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Angriff auf syrisches Flüchtlingslager
Suche nach Verantwortlichen geht weiter

Wer trägt die Verantwortung für den Luftangriff auf das Flüchtlingslager Kamouna im Norden Syriens? Nach Angaben der USA sei kein Flugzeug der von ihr geführten Anti-IS-Koalition in dem Gebiet gewesen. Die UNO fordert nun eine unabhängige Untersuchung des Angriffs, bei dem mindestens 28 Flüchtlinge ihr Leben verloren haben.

Von Anne Allmeling | 06.05.2016
    Als die Feuerwehrmänner das Lager Kamouna erreichen, ist es für viele Menschen schon zu spät: Mindestens 28 verlieren ihr Leben, als die kleine Zeltstadt in der Nähe der Grenze zur Türkei aus der Luft getroffen wird. Dutzende Behelfsunterkünfte gehen in Flammen auf; das Feuer zerstört Zelte und Plastikplanen; nur ein paar Stangen ragen noch aus dem verkohlten Boden.
    "Hier hat es gebrannt", sagt einer der Feuerwehrmänner. "Mehrere Zelte sind davon betroffen. Hier – das sind verbrannte Zelte. Wir haben eine Leiche geborgen. Vermutlich eine Frau." In Kamouna hatten Menschen Zuflucht gesucht, die der Gewalt entkommen wollten. Vor dem Angriff lebten hier zwischen 1.500 und 2.000 Flüchtlinge – in einem kargen Landstrich in der Provinz Idlib im Norden Syriens.
    Vertriebene waren auf der Flucht vor Gefechten in umliegenden Provinzen
    Vielen von ihnen waren vor den Gefechten zwischen den syrischen Regierungstruppen und ihren Verbündeten und deren Gegnern geflohen. Idlib ist in der Hand der Opposition – die Grenzen zwischen der Al-Nusra-Front, dem syrischen Al-Kaida-Ableger, und als gemäßigt geltenden Rebellen sind fließend – ein Grund, warum hier immer wieder Kampfjets der syrischen Luftwaffe und Russlands im Einsatz sind.
    Wer die Verantwortung für den Angriff auf das Flüchtlingslager Kamouna trägt, ist weiterhin unklar. In Washington sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, es sei noch zu früh, um sagen zu können, ob der syrische Präsident Baschar Al-Assad für die Luftschläge verantwortlich ist. Nach den vorliegenden Informationen sei allerdings kein Flugzeug der von den USA geführten Anti-IS-Koalition in dem Gebiet gewesen.
    Mehr als 70 Tote bei Kämpfen südlich von Aleppo
    Das Weiße Haus verurteilte den Vorfall; die Vereinten Nationen forderten eine unabhängige Untersuchung. Die Flüchtlinge in Kamouna müssen unterdessen diesen weiteren traumatischen Vorfall verarbeiten:
    "Wir sind so aufgewacht! Wir fanden alle Leute verbrannt ! Verbrannt! Niemand konnte diesem Brand entgehen! Die ganzen Zelte sind verbrannt !"
    Ebenfalls im Norden Syriens, in der Provinz Aleppo sind heute nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien mehr als 70 Menschen getötet worden: sowohl Kämpfer der Al-Nusra-Front und ihrer Verbündeten als auch Soldaten der syrischen Armee und an ihrer Seite kämpfende Milizionäre.
    Die Rebellen haben dabei den strategisch wichtigen Ort Chan Tuman von der Armee erobert, der wenige Kilometer südwestlich von Aleppo liegt. Für die umkämpfte Großstadt war gerade erst eine Waffenruhe ausgerufen worden. Wann sie in Kraft getreten ist und bis wann genau sie dauert, ist allerdings unklar: Die Vereinigten Staaten auf der einen und Syrien und Russland auf der anderen Seite machten dazu unterschiedliche Angaben.