb in die Reihe bekommen. Unser Finanzdepartement arbeitet daran, die Kosten zusammenzutragen. Wir wollen eigentlich nicht hier eine Schätzung machen, sondern wollen konkrete Zahlen haben, und dann werden wir das auch kommunizieren.
Heckmann: Dann kommen wir mal zum Krisenmanagement der Politik, speziell zum Krisenmanagement des Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Welche Note würden Sie diesem Krisenmanagement geben?
Hunold: Man muss hier vielleicht doch ein bisschen relativieren. Es ist eine Situation, die es in der Form bisher noch nicht gegeben hat. Was wir kritisiert haben ist, dass die Schließungen ausschließlich auf Computersimulationen beruhten, und die Einschätzung der Winde und wie stark die Wolke ist und wo sie sich befindet, das konnte ja überhaupt nicht verifiziert werden.
Heckmann: Dem widerspricht der Bundesverkehrsminister. Er sagt, dass es Messungen gegeben habe und Ergebnisse, die dann auch in die Entscheidungen eingeflossen seien.
Hunold: Das ist ja selbst von der DFS nicht bestätigt worden, sondern erste wirklich relevante Erkenntnisse hat der Messflug gebracht, der gestern durchgeführt worden ist. Entscheidend aber ist auch, inwiefern diese Aerosolkonzentration überhaupt relevant ist für den Flugverkehr. Wir haben in der Luftfahrtbranche gewisse Prozeduren für solche Fälle. Das heißt, wenn wir Aschekonzentrationen haben, die sichtbar sind, gibt es Verfahren, wie die Piloten sich zu verhalten haben. Das gleiche ist, wenn wir sagen wir mal einen Saharasturm haben, wo also auch Sand in die Triebwerke kommt. Gerade die Airlines am Golf, die ja tagtäglich damit konfrontiert sind, da gibt es verschiedene Wartungsverfahren und dieses Verfahren versuchen wir gerade auch mit dem Bundesverkehrsministerium und der Deutschen Flugsicherung zu entwickeln, oder wir haben es bereits entwickelt und das wird auch Grundlage sein für die Lockerung des Flugverkehrs.
Heckmann: Aber gerade gestern, Herr Hunold, sind Glaspartikel in den Triebwerken von F16-Militärflugzeugen festgestellt worden, Rückstände aus der Aschewolke also, und Sie gehen davon aus, dass keine Gefahr für Flugzeuge besteht?
Hunold: Sie müssen immer wieder Meldungen, die in die Welt gesetzt werden, relativieren. Hier ist bewusst durch eine Aschewolke geflogen worden, um festzustellen, welche Auswirkungen das hat. Das ist aber eine sichtbare Aschewolke. Das ist auch vom BMV bestätigt worden. Hier sprechen wir aber von einer Ausbreitung der Aerosolkonzentration, wie sie nicht vergleichbar mit dem F16-Flieger ist.
Heckmann: Derzeit finden Flüge statt, Sie haben es gerade eben schon gesagt, und zwar auf Sicht. Das hört sich allerdings nicht nach größtmöglicher Sicherheit an, oder?
Hunold: Das ist nicht Sicht, sondern das ist ein kontrollierter Sichtflug, und hier hat die DFS das Verfahren so eingeschränkt, dass es praktisch adäquat zu einem Instrumentenflug ist.
Heckmann: Würden Sie sich dafür aussprechen, jetzt das Nachtflugverbot mittelfristig aufzuheben?
Hunold: Wir sprechen hier von einer Übergangszeit. Das ist erforderlich, damit wir überhaupt in den normalen Flugbetrieb kommen, denn an erster Stelle stehen die Passagiere, die weltweit gestrandet sind, und die müssen wir zurückholen. Das können wir nur, indem wir zusätzliche Umläufe machen, und das geht eben nur in der Nacht.
Heckmann: Wie sieht es aus mit dem Thema Wirtschaftshilfen? Wirtschaftsminister Brüderle von der FDP hat ja gestern entsprechende Hilfen ins Spiel gebracht, dann wieder einen kleinen Rückzieher gemacht. Wie ist das zu bewerten aus Ihrer Sicht? Denken Sie darüber nach, derartige Anträge zu stellen?
Hunold: Wenn wir zum Normalbetrieb zurückgekommen sind, werden wir sicherlich ein Fazit ziehen und dann gucken, ob wir nicht hier eine vergleichbare Situation haben mit den Terroranschlägen vom September 2001.
Heckmann: Und dann werden Sie entscheiden?
Hunold: Dann werden wir entscheiden, ob das die gleiche Sachlage ist. Tatsache ist, dass wir natürlich riesige Verluste erleiden.
