Silvia Engels: Manche sagen, die Kanzlerin hätte früher nach Griechenland reisen sollen. Bei Ausbruch der Krise hätte sie dort bereits Solidarität zeigen sollen, als die Stimmung noch nicht so aufgeheizt war. Andere sagen, die Reise jetzt, so kurz vor dem Bericht der Troika, käme zu früh, das wecke falsche Erwartungen der Griechen an neue Hilfen der Deutschen. Was kann Angela Merkel mit der Reise erreichen, wo liegen ihre Grenzen?
In Athen selbst ist die Stimmung vor dem Besuch der Bundeskanzlerin angespannt. Gewerkschaften haben Demonstrationen angekündigt, wir haben es gehört. Viele Griechen sehen Angela Merkel als die Symbolfigur für den harten europäischen Sparkurs, und den machen sie zumindest mitverantwortlich für ihren schwindenden Lebensstandard.
Kurz vor der Sendung sprachen wir mit Martin Knapp. Er ist der Geschäftsführer der deutsch-griechischen Handelskammer in Athen. An ihn ging die Frage, ob sich abseits der Demonstrationen auf den Straßen auch irgendjemand in der Stadt auf die deutsche Bundeskanzlerin freut.
Martin Knapp: Sicher! Auf der Seite der Regierung freut man sich schon über den Besuch. Das ist hier auch ein lange gehegtes Anliegen gewesen, dass Angela Merkel sich hier mal zeigt, denn die Krise hat ja doch ganz starke Auswirkungen auf die deutsch-griechischen Beziehungen und da gibt es doch einige, die sich davon einiges versprechen, wenn Frau Merkel selber hier herkommt und auch den Griechen noch einmal versichert, dass niemand daran denkt, sie aus der Eurozone rauszuschmeißen.
Engels: Also dieses Zeichen sollte Merkel schon setzen. Erwarten die Griechen darüber hinaus auch weitere konkretere Erleichterungen, was die finanziellen Hilfszusagen angeht?
Knapp: Nun, das ist ja im Vorfeld schon verdeutlicht worden, auch vom Finanzminister aus Berlin, dass es hier nicht um konkrete Zahlen gehen wird, sondern eher um das Atmosphärische, und ich glaube, so wird es auch kommen.
Engels: Ist es denn ein passendes Zeichen von Bundeskanzlerin Merkel, ausgerechnet jetzt zu kommen, so kurz vor dem Bericht der Troika und mitten in dem innergriechischen Streit um die genaue Ausgestaltung der Sparpakete, der ja noch nicht ausgestanden ist?
Knapp: Also ich glaube, jeder Termin hätte eine gewisse Aufregung mit sich gebracht, egal wann sie gekommen wäre. Das hängt jetzt nicht sonderlich davon ab, ob sie jetzt vor einem Monat, oder in einem Monat gekommen wäre. Jedes Mal hätte ein Merkel-Besuch hier doch zu ziemlicher Aufregung geführt, weil ja doch viele die ganze Sparpolitik auf irgendeine Weise mit Frau Merkel in Verbindung bringen. Sie ist gewissermaßen zum Symbol der Sparpolitik geworden und wer darunter zu leiden hat, der sieht sie dann auch leichter als Sündenbock an, und das ist eine Rolle, die sie natürlich jetzt im Moment schwer wieder los wird, solange die Wirtschaftslage in Griechenland noch so düster ist.
Engels: Herr Knapp, Sie sind nun der Interessenvertreter des deutsch-griechischen Handels. Welche Worte erwarten Sie denn in dieser Funktion von der Bundeskanzlerin?
Knapp: Das müssen wir abwarten. Es gibt ja auch ein Gespräch mit deutschen und griechischen Unternehmern heute Nachmittag, und da wird Frau Merkel vermutlich zuhören, um auch mal zu verstehen, was denn die griechische Realwirtschaft bewegt, denn letztlich – ich glaube, daran gibt es keinen Zweifel – ist es ja die Realwirtschaft, die auf die Dauer die Werte produzieren muss, von denen Griechenland langfristig lebt, und wir machen uns im Moment eben sehr große Sorgen um die griechischen Unternehmen. Durch die Pleitewelle sind sie im Moment in einer sehr schlechten Lage und für sie sieht es im Moment nicht gut aus.
Engels: Wie würden Sie denn die Entwicklung des Warenaustausches und eben die Investitionen möglicherweise auch aus Deutschland beschreiben? Ist da irgendwo Licht am Ende des Tunnels?
Knapp: Es gibt einen Lichtblick und dieser Lichtblick ist die Entwicklung der griechischen Exporte. In der Krise, sowohl in der 2011 als auch im ersten Halbjahr 2012, haben die Exporte deutlich angezogen. Das zeigt, dass es in Griechenland natürlich auch genügend Unternehmen gibt, die selbst heute noch wettbewerbsfähig sind. Also der alte Spruch, die griechische Wirtschaft als solche sei selbst nicht wettbewerbsfähig, das kann man so nicht stehen lassen. Da gibt es durchaus auch positive Beispiele, es müssen nur noch mehr werden und man muss auch diesen Unternehmen dabei helfen, jetzt auch international stärker noch die Märkte zu erobern.
Engels: Haben Sie denn ein konkretes Beispiel, das auch einen gewissen Umfang hat?
Knapp: Ja, wir haben eine ganze Menge Beispiele von Unternehmen, die exportieren, die exportorientiert sind und die sich neu auch in Richtung Export orientieren. Wir merken das, weil wir auch als Vertretung der deutschen Messegesellschaft fungieren, und wir haben immer mehr Aussteller auf den deutschen Messen. Das sind einfach Unternehmen, die hier auf dem griechischen Markt ihre Produkte nicht mehr los werden und die sich jetzt ins Ausland orientieren, und das ist genau die richtige Bewegung, das geht genau in die richtige Richtung, in der sie sich dann bewegen, denn die Exportbasis des Landes muss einfach verbessert werden, die Handelsbilanz muss besser werden. Sonst werden alle anderen Maßnahmen auch zu nichts führen.
Engels: Die Euro-Finanzminister haben ja gestern auf ihrer Tagung in Luxemburg den Griechen eine Art Ultimatum gesetzt. Bis zum 18. Oktober solle das Land die im März vereinbarten Maßnahmen umsetzen, so wird Euro-Gruppenchef Juncker zitiert. Wie kommt so etwas bei den Griechen im Moment an?
Knapp: Nun, das ist immer wieder das gleiche. Jedes Mal, wenn diese nächste Rate ausgezahlt werden soll, haben wir solch ein Hickhack, und das ist natürlich alles andere als erfreulich für alle Beteiligten, wenn immer wieder es so ein Gezerre gibt und immer wieder irgendwelche Termine gesetzt werden. Es wird vermutlich der Regierung dabei helfen, diese Dinge jetzt durchs Parlament zu bekommen, und ich nehme auch an, dass das auch letztlich der Sinn der Übung ist.
Engels: Wird denn dadurch die Reise von Bundeskanzlerin Merkel zusätzlich erschwert?
Knapp: Ja ich meine, die Zeiten sind einfach schwierig und da ist natürlich, wie ich vorhin schon sagte, jeder Zeitpunkt ein schwieriger Zeitpunkt. Trotzdem war es schon lange ein Anliegen, dass diese Reise stattfindet, und jetzt findet sie statt und jetzt wollen wir hoffen, dass das Beste dabei herauskommt.
Engels: Herr Knapp, Ihre Einschätzung zum Schluss. Wird es heute auf den Straßen in Athen friedlich bleiben?
Knapp: Das weiß ich nicht, das wird sich zeigen.
Engels: Martin Knapp war das, der Geschäftsführer der deutsch-griechischen Handelskammer in Athen. Wir haben das Gespräch kurz vor der Sendung aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
In Athen selbst ist die Stimmung vor dem Besuch der Bundeskanzlerin angespannt. Gewerkschaften haben Demonstrationen angekündigt, wir haben es gehört. Viele Griechen sehen Angela Merkel als die Symbolfigur für den harten europäischen Sparkurs, und den machen sie zumindest mitverantwortlich für ihren schwindenden Lebensstandard.
Kurz vor der Sendung sprachen wir mit Martin Knapp. Er ist der Geschäftsführer der deutsch-griechischen Handelskammer in Athen. An ihn ging die Frage, ob sich abseits der Demonstrationen auf den Straßen auch irgendjemand in der Stadt auf die deutsche Bundeskanzlerin freut.
Martin Knapp: Sicher! Auf der Seite der Regierung freut man sich schon über den Besuch. Das ist hier auch ein lange gehegtes Anliegen gewesen, dass Angela Merkel sich hier mal zeigt, denn die Krise hat ja doch ganz starke Auswirkungen auf die deutsch-griechischen Beziehungen und da gibt es doch einige, die sich davon einiges versprechen, wenn Frau Merkel selber hier herkommt und auch den Griechen noch einmal versichert, dass niemand daran denkt, sie aus der Eurozone rauszuschmeißen.
Engels: Also dieses Zeichen sollte Merkel schon setzen. Erwarten die Griechen darüber hinaus auch weitere konkretere Erleichterungen, was die finanziellen Hilfszusagen angeht?
Knapp: Nun, das ist ja im Vorfeld schon verdeutlicht worden, auch vom Finanzminister aus Berlin, dass es hier nicht um konkrete Zahlen gehen wird, sondern eher um das Atmosphärische, und ich glaube, so wird es auch kommen.
Engels: Ist es denn ein passendes Zeichen von Bundeskanzlerin Merkel, ausgerechnet jetzt zu kommen, so kurz vor dem Bericht der Troika und mitten in dem innergriechischen Streit um die genaue Ausgestaltung der Sparpakete, der ja noch nicht ausgestanden ist?
Knapp: Also ich glaube, jeder Termin hätte eine gewisse Aufregung mit sich gebracht, egal wann sie gekommen wäre. Das hängt jetzt nicht sonderlich davon ab, ob sie jetzt vor einem Monat, oder in einem Monat gekommen wäre. Jedes Mal hätte ein Merkel-Besuch hier doch zu ziemlicher Aufregung geführt, weil ja doch viele die ganze Sparpolitik auf irgendeine Weise mit Frau Merkel in Verbindung bringen. Sie ist gewissermaßen zum Symbol der Sparpolitik geworden und wer darunter zu leiden hat, der sieht sie dann auch leichter als Sündenbock an, und das ist eine Rolle, die sie natürlich jetzt im Moment schwer wieder los wird, solange die Wirtschaftslage in Griechenland noch so düster ist.
Engels: Herr Knapp, Sie sind nun der Interessenvertreter des deutsch-griechischen Handels. Welche Worte erwarten Sie denn in dieser Funktion von der Bundeskanzlerin?
Knapp: Das müssen wir abwarten. Es gibt ja auch ein Gespräch mit deutschen und griechischen Unternehmern heute Nachmittag, und da wird Frau Merkel vermutlich zuhören, um auch mal zu verstehen, was denn die griechische Realwirtschaft bewegt, denn letztlich – ich glaube, daran gibt es keinen Zweifel – ist es ja die Realwirtschaft, die auf die Dauer die Werte produzieren muss, von denen Griechenland langfristig lebt, und wir machen uns im Moment eben sehr große Sorgen um die griechischen Unternehmen. Durch die Pleitewelle sind sie im Moment in einer sehr schlechten Lage und für sie sieht es im Moment nicht gut aus.
Engels: Wie würden Sie denn die Entwicklung des Warenaustausches und eben die Investitionen möglicherweise auch aus Deutschland beschreiben? Ist da irgendwo Licht am Ende des Tunnels?
Knapp: Es gibt einen Lichtblick und dieser Lichtblick ist die Entwicklung der griechischen Exporte. In der Krise, sowohl in der 2011 als auch im ersten Halbjahr 2012, haben die Exporte deutlich angezogen. Das zeigt, dass es in Griechenland natürlich auch genügend Unternehmen gibt, die selbst heute noch wettbewerbsfähig sind. Also der alte Spruch, die griechische Wirtschaft als solche sei selbst nicht wettbewerbsfähig, das kann man so nicht stehen lassen. Da gibt es durchaus auch positive Beispiele, es müssen nur noch mehr werden und man muss auch diesen Unternehmen dabei helfen, jetzt auch international stärker noch die Märkte zu erobern.
Engels: Haben Sie denn ein konkretes Beispiel, das auch einen gewissen Umfang hat?
Knapp: Ja, wir haben eine ganze Menge Beispiele von Unternehmen, die exportieren, die exportorientiert sind und die sich neu auch in Richtung Export orientieren. Wir merken das, weil wir auch als Vertretung der deutschen Messegesellschaft fungieren, und wir haben immer mehr Aussteller auf den deutschen Messen. Das sind einfach Unternehmen, die hier auf dem griechischen Markt ihre Produkte nicht mehr los werden und die sich jetzt ins Ausland orientieren, und das ist genau die richtige Bewegung, das geht genau in die richtige Richtung, in der sie sich dann bewegen, denn die Exportbasis des Landes muss einfach verbessert werden, die Handelsbilanz muss besser werden. Sonst werden alle anderen Maßnahmen auch zu nichts führen.
Engels: Die Euro-Finanzminister haben ja gestern auf ihrer Tagung in Luxemburg den Griechen eine Art Ultimatum gesetzt. Bis zum 18. Oktober solle das Land die im März vereinbarten Maßnahmen umsetzen, so wird Euro-Gruppenchef Juncker zitiert. Wie kommt so etwas bei den Griechen im Moment an?
Knapp: Nun, das ist immer wieder das gleiche. Jedes Mal, wenn diese nächste Rate ausgezahlt werden soll, haben wir solch ein Hickhack, und das ist natürlich alles andere als erfreulich für alle Beteiligten, wenn immer wieder es so ein Gezerre gibt und immer wieder irgendwelche Termine gesetzt werden. Es wird vermutlich der Regierung dabei helfen, diese Dinge jetzt durchs Parlament zu bekommen, und ich nehme auch an, dass das auch letztlich der Sinn der Übung ist.
Engels: Wird denn dadurch die Reise von Bundeskanzlerin Merkel zusätzlich erschwert?
Knapp: Ja ich meine, die Zeiten sind einfach schwierig und da ist natürlich, wie ich vorhin schon sagte, jeder Zeitpunkt ein schwieriger Zeitpunkt. Trotzdem war es schon lange ein Anliegen, dass diese Reise stattfindet, und jetzt findet sie statt und jetzt wollen wir hoffen, dass das Beste dabei herauskommt.
Engels: Herr Knapp, Ihre Einschätzung zum Schluss. Wird es heute auf den Straßen in Athen friedlich bleiben?
Knapp: Das weiß ich nicht, das wird sich zeigen.
Engels: Martin Knapp war das, der Geschäftsführer der deutsch-griechischen Handelskammer in Athen. Wir haben das Gespräch kurz vor der Sendung aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.