Donnerstag, 28. März 2024

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Angstmacherei beim Thema Fracking

Mit Fracking habe man die Chance den deutschen Gasverbrauch 30 Jahre lang zu decken, meint Joachim Pfeiffer (CDU). Diese Technologie zur Gasgewinnung von vornherein zu verdammen, hält er für verantwortungslos.

Joachim Pfeiffer im Gespräch mit Thielko Grieß | 27.02.2013
    Thielko Grieß: Im deutschen Untergrund, im Gestein, gibt es reichlich Tonvorkommen, worin ein kostbarer Rohstoff eingeschlossen ist. Es handelt sich um Erdgas – allerdings nicht in konventionellen großen Vorkommen, die man ganz einfach anbohren könnte, sondern ähnlich wie in einem Schwamm in vielen kleinen Gesteinssegmenten. An das Gas kommt man nur dann heran, wenn man das Gestein aufbricht und herauspresst. Fracking nennt man diese Technik. Man braucht dazu die Hilfe von Wasser und Chemie. In den Vereinigten Staaten wird diese Technik bereits umfangreich eingesetzt, in Deutschland bislang nur im Umfang weniger Probebohrungen. Die Bundesregierung will diese Technik nun unter Auflagen erlauben, Umweltgruppen widersprechen vehement, keiner wisse, welche Gefahren lauerten, wenn man zum Beispiel Chemie millionenliterweise in den Boden pumpt.

    Ich bin jetzt am Telefon verbunden mit Joachim Pfeiffer, dem wirtschaftspolitischen Sprecher von CDU und CSU im Deutschen Bundestag. Guten Tag, Herr Pfeiffer.

    Joachim Pfeiffer: Guten Tag, Herr Grieß.

    Grieß: Wenn Fracking doch so eine risikoreiche Technologie sein soll, warum muss sich Deutschland überhaupt mit diesem Thema befassen?

    Pfeiffer: Zunächst nehmen wir natürlich die Befürchtungen der Menschen ernst. Aber woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es eine risikoreiche Technologie ist?

    Grieß: Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es keine risikoreiche Technologie sei?

    Pfeiffer: Zum Beispiel daher, dass Fracking in Deutschland für konventionelles Gas, für "Tight Gas", seit über 50 Jahren in Niedersachsen in der Altmark eingesetzt wird, ohne dass es jemals zu Umweltbeeinträchtigungen gekommen ist.

    Grieß: Das Umweltbundesamt hat im vergangenen Jahr argumentiert, eine Studie vorgelegt und gesagt, wir können hier gar nicht zu richtig feststehenden Beschlüssen und Folgerungen kommen, weil uns noch zu wenige Informationen zur Verfügung stehen. Das ist immerhin die Oberste Umweltbehörde!

    Pfeiffer: Das ist ja so nicht korrekt. Das sehen wir wieder wie immer, das ist leider ziemlich ärgerlich: Wie immer in Deutschland wird oftmals versucht, unverantwortlich mit Angstmacherei zu arbeiten, mit Halb- und Falschinformationen hier vorgegangen und eine Technologiefeindlichkeit auch geschürt. Jetzt noch mal konkret, um was geht es: Es geht um Schiefergas-Gewinnung. Schiefergas, was in den USA bereits in großem Umfange gewonnen wird, führt dazu, dass wir hier die Chance haben, unabhängig von Importen Gas in Deutschland zu produzieren. Wir haben in Deutschland die Chance, quasi unseren Gasverbrauch von 30 Jahren, von 30 Jahren hier in Deutschland zu gewinnen, und dieses CO2-arm. Das ist nämlich deutlich CO2-freundlicher als beispielsweise Kohleverbrennung. Deshalb sind auch in den USA beispielsweise in den letzten Jahren die CO2-Emissionen zurückgegangen. Insofern ist das eine Technologie und eine Energieart, die wir uns genau anschauen sollten, weil dort erhebliche Chancen damit verbunden sind. Selbstverständlich haben für uns der Grundwasserschutz und die Umwelt allerhöchste Priorität. Deutschland hat das modernste und beste Bergrecht der Welt, wo wir von der ganzen Welt auch beneidet werden, und es wird in Deutschland nur unter allerstrengsten Umweltgesichtspunkten zum Einsatz kommen. Aber das von vornherein zu verdammen, das halte ich für verantwortungslos.

    Grieß: Sie haben die Prognose angesprochen. 30 Jahre, haben Sie gesagt, könne sich Deutschland mit Gas versorgen. Das ist, wenn ich die Prognosen so richtig lese – da gibt es ganz unterschiedliche Angaben -, doch relativ hoch gegriffen.

