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"Anaphabeten haben Blockade Texte zu schreiben"

Analphabeten können über den Deutschen Hochschulverband Schreiben und Lesen lernen und das auch im Internet über das Portal ich-wil-lernen.de. Zum heutigen Weltalphabetisierungstag geht das Online-Netzwerk AlphaVZ an den Start. Angela Rustemeyer hat es mit aufgebaut..

Angela Rustmeyer im Gespräch mit Melanie Last | 08.09.2010
    Sprecherin: Herzlich Willkommen! Mein Name ist Simone. Ich begleite Sie bei Ihrem Eintritt ins Lernportal des Volkshochschulverbandes. Haben Sie bereits ein Passwort? Dann geben Sie es bitte unten in die Felder ein und klicken Sie dann mit der linken Maustaste auf "okay".

    Melanie Last: So werden Analphabeten begrüßt, wenn sie auf das Online-Lernportal ich-will-lernen.de gehen. In Deutschland können rund vier Millionen Menschen nicht lesen und schreiben. Der heutige Weltalphabetisierungstag will darauf aufmerksam und Betroffenen Mut machen. Lernt lesen und schreiben, zum Beispiel in Kursen an der Volkshochschule oder, wie eben gehört, im Internet. Der Deutsche Volkshochschulverband bietet ab jetzt ein Online-Netzwerk für Analphabeten an: AlphaVZ. Angela Rustemeyer, Sie haben AlphaVZ mit ins Leben gerufen. Wer kann oder darf denn in dieses Netzwerk?

    Angela Rustemeyer: Das AlphaVZ ist für Menschen, die im Portal ich-will-lernen.de, das Sie gerade vorgestellt haben, lernen und schon zu den fortgeschritteneren Lernern gehören. Im Lernportal gibt es Tutoren, die den Lernprozess begleiten und fördern, und diese Tutoren entscheiden dann auch, ob ein Lerner schon im AlphaVZ aktiv werden kann. Das hängt natürlich ein bisschen davon ab, wie weit jemand ist. Es reicht im Prinzip, einfache Texte schreiben zu können, aber das sollte man schon können, um das AlphaVZ, also das Sozialnetzwerk, auch gut nutzen zu können.

    Last: AlphaVZ ist also ein geschützter Raum für Analphabeten. Warum braucht es diesen geschützten Raum?

    Rustemeyer: Man muss sich vorstellen, dass sich in den Jahren der Frustration, die man immer wieder erlebt, wenn man nicht lesen und schreiben kann in einer Gesellschaft, die voll auf Lese- und Schreibkenntnisse ausgerichtet ist, dass sich da Blockaden ergeben, die zunächst mal verbieten, dass man so ganz locker mit Schreibfähigkeiten dann umgeht und einfach einen Text schreibt, und davon ausgeht, dass den ruhig jeder lesen kann. Das heißt also: Die Menschen, mit denen wir es zu tun haben, würden nicht ohne Weiteres in einem normalen sozialen Netzwerk, also einem frei zugänglichen sozialen Netzwerk, sich bewegen wollen, einfach weil sie Scheu hätten, ihre Texte von anderen lesen zu lassen, die möglicherweise viel besser und gewandter mit Schriftsprache umgehen.

    Last: Also Sie haben dort andere Netzwerke angesprochen, ich denke da zum Beispiel an Studi- und SchülerVZ, also namensverwandte Netzwerke. Das AlphaVZ-Netzwerk funktioniert auch, glaube ich, so ähnlich wie Studi- oder SchülerVZ, oder?

    Rustemeyer: AlphaVZ ist nicht kommerziell, das heißt also, hier wird keine Werbung gezielt an die Nutzer versendet. Die Daten der Nutzer werden also tatsächlich nur soweit sie erhoben werden genutzt, um das AlphaVZ zu optimieren. Das ist also ein wesentlicher Unterschied. Aber grundsätzlich ist natürlich von der Struktur her genauso wie andere soziale Netzwerke auch, nur: Es ist einfacher zu bedienen.

    Last: Das heißt, was finden die Mitglieder alles auf dieser Seite? Ich denke da jetzt zum Beispiel an eine Pinnwand, kann man da auch Mails verschicken?

    Rustemeyer: Man kann Nachrichten an der Pinnwand aushängen, die dann verschiedene Gruppen im VZ erreichen, also beispielsweise Mitglieder bestimmter Gruppen oder Mitglieder mit bestimmten Interessen. Man hat aber auch sehr viele andere Möglichkeiten zu kommunizieren, die eben netzwerkspezifisch sind auch. Also haben wir zum Beispiel die Funktion Kurznachrichten, die ja sehr populär ist. Die Kurznachrichten ergeben ja dann, wenn man sie hintereinander liest, sozusagen ein elektronisches Tagebuch. Es gibt die Möglichkeit, von Mitgliedern Profile anzuschauen natürlich, von anderen Mitgliedern, das macht ja einen großen Reiz des sozialen Netzwerkes aus. Es gibt selbstverständlich die Möglichkeit, Fotos ins soziale Netzwerk hochzuladen und die dann auch zu zeigen, zu verschicken und auf diese Art und Weise auch in Bildern zu kommunizieren. Aber was ganz wichtig ist, ist natürlich, dass das soziale Netzwerk auch zum selber Schreiben anregen soll. Und ich denke, das wird es tun.

    Last: Also wir hören schon: Die Mitglieder müssen einiges beherrschen, Lesen und Schreiben. Trifft man da nicht eigentlich die Analphabeten, die ohnehin schon den ersten Schritt getan haben?

    Rustemeyer: Das glaube ich nicht. Man sollte sich keine falschen Vorstellungen machen. Oft fällt es auch leichter, mit einem so stark auch auf Symbole, Bilder, Erklärungen, auch auf Vorlesen setzenden Medium wie diesem sozialen Netzwerk AlphaVZ Menschen zu erreichen, die eben keine langen Schulaufsätze jemals geschrieben haben und haben schreiben wollen, oder die keine dicken Bücher lesen. Also ich denke mal, es können sehr unterschiedliche Profile von Menschen mit großen Lese- und Schreibschwächen sein, die da angesprochen werden von diesem sozialen Netzwerk.

    Last: Angela Rustemeyer ist vom Deutschen Volkshochschulverband, sie hat das neue Online-Netzwerk AlphaVZ für Analphabeten mit aufgebaut. Frau Rustemeyer, vielen Dank für die Informationen!

    Rustemeyer: Vielen Dank meinerseits, auf Wiederhören!
    Startseite des Lernportals Ich-will-lesen.de
    Startseite des Lernportals Ich-will-lernen.de ((Screenshot Internetseite))