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Anti-Terror-Datei
Voßhoff gegen erweiterte Zugriffsmöglichkeit

Die Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Andrea Voßhoff (CDU), hat den Vorstoß von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) scharf kritisiert, den Zugang zur sogenannten Anti-Terror-Datei zu erweitern. Außerdem beklagt sie mangelnde Kontrollmöglