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André Previn gestorben
"Wunderkind im Rollkragenpulli"

André Previn war Komponist, Pianist, Dirigent und pendelte mühelos zwischen den Genres. Jazz, Filmmusik, Klassik - Previn schrieb morgens Melodien für die Fernsehserie "Lassie" und dirigierte abends die Philharmoniker. Er starb am Donnerstag im Alter von 89 Jahren in New York.

Von Kai Clement | 01.03.2019
Der amerikanische Dirigent, Pianist und Komponist Andre Previn am 29.5..2000 bei einer Probe mit den Wiener Philharmonikern in Köln.
Andre Previn (2000) (picture-alliance / dpa)
Es ist ein Foto von 1965 - eine Hand hängt wie festgefroren über der Tastatur des Flügels. Wenn sie dann aber niederfiel, dann zog dieses "wunderkind in a turtleneck", wie er einmal genannt wurde, dann zog dieses Wunderkind im Rollkragenpulli sein Publikum in den Bann. Schon früh galt André Previn - damals noch der "junge Mann am Klavier" - als außerordentlich vielseitig.
"Ich weiß am besten, was Anne Sophie Mutter kann"
Für Puristen ein Kritikpunkt. Denn scheinbar schwerelos bewegte sich Previn zwischen den Welten des Jazz, der Hollywood-Filmmusiken und der Klassik. Ein Kritiker nannte ihn deshalb spöttelnd den Mickey Mouse Maestro. Ihn focht das nicht an. Er komponierte auch noch neue Musik, wenn auch nicht für die Ewigkeit, wie er einmal "New Music USA" sagte.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Musik auch noch in 50 Jahren gespielt wird. Ich bin schon froh, wenn sie kommenden Mittwoch nochmal aufgeführt wird. Und ich kann eigentlich auch für jemand Bestimmtes komponieren. Ich mag nicht in die Leere hinein zu schreiben. Ich möchte wissen, wer es spielen wird und wo. Das hilft so sehr. So habe ich ungeheuer viel für Anne-Sophie Mutter geschrieben, ich kenne ihren Klang und was sie am besten kann - das macht das Leben so viel einfacher."
Musik als Gefühl, nicht als Formel
André Previn hat viele und lange Wege zurückgelegt. Schon als Sechsjähriger startete er noch in Berlin seine erste musikalische Ausbildung. Dann kam die Flucht. Die führte ihn von Nazi-Deutschland aus - da hieß das Kind einer jüdischen Familie noch Andreas Ludwig Priwin - über Paris schließlich in die USA.
In Amerika spielte er mit Jazz-Größen wie Ella Fitzgerald, aber auch der Jazz war nur eine musikalische Heimat. Previn sagte einmal, er habe sich nie als Jazz-Musiker verstanden, sondern als jemand, der gelegentlich auch Jazz spiele.
In Hollywood schrieb er 40 Filmmusiken, eine davon für Lassie - nur um später zu kommentieren, wie in allen Lassie-Filmen sei doch recht wenig geredet, dafür mehr gebellt worden. Und Previn widmete sich intensiv der klassischen Musik. Er dirigierte große Orchester wie die von Houston, London und Pittsburgh und leitete von 1985 bis 88 die Los Angeles Philharmonic.
Musik als eine Gefühlsregung, nicht als mathematische Formel - vielleicht erklärt das Previns Vielseitigkeit. Seine Vielfalt brachte ihm Vergleiche mit Leonard Bernstein ein. Previn nannte ihn ein Vorbild. Schließlich habe Bernstein bewiesen, dass man sich nicht auf ein Gebiet der Musik spezialisieren müsse.