Friedbert Meurer: Am Montag, vorgestern ist die ehemalige First Lady der USA, Hillary Clinton, offiziell als Außenministerin der USA vereidigt worden. Das war nicht ihr erster Arbeitstag; den hatte sie zusammen mit Barack Obama. Aber mit dieser Vereidigung hat Hillary Clinton damit begonnen, die wichtigsten Partner näher kennen zu lernen. Erst war gestern der britische Außenminister David Miliband bei ihr, dann folgte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zu Gast in Washington. Eine erste Begegnung mit Hillary Clinton, der neuen US-Außenministerin, hat es gegeben. Wir wollen weiter darüber reden, wie sich das deutsch-amerikanische Verhältnis, das transatlantische Verhältnis entwickeln könnte. In Washington begrüße ich den Präsidenten des Atlantic Council of the United States, Fred Kempe. Guten Morgen beziehungsweise guten Abend, Herr Kempe.
Fred Kempe: Schönen guten Abend, schönen guten Morgen!
Meurer: Um mit dem zu beginnen, mit dem der Kollege Remme eben geendet hat: die Sorge der Europäer, dass das Konjunkturprogramm der Amerikaner protektionistisch ausfallen könnte. Die Devise kann lauten "buy American”. Also: von dem Geld, das der Staat in den USA zur Verfügung stellt, sollen vor allen Dingen amerikanische Hersteller profitieren. Obama sagt, er will eine solche Klausel nicht haben. Wird er sich damit im Kongress durchsetzen können?
Kempe: Das ist eine ganz gute Frage und man hat eigentlich eine Situation, wo man einen zentrischen Präsidenten hat und einen links geordneten Kongress hat. Was ich sehr interessant gefunden habe, von Steinmeier und diesem ganzen Besuch, sind eigentlich zwei Sachen. Erstens Innenpolitik, deutsche Innenpolitik; das hat man vorher nicht besprochen. Steinmeier spielt ein bisschen Innenpolitik, dass er hier zuerst gekommen ist und sich mit Obama trifft. Man hat das auch erlebt 1961, als Willy Brandt, Bürgermeister von Berlin, zum Besuch zu einem jungen Kennedy, einem neuen Präsidenten gekommen ist, bevor Adenauer hier hergekommen ist, und Steinmeier ist hier hergekommen, bevor Frau Merkel kommt.
Meurer: Das heißt, Sie glauben, er wollte sich als Kanzlerkandidat ein wenig unter das Sonnenlicht von Barack Obama und Hillary Clinton stellen?
Kempe: Hundertprozentig! - Und zweitens sind wir in einer Situation, wo die Amerikaner auch völlig anders sind. Hillary Clinton hat nicht gesagt, wir möchten deutsche Truppen in Süd-Afghanistan. Sie hat gesagt, wir schätzen, was Deutschland in Afghanistan macht. Das ist eine völlig andere Atmosphäre. Steinmeier spielt seine eigene Politik. Hillary spielt eine neue amerikanische Politik. Es ist eine ganz andere Atmosphäre, was sich hier jetzt entwickelt.
Meurer: Wie war denn die Atmosphäre vorher unter der alten Regierung?
Kempe: Es ist klar: Die alte Regierung hat gesagt, unbedingt deutsche Truppen in Süd-Afghanistan, ganz egal was die inländische Politik in Deutschland eigentlich erlaubt. Was man jetzt sagt - und das ist eine gewisse Strategie -, man kann nicht verlangen, was die Alliierten nicht geben möchten. Wir möchten mit den Alliierten arbeiten, deswegen müssen wir eigentlich nachfragen, was möglich ist, und nicht verlangen, was unmöglich ist. Das könnte sehr viel Erfolg bringen, wenn die Obama-Administration so weitermacht. Ich fand das wirklich vielversprechend, wie Hillary Clinton das gemacht hat. Iran? Man ist sanfter geworden in Bezug auf Afghanistan. In Bezug auf Iran kann es gut sein, dass man härter wird, dass man mehr verlangt aus Deutschland, und man konnte das auch zwischen den Zeilen heute lesen, dass das vielleicht auch kommt in den nächsten Monaten.
Meurer: Da das Thema Wirtschaft sowohl für die USA als auch für Deutschland im Moment mit am drängendsten ist, noch mal kurz die Frage: wie sehr sind des gerade die Demokraten im US-Kongress, die auf dieses "buy American”, kauft amerikanische Produkte, bestehen könnten?
Kempe: Man bejubelt natürlich diese Administration in Europa, aber sie wird protektionistischer sein als die Bush-Administration. Ich war letzte Woche in Davos und ich habe auch von Kanzlerin Merkel gehört, dass diese Unterstützung für amerikanische Autohersteller in gewisser Weise protektionistisch ist, wenn man das gegenüber deutschen Herstellern sieht, die auch Autos produzieren in Amerika und deswegen auch Arbeitsplätze herstellen. Ich glaube, das wird zunehmend Spannungen zwischen Amerika und den Partnern erzeugen, und die Frage ist nicht, ob man das macht; die Frage ist, ob man das mit den Partnern koordiniert. Das ist die Hauptsache. Wenn man das nicht macht, dann ist man nicht viel besser als die Bush-Administration in Bezug auf Unilateralismus. Es ist nicht Unilateralismus in Bezug auf Iran, aber eher auf die Wirtschaft.
Meurer: US-Präsident Barack Obama will das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba schließen, Herr Kempe. Dafür bekommt er von den Europäern sehr viel Beifall. Wie wichtig wäre es für ihn, dass die Europäer, auch Deutschland, Gefangene aufnehmen?
Kempe: Es war sehr schlau - erstens, dass Barack Obama das sofort gemacht hat, oder auf jeden Fall das gesagt hat. Es war auch sehr schlau, dass er sich selber ein Jahr gegeben hat, um das mit den Alliierten und anderen zu verhandeln. Es ist sehr, sehr wichtig, dass er seinen Wählern sagen und zeigen kann, dass andere dabei sind und bereit sind zu helfen, verschiedene Gefangene zu übernehmen. Aber er wird das vielleicht viel konsequenter machen als George W. Bush und er wird das viel diplomatischer machen. Ich glaube, diese Administration wird weniger diplomatische Fehler machen. Sie wird viel mehr Fingerspitzengefühl für die Alliierten zeigen. Man hat versucht, ein bisschen was in Bezug auf Guantanamo für die Journalisten heute zu bringen, aber Hillary Clinton hat das mit Fingerspitzengefühl gut gemacht und ich glaube, das wird weiter so gemacht in Bezug auf Guantanamo.
Meurer: Fred Kempe, Präsident des Atlantic Council of the United States, sieht neue Chancen für das deutsch-amerikanische Verhältnis. Ich bedanke mich, Herr Kempe. Schöne Grüße nach Washington und auf Wiederhören.
Fred Kempe: Schönen guten Abend, schönen guten Morgen!
Meurer: Um mit dem zu beginnen, mit dem der Kollege Remme eben geendet hat: die Sorge der Europäer, dass das Konjunkturprogramm der Amerikaner protektionistisch ausfallen könnte. Die Devise kann lauten "buy American”. Also: von dem Geld, das der Staat in den USA zur Verfügung stellt, sollen vor allen Dingen amerikanische Hersteller profitieren. Obama sagt, er will eine solche Klausel nicht haben. Wird er sich damit im Kongress durchsetzen können?
Kempe: Das ist eine ganz gute Frage und man hat eigentlich eine Situation, wo man einen zentrischen Präsidenten hat und einen links geordneten Kongress hat. Was ich sehr interessant gefunden habe, von Steinmeier und diesem ganzen Besuch, sind eigentlich zwei Sachen. Erstens Innenpolitik, deutsche Innenpolitik; das hat man vorher nicht besprochen. Steinmeier spielt ein bisschen Innenpolitik, dass er hier zuerst gekommen ist und sich mit Obama trifft. Man hat das auch erlebt 1961, als Willy Brandt, Bürgermeister von Berlin, zum Besuch zu einem jungen Kennedy, einem neuen Präsidenten gekommen ist, bevor Adenauer hier hergekommen ist, und Steinmeier ist hier hergekommen, bevor Frau Merkel kommt.
Meurer: Das heißt, Sie glauben, er wollte sich als Kanzlerkandidat ein wenig unter das Sonnenlicht von Barack Obama und Hillary Clinton stellen?
Kempe: Hundertprozentig! - Und zweitens sind wir in einer Situation, wo die Amerikaner auch völlig anders sind. Hillary Clinton hat nicht gesagt, wir möchten deutsche Truppen in Süd-Afghanistan. Sie hat gesagt, wir schätzen, was Deutschland in Afghanistan macht. Das ist eine völlig andere Atmosphäre. Steinmeier spielt seine eigene Politik. Hillary spielt eine neue amerikanische Politik. Es ist eine ganz andere Atmosphäre, was sich hier jetzt entwickelt.
Meurer: Wie war denn die Atmosphäre vorher unter der alten Regierung?
Kempe: Es ist klar: Die alte Regierung hat gesagt, unbedingt deutsche Truppen in Süd-Afghanistan, ganz egal was die inländische Politik in Deutschland eigentlich erlaubt. Was man jetzt sagt - und das ist eine gewisse Strategie -, man kann nicht verlangen, was die Alliierten nicht geben möchten. Wir möchten mit den Alliierten arbeiten, deswegen müssen wir eigentlich nachfragen, was möglich ist, und nicht verlangen, was unmöglich ist. Das könnte sehr viel Erfolg bringen, wenn die Obama-Administration so weitermacht. Ich fand das wirklich vielversprechend, wie Hillary Clinton das gemacht hat. Iran? Man ist sanfter geworden in Bezug auf Afghanistan. In Bezug auf Iran kann es gut sein, dass man härter wird, dass man mehr verlangt aus Deutschland, und man konnte das auch zwischen den Zeilen heute lesen, dass das vielleicht auch kommt in den nächsten Monaten.
Meurer: Da das Thema Wirtschaft sowohl für die USA als auch für Deutschland im Moment mit am drängendsten ist, noch mal kurz die Frage: wie sehr sind des gerade die Demokraten im US-Kongress, die auf dieses "buy American”, kauft amerikanische Produkte, bestehen könnten?
Kempe: Man bejubelt natürlich diese Administration in Europa, aber sie wird protektionistischer sein als die Bush-Administration. Ich war letzte Woche in Davos und ich habe auch von Kanzlerin Merkel gehört, dass diese Unterstützung für amerikanische Autohersteller in gewisser Weise protektionistisch ist, wenn man das gegenüber deutschen Herstellern sieht, die auch Autos produzieren in Amerika und deswegen auch Arbeitsplätze herstellen. Ich glaube, das wird zunehmend Spannungen zwischen Amerika und den Partnern erzeugen, und die Frage ist nicht, ob man das macht; die Frage ist, ob man das mit den Partnern koordiniert. Das ist die Hauptsache. Wenn man das nicht macht, dann ist man nicht viel besser als die Bush-Administration in Bezug auf Unilateralismus. Es ist nicht Unilateralismus in Bezug auf Iran, aber eher auf die Wirtschaft.
Meurer: US-Präsident Barack Obama will das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba schließen, Herr Kempe. Dafür bekommt er von den Europäern sehr viel Beifall. Wie wichtig wäre es für ihn, dass die Europäer, auch Deutschland, Gefangene aufnehmen?
Kempe: Es war sehr schlau - erstens, dass Barack Obama das sofort gemacht hat, oder auf jeden Fall das gesagt hat. Es war auch sehr schlau, dass er sich selber ein Jahr gegeben hat, um das mit den Alliierten und anderen zu verhandeln. Es ist sehr, sehr wichtig, dass er seinen Wählern sagen und zeigen kann, dass andere dabei sind und bereit sind zu helfen, verschiedene Gefangene zu übernehmen. Aber er wird das vielleicht viel konsequenter machen als George W. Bush und er wird das viel diplomatischer machen. Ich glaube, diese Administration wird weniger diplomatische Fehler machen. Sie wird viel mehr Fingerspitzengefühl für die Alliierten zeigen. Man hat versucht, ein bisschen was in Bezug auf Guantanamo für die Journalisten heute zu bringen, aber Hillary Clinton hat das mit Fingerspitzengefühl gut gemacht und ich glaube, das wird weiter so gemacht in Bezug auf Guantanamo.
Meurer: Fred Kempe, Präsident des Atlantic Council of the United States, sieht neue Chancen für das deutsch-amerikanische Verhältnis. Ich bedanke mich, Herr Kempe. Schöne Grüße nach Washington und auf Wiederhören.