Heckmann: Letzte Frage an Sie, Herr Hunold. Würden Sie sich dafür aussprechen, das Thema Flugverbotszoneneinrichtung in Zukunft europaweit zu regeln?
Hunold: Es muss mit Sicherheit nach den Erfahrungen der letzten Tage hier eine kontrollierte europaübergreifende Koordination geben. Die hat es in der Form hier nicht gegeben. Es ist mit Sicherheit auch zu sehen, dass wir für solche Fälle nicht erst warten müssen, bis zufällig ein Messflugzeug in Deutschland ist, denn das war der Fall, dass durch Eigeninitiative das relativ schnell aufgerüstet worden ist, was normalerweise Wochen dauert, um hier eine ständige Überwachung zu haben, wenn vermeintliche Risiken in der Luft sein sollten.
Heckmann: Der Vorstandsvorsitzende von Air Berlin, Joachim Hunold, war das hier im Deutschlandfunk. Herr Hunold, besten Dank für das Gespräch.
Hunold: Ich bedanke mich.
Joachim Hunold: Guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Hunold, die Deutsche Flugsicherung hat das Flugverbot dennoch bis 14 Uhr verlängert, trotz der Entscheidung in Brüssel. Was halten Sie von dieser Entscheidung?
Hunold: Hier sollen noch die Messergebnisse weiter ausgewertet werden. Wir sind jetzt in einem ständigen Dialog mit dem Bundesverkehrsministerium und der DFS. Insofern warten wir die Ergebnisse ab, gehen aber davon aus, dass wie auch bei den anderen europäischen Ländern wir zu einem Normalbetrieb im Laufe des Tages zurückgehen werden.
Heckmann: Das heißt, Sie erwarten, dass der Flugraum in Deutschland jetzt schnell geöffnet wird?
Hunold: Wir gehen davon aus, dass das im Laufe des Tages passieren wird. Er ist ja schon geöffnet worden unter bestimmten Bedingungen, nämlich unter controlled VFR-Bedingungen, wie wir das nennen, das heißt ein kontrollierter Sichtflug zumindest im An- und Abflugverfahren. Hierzu hat die Deutsche Flugsicherung spezielle Verfahren jetzt in dem Übergangszeitraum entwickelt, so dass die Sicherheit jederzeit gegeben ist.
Heckmann: Da gibt es dann entsprechende Sondergenehmigungen für solche Flüge. Wie gehen Sie denn jetzt vor von Air Berlin? Welche Flüge finden jetzt statt?
Hunold: Wir haben heute Morgen unser ganz normales Flugprogramm gestartet. An der einen oder anderen Stelle haben wir einen Flug gestrichen, weil eben keine Passagiere da waren. Das muss ja auch erst mal wieder über die Medien kommuniziert werden, dass der Flugbetrieb normal läuft. Ich habe gerade das Bild vor mir. Mit geringfügigen Verspätungen sind heute Morgen alle Flüge rausgegangen.
Heckmann: Wenn es sich weiterhin so normalisieren sollte, Herr Hunold, wie lange dürfte es dann dauern, bis die gestrandeten Urlauber wieder zu Hause sein werden?
Hunold: Wir haben gestern schon 104 Flüge durchgeführt und in einer großen Aktion bereits 15.000 Passagiere zurückgeholt. Ich gehe mal davon aus, dass das in den nächsten zwei bis drei Tagen dann der Fall sein wird, dass alle Passagiere wieder da sind und wir zu einem relativ normalen Flugbetrieb zurückgekehrt sind.
Heckmann: Von dreistelligen Millionenverlusten war an den vergangenen Tagen die Rede, und zwar pro Tag für die Fluggesellschaften. Wie groß ist der Schaden für Air Berlin bisher gewesen?
Hunold: Wir haben unsere ganze Arbeitskraft erst mal darauf konzentriert, dass wir jetzt hier den Flugbetrieb in die Reihe bekommen. Unser Finanzdepartement arbeitet daran, die Kosten zusammenzutragen. Wir wollen eigentlich nicht hier eine Schätzung machen, sondern wollen konkrete Zahlen haben, und dann werden wir das auch kommunizieren.
Heckmann: Dann kommen wir mal zum Krisenmanagement der Politik, speziell zum Krisenmanagement des Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Welche Note würden Sie diesem Krisenmanagement geben?
Hunold: Man muss hier vielleicht doch ein bisschen relativieren. Es ist eine Situation, die es in der Form bisher noch nicht gegeben hat. Was wir kritisiert haben ist, dass die Schließungen ausschließlich auf Computersimulationen beruhten, und die Einschätzung der Winde und wie stark die Wolke ist und wo sie sich befindet, das konnte ja überhaupt nicht verifiziert werden.
