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Angus Young
"Ich greife immer noch gerne zur Gitarre "

Das neue Album "Rock or Bust" muss nicht das letzte sein, findet AC/DC-Gründer Angus Young. Obwohl Drummer Phil Rudd ein Prozess wegen illegalem Drogenbesitz droht und Rhythmusgitarrist Malcolm Young unter fortgeschrittener Demenz leidet. Und - so Angus - wohl auch nicht mehr zurückkehrt.

Von Marcel Anders | 29.11.2014
    Sänger Brian Johnson (links) und Gitarrist Angus Young auf der Bühne.
    AC/DC, die mit 200 Millionen verkaufter Alben zu den erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten zählen, glänzen weniger durch Originalität und Vielfalt, als durch Attitüde, Spielfreude und handwerkliches Können. (picture alliance / dpa / epa / anp / Robert Vos)
    "In seinem aktuellen Zustand würde ich das ausschließen. Denn er hatte einen üblen Rückfall, und hat selbst gesagt, dass er nicht weitermachen kann."
    Was laut Angus Young aber nicht weiter schlimm ist. Schließlich habe man Phil Rudd bereits öfters ersetzt und in Stevie Young nicht nur einen Gitarristen gefunden, der exakt wie sein Onkel Malcolm klinge, sondern man habe auch vorgesorgt - und über die Jahrzehnte so viele Riffs und Songideen gebunkert, dass daraus noch zig AC/DC-Alben entstehen könnten. Egal, in welcher Besetzung und in welchem Gesundheitszustand.
    "Jedes unserer Alben basiert auf gesammelten Ideen. Denn wir haben viele Ansätze und halb fertige Stücke, an denen wir zwar mal gearbeitet, sie aber nie verwendet haben. Davon sind noch etliche vorhanden. Und so sind wir selbst bei "Back In Black", unserem erfolgreichsten Album, vorgegangen. Eben: "Lass uns dieses Riff von 1978 nehmen und da einbauen." Und ich habe ein paar Sachen, die ich seit meinem 14. Lebensjahr mit mir herumtrage und die ich Malcolm regelmäßig vorgespielt habe. Seine Reaktion war dann: "Du spielst ja immer noch dieses Riff." Darauf ich: "Ja, und eines Tages wird es dir auch gefallen."
    Musikalischer Steckbaukasten
    Den musikalischen Steckbaukasten hört man "Rock Or Bust", dem 15. Album der Australier, allerdings nicht an - das Alter und die Probleme der Protagonisten auch nicht. Die verfahren hier nach dem Motto "weniger ist mehr", legen mit 11 Stücken in 35 Minuten das kürzeste AC/DC-Epos aller Zeiten vor, variieren immer wieder das Tempo und den Härtegrad, und erweisen sich als dabei als ansprechende, elektrifizierte Blues-Band.
    "Wir sind große Fans des Blues. Und deswegen sind da auch eine Menge Einflüsse in unserer Musik. Wobei wir aber nicht die Einzigen sind, für die das gilt. Ich meine, wenn du dir Elvis Presley anhörst, dann ist gerade sein Frühwerk purer Blues. Und dasselbe gilt für eine Menge Künstler. Was bedeutet, dass dieses Blues-Ding schon immer da war. Und es ist auch Teil unserer Natur."
    200 Millionen verkaufte Alben
    Wobei AC/DC, die mit 200 Millionen verkaufter Alben zu den erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten zählen, weniger durch Originalität und Vielfalt glänzen als durch Attitüde, Spielfreude und handwerkliches Können. Aber auch durch humorvolle Texte, die von antiken Feldherren, schnellen Autos und aufreizenden Damen handeln. Was zwar nicht pulitzerpreis-verdächtig ist, laut Angus aber zumindest ein kleines bisschen Gesellschaftskritik birgt.
    "Der Song Miss Adventure erinnert mich an frühe James-Bond-Filme, in denen die weiblichen Figuren so merkwürdige Namen wie Pussy Galore hatten. Das ist einer, an den ich mich gerne erinnere, und die es in den neuen Filmen einfach nicht mehr gibt. Was ich sehr vermisse. Denn das war es, was mich als Kind ins Kino gelockt hat - weil ich gespannt war, womit sie als Nächstes aufwarten."
    Showeffekte und gigantische Glocken
    Womit AC/DC als Nächstes aufwarten, ist indessen abzusehen. Im Frühjahr 2015 geht es auf eine weitere Mammuttournee. Natürlich durch die größten Stadien der Welt, mit ohrenbetäubender Lautstärke und bewährten Showeffekten wie geballter Pyrotechnik, gigantische Glocken, Teufelshörnern und einem Gitarristen, der Schuluniformen trägt, zwei Stunden lang unter Starkstrom steht und das läuferische Pensum eines Hochleistungssportlers absolviert.
    "Keine Ahnung, wie viele Kilometer das sind. Ich weiß nur, dass ich einen ziemlichen Verschleiß an Schuhen habe. Deshalb lieben mich die Fachgeschäfte. Aber: Es ist halt die Musik, die mir einen solchen Schub gibt. Und diese Songs zu spielen, bedeutet, sich zu bewegen. Das ist es, was sie bei mir auslösen. Und wir werden auch diesmal unser Bestes geben, um eine tolle Tour abzuliefern. Eben einen richtig guten Event."
    "Es gibt keinen Grund aufzuhören"
    Und obwohl er inzwischen 59 ist, sich keine Sorgen um die Rente machen muss, mit Ehefrau Ellen im niederländischen Aalten lebt und als talentierter Hobby-Maler gilt: Ans Aufhören denkt der 1,60 Meter große Gitarrengott Angus Young noch lange nicht. Dafür hat er den Lifestyle des jetsettenden Musikers zu sehr verinnerlicht. Und Stadionhymnen mit Powerakkorden und Mitgröhltexten schreibt er inzwischen auch im Schlaf.
    "So lange man das ordentlich macht, das Verlangen hat und sich dabei wohlfühlt, gibt es keinen Grund aufzuhören. Und ich liebe, was ich tue - ich greife immer noch gerne zur Gitarre und schreibe einen Song oder gehe auf die Bühne. Den Hunger habe ich nach wie vor."