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Angriff auf Mariupol
"Was der Kreml wirklich vorhat, wissen wir nicht"

Die prorussischen Rebellen sprechen von einer Offensive auf die ostukranische Hafenstadt Mariupol. Präsident Petro Poroschenko berief seinerseits in Kiew eine Krisensitzung mit der Militärführung ein. Korrespondent Jan Pallokat über die undurchsichtige Lage und mögliche Konsequenzen einer Ausweitung des Krieges.

Von Jan Pallokat | 24.01.2015
    Menschen stehen vor einem brennenden Gebäude in der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol.
    Menschen stehen vor einem brennenden Gebäude in der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol. (AFP / Stringer)
    Auch wenn die Zahlen über die Opfer eines Angriffs in der ostukrainischen Stadt Mariupol stark auseinandergehen - unbestritten sei, dass es ihn gegeben hat, berichtet Korrespondent Jan Pallokat im DLF.
    Wie üblich gebe es gegenseitige Schuldzuweisungen. Die ukrainische Seite bezichtige die prorussischen Aufständischen und glaubt, dass diese von regulären Einheiten unterstützt worden seien. Präsident Petro Poroschenko forderte deshalb, die Ereignisse vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu verhandeln. Die prorussischen Aufständischen wiesen bislang die Verantwortung zurück - mit dem Hinweis, man habe keine schweren Waffen in der Nähe - und sprechen von einer Provokation der ukrainischen Seite. Doch auch die Rebellen widersprächen sich selbst: Rebellenchef Sachartschenko habe gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA gesagt, die angekündigte Großoffensive einschließlich der Eroberung Mariupols sei bereits im Gange.
    "Großoffensive wird ganz bestimmt kein Spaziergang sein"
    Fakt sei, so Pallokat, dass entlang der gesamten Konfliktlinie geschossen werde. "Die OSZE spricht hier von den heftigsten Auseinandersetzungen seit Beginn der Kampfhandlung." Die Front sei in den letzten Tagen in Bewegung geraten, großflächige Geländegewinne habe es aber in den letzten Tagen nicht gegeben. Erstaunlicherweise sei aber immer wieder zu beobachten, wie umfangreich der Nachschub für die prorussischen Separatisten sei - auch wenn Russland immer wieder behaupte, nichts zu liefern. Entlang der circa 500 Kilometer langen Frontlinie hätte die Ukraine wiederum enorme Verteidigungsstellungen ausgebaut. Die Frage sei - so Pallokat - ob es wirklich zu der zitierten Großoffensive komme oder ob es darum gehe, ein größtmögliches Chaos anzurichten. Das könnte Russland als Vorwand dienen, in das Gebiet mit "Friedenssoldaten" reinzugehen und für Ruhe zu sorgen.