Heckmann: Dem widerspricht der Bundesverkehrsminister. Er sagt, dass es Messungen gegeben habe und Ergebnisse, die dann auch in die Entscheidungen eingeflossen seien.
Hunold: Das ist ja selbst von der DFS nicht bestätigt worden, sondern erste wirklich relevante Erkenntnisse hat der Messflug gebracht, der gestern durchgeführt worden ist. Entscheidend aber ist auch, inwiefern diese Aerosolkonzentration überhaupt relevant ist für den Flugverkehr. Wir haben in der Luftfahrtbranche gewisse Prozeduren für solche Fälle. Das heißt, wenn wir Aschekonzentrationen haben, die sichtbar sind, gibt es Verfahren, wie die Piloten sich zu verhalten haben. Das gleiche ist, wenn wir sagen wir mal einen Saharasturm haben, wo also auch Sand in die Triebwerke kommt. Gerade die Airlines am Golf, die ja tagtäglich damit konfrontiert sind, da gibt es verschiedene Wartungsverfahren und dieses Verfahren versuchen wir gerade auch mit dem Bundesverkehrsministerium und der Deutschen Flugsicherung zu entwickeln, oder wir haben es bereits entwickelt und das wird auch Grundlage sein für die Lockerung des Flugverkehrs.
Heckmann: Aber gerade gestern, Herr Hunold, sind Glaspartikel in den Triebwerken von F16-Militärflugzeugen festgestellt worden, Rückstände aus der Aschewolke also, und Sie gehen davon aus, dass keine Gefahr für Flugzeuge besteht?
Hunold: Sie müssen immer wieder Meldungen, die in die Welt gesetzt werden, relativieren. Hier ist bewusst durch eine Aschewolke geflogen worden, um festzustellen, welche Auswirkungen das hat. Das ist aber eine sichtbare Aschewolke. Das ist auch vom BMV bestätigt worden. Hier sprechen wir aber von einer Ausbreitung der Aerosolkonzentration, wie sie nicht vergleichbar mit dem F16-Flieger ist.
Heckmann: Derzeit finden Flüge statt, Sie haben es gerade eben schon gesagt, und zwar auf Sicht. Das hört sich allerdings nicht nach größtmöglicher Sicherheit an, oder?
Hunold: Das ist nicht Sicht, sondern das ist ein kontrollierter Sichtflug, und hier hat die DFS das Verfahren so eingeschränkt, dass es praktisch adäquat zu einem Instrumentenflug ist.
Heckmann: Würden Sie sich dafür aussprechen, jetzt das Nachtflugverbot mittelfristig aufzuheben?
Hunold: Wir sprechen hier von einer Übergangszeit. Das ist erforderlich, damit wir überhaupt in den normalen Flugbetrieb kommen, denn an erster Stelle stehen die Passagiere, die weltweit gestrandet sind, und die müssen wir zurückholen. Das können wir nur, indem wir zusätzliche Umläufe machen, und das geht eben nur in der Nacht.
Heckmann: Wie sieht es aus mit dem Thema Wirtschaftshilfen? Wirtschaftsminister Brüderle von der FDP hat ja gestern entsprechende Hilfen ins Spiel gebracht, dann wieder einen kleinen Rückzieher gemacht. Wie ist das zu bewerten aus Ihrer Sicht? Denken Sie darüber nach, derartige Anträge zu stellen?
Hunold: Wenn wir zum Normalbetrieb zurückgekommen sind, werden wir sicherlich ein Fazit ziehen und dann gucken, ob wir nicht hier eine vergleichbare Situation haben mit den Terroranschlägen vom September 2001.
Heckmann: Und dann werden Sie entscheiden?
Hunold: Dann werden wir entscheiden, ob das die gleiche Sachlage ist. Tatsache ist, dass wir natürlich riesige Verluste erleiden.
Heckmann: Letzte Frage an Sie, Herr Hunold. Würden Sie sich dafür aussprechen, das Thema Flugverbotszoneneinrichtung in Zukunft europaweit zu regeln?
Hunold: Es muss mit Sicherheit nach den Erfahrungen der letzten Tage hier eine kontrollierte europaübergreifende Koordination geben. Die hat es in der Form hier nicht gegeben. Es ist mit Sicherheit auch zu sehen, dass wir für solche Fälle nicht erst warten müssen, bis zufällig ein Messflugzeug in Deutschland ist, denn das war der Fall, dass durch Eigeninitiative das relativ schnell aufgerüstet worden ist, was normalerweise Wochen dauert, um hier eine ständige Überwachung zu haben, wenn vermeintliche Risiken in der Luft sein sollten.
Heckmann: Der Vorstandsvorsitzende von Air Berlin, Joachim Hunold, war das hier im Deutschlandfunk. Herr Hunold, besten Dank für das Gespräch.
Hunold: Ich bedanke mich.