    Pfeiffer: Nein! Das ist sogar aus meiner Sicht mehr als realistisch. In den USA hat sich innerhalb von fünf Jahren die Welt völlig verändert. Während man vor fünf Jahren davon ausging, dass die USA zum größten Gasimporteur werden, sind die USA heute von Gasimporten völlig unabhängig und werden demnächst sogar in den Gasexport einsteigen, und das – halten Sie sich fest – auf jeden Fall gesichert über 100 Jahre. Deshalb hielte ich es für wirtschaftspolitisch, aber auch umweltpolitisch – ich habe die CO2-Emissionen angesprochen -, technologiepolitisch und auch energiepolitisch für fatal, wenn wir von vornherein mal wieder in Deutschland eine Technologie nicht nur verschlafen würden, sondern aus wie gesagt falsch verstandener Angstmacherei hier die Chancen nicht sehen würden, sondern wie immer nur die Gefahren. Deshalb plädiere ich für einen verantwortungsbewussten Umgang.

    Grieß: Sie argumentieren wirtschaftspolitisch. Trauen Sie nicht der Versorgungssicherheit mit Erdgas, etwa dem Erdgas, das uns durch die Pipelines aus Russland erreicht?

    Pfeiffer: Ich glaube, wir sind gut beraten, zu diversifizieren, also auf verschiedene Regionen, auf verschiedene Energieträger zu setzen und uns nicht nur von einzelnen Energieträgern abhängig zu machen. Und ich glaube, es ist immer gut, wenn man heimische Energieversorgung hat. Die hatten wir in der Vergangenheit mit der Kernenergie und der Steinkohle. Aus der Kernenergie steigen wir aus, die Steinkohle wird in Deutschland auch nicht mehr gefördert. Insofern bleibt in Deutschland nur: die Braunkohle, Erneuerbare und eben auch die heimischen Gasvorräte – mal ganz davon abgesehen, dass es dort auch um enorme Wertschöpfung, Arbeitsplätze in Deutschland geht. Allein die Förderabgabe für Tight Gas, was heute schon im Übrigen, ich wiederhole, heute schon und seit 50 Jahren in Niedersachsen mit der Fracking-Methode gefördert wird, beträgt rund eine Milliarde Euro im Jahr, wo hier Arbeitsplätze gesichert werden und die Versorgungssicherheit erhöht wird.

    Grieß: Sie plädieren also, Herr Pfeiffer, dafür, das Fracking als eine Technologie in Deutschland zu verwenden, einzusetzen und Erfahrungen damit zu sammeln. Wenn man dem Bundesumweltminister Peter Altmaier zuhört – und das haben wir getan in den vergangenen Stunden -, dann spricht er davon, dass es ein faktisches Moratorium gebe nach dem Gesetzentwurf, der nun auf dem Tisch liegt. Er will beruhigen, es ändere sich gar nichts, so schnell wird hier in Deutschland nicht durch den Untergrund gebohrt. Sehe ich da einen Widerspruch?

    Pfeiffer: Nein, da sehe ich keinen Widerspruch. Ich bin mir mit Peter Altmaier völlig einig. Schließlich haben wir ja aus der Fraktion heraus zusammen mit dem Koalitionspartner FDP die Grundlagen gelegt und auch die Eckpunkte festgelegt, wo jetzt die Ministerien gebeten wurden – und das haben sie jetzt gemacht -, den Gesetzentwurf vorzulegen, Wirtschaftsministerium und Umweltministerium. Das heißt ganz klar: Wir nehmen die Bedenken ernst. Wir haben ein Bergrecht, nach dem die Schiefergas-Gewinnung heute schon abgewickelt werden könnte. Wir stehen ja da am Anfang. Wir wollen aber, dass dies unter strengsten Umweltgesichtspunkten passiert, und deshalb brauchen wir Planungs- und Investitionssicherheit für diejenigen, die sich dort engagieren wollen, und wir brauchen auch Klarheit für den Bürger, dass das Trinkwasser für uns das höchste Gut ist. Deshalb bestätigen wir in diesem Gesetz noch mal, dass in Trinkwasser-Schutzgebieten die Schiefergas-Gewinnung und das Fracking ausgeschlossen ist und in anderen Gebieten nur unter höchsten Umweltgesichtspunkten durchgeführt werden kann, also mit Umweltverträglichkeitsprüfung und anderem mehr. Insofern ist dieses ein Beitrag zur Verbesserung und zur Schaffung von Investitions- und Planungssicherheit für alle Beteiligten, für Bürger und für die Wirtschaft.

    Grieß: Die Position von Joachim Pfeiffer, dem wirtschaftspolitischen Sprecher von CDU und CSU im Deutschen Bundestag. Herr Pfeiffer, haben Sie herzlichen Dank, dass Sie die Zeit gefunden haben heute Mittag. Danke schön!

    Pfeiffer: Ja bitte schön! – Auf Wiederhören.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.