Mittwoch, 24. April 2024

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Analyse der Bundesliga-Saison
"Schwierig für einen Traditionsclub, in 2. Liga zu spielen"

Die Saison in der Fußball-Bundesliga ist zu Ende. Der FC Bayern ist Meister, Schalke und Bremen steigen ab. Dazu war es die erste Saison, die unter Pandemie-Bedingungen ausgetragen wurde. Fußball-Trainer Peter Hyballa analysiert im Dlf die Spielzeit und blickt auf den Fußball in der Corona-Zeit.

Peter Hyballa im Gespräch mit Marina Schweizer | 22.05.2021
Fussball 1. Bundesliga Saison 2020/2021 34. Spieltag SV Werder Bremen - Borussia Moenchengladbach 15.05.2021 Niklas Moisander, Maximilian Eggestein und Davie Selke v.l., alle SV Werder Bremen *** Football 1 Bundesliga Season 2020 2021 34 Matchday SV Werder Bremen Borussia Moenchengladbach 15 05 2021 Niklas Moisander, Maximilian Eggestein and Davie Selke v l , all SV Werder Bremen.
Die Spieler von Werder Bremen trauen nach dem Bundesliga-Abstieg. (IMAGO / ULMER Pressebildagentur)
Die Saison 2020/21 der Fußball-Bundesliga ist Geschichte. An der Spitze gab es keine Überraschung: Der FC Bayern München ist zum neunten Mal in Folge Deutscher Meister geworden. Dramatisch wurde es im Tabellenkeller: Während der FC Schalke schon länger als erster Absteiger feststand, rettete sich der 1. FC Köln am letzten Spieltag in die Relegation und stürzte so Werder Bremen noch auf einen direkten Abstiegsplatz. Für die Bremer ist es der erste Abstieg nach 41 Jahren Bundesliga.
"Für einen Traditionsclub ist es immer schwierig, in der 2. Bundesliga zu spielen", sagte Experte Peter Hyballa im Dlf. "Die zweite Liga ist natürlich sehr viel anders als die Bundesliga: sehr athletisch, viele Standardsituationen, sehr physisch. Und Werder muss natürlich schauen, wie sie es machen wollen. Wollen sie jetzt das Portemonnaie richtig aufmachen und vom Namen her große Spieler holen? Oder gehen sie mit einem sehr dünnen Portemonnaie ins Rennen mit vielen Talenten? Dafür braucht es natürlich einen guten Trainer."
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Peter Hyballa als Trainer von Wisla Krakau. (IMAGO / Newspix)

Köln für Hyballa Favorit in der Relegation

Hyballa ist selbst Fußball-Trainer mit Erfahrung in verschiedenen Ligen. In der Bundesliga war er als Co-Trainer bei Bayer Leverkusen aktiv. Zuletzt trainierte er Wisla Krakau in Polen. Der 1. FC Köln geht für ihn als Favorit in die Relegationsspiele, in denen entweder der VfL Bochum, Holstein Kiel oder Greuther Fürth wartet. "Friedhelm Funkel hat einen gewissen Spirit reingebracht, der sehr gelassen ist. Er kennt diese Situation natürlich und ich glaube auch, dass die Spieler sich da ein bisschen anlehnen können."
Abstiegskandidat Nummer eins war vor der Saison eigentlich Aufsteiger Arminia Bielefeld. Die Arminia hat am letzten Spieltag durch einen Sieg in Stuttgart aber den direkten Klassenerhalt gefeiert. "Weil Bielefeld eine eingeschworene Truppe ist", so Hyballa. "Das Umfeld ist da relativ ruhig geblieben. Das ist eine ganz andere Situation als in Bremen oder Köln."
Ein Spieler im blauen Trikot liegt auf dem Rasen, neben ihm ein Fußball.
Der Niedergang des FC Schalke 04
Der FC Schalke 04 steigt in die Zweite Liga ab. Dabei hatte es 1958 so schön angefangen – mit dem Gewinn der Meisterschaft.
Am letzten Bundesliga-Spieltag ist zudem noch ein Rekord gefallen: Bayern Münchens Stürmer Robert Lewandowski hat gegen den FC Augsburg sein 41. Saisontor geschossen und damit den alten Rekord von Gerd Müller (40 Saisontore) gebrochen. Hyballa hat durch seine Arbeit in Polen mitbekommen, welchen Status Lewandowski im Land hat: "Er ist eine lebende Legende. Alle berichten andauernd über ihn. Er ist einfach unheimlich getrieben. Alles was er anpackt, ist hochprofessionell."

Hyballa sieht Flick als Bundestrainer

Im Fokus beim FC Bayern stand am letzten Spieltag auch Trainer Hansi Flick, der zum letzten Mal bei einem Spiel der Münchner an der Seitenlinie stand. Sieben Titel hat er in zwei Jahren gewonnen. Nun deutet vieles darauf hin, dass er der Nachfolger von Bundestrainer Joachim Löw wird. "Da würde ich jetzt mal ein paar Schokoriegel drauf wetten", sagte Hyballa, der Flick seit vielen Jahren kennt.
Diese Bundesliga-Saison war auch eine besondere, weil sie die erste Spielzeit der Geschichte war, die komplett unter Pandemie-Bedingungen ausgetragen wurde. Hyballa arbeitete noch in den Niederlanden, als das Virus ausbrach. "Wir haben immer gedacht: Ok, das dauert vielleicht zwei bis drei Wochen. Dann haben wir irgendwann angefangen, kontaktlos in Gruppen zu trainieren. Das war ein ganz anderes Trainer-Spieler-Verhältnis."
Auf der Tribüne in einem Fußballstadion sitzen statt echten Zuschauern Pappfiguren. 
Ohne Publikum verliert der Sport seinen Zauber
Wenn der Applaus aus der Konserve kommt und auf der Tribüne nur Pappkameraden sitzen: Für Nils Zurawski sind zuschauerfreie TV-Sportereignisse nur eine müde Simulation.
In den Stadien sei es jedoch "skurril" gewesen, so Hyballa. "Beim Aufwärmen war es immer ein bisschen wie ein Freundschaftsspiel und auch in den ersten zehn Minuten des Spiels. Ich glaube, dass die Trainerbänke auch die Rolle der Zuschauer übernommen haben. Das war vielleicht jetzt nicht immer so prickelnd, aber wir wollten Emotionen reinbringen. Aber mit gefühlten 37 Zuschauern ist das natürlich schwierig."

"Demut im Fußball kannst du vergessen"

Die Deutsche Fußball Liga DFL hatte zu Beginn der Corona-Krise mehr Demut im Fußball versprochen. Doch das sei laut Hyballa nicht möglich. "Demut im Fußball kannst du vergessen. Das ist ein ganz hartes Business. Für die Fans ist es immer noch ein sehr romantischer Sport und das ist auch gut so. Aber für uns, die im Fußball arbeiten, ist es einfach ein knallhartes Business. Demut und Fußball sind zwei Worte, die jetzt nicht gerade Nachbarn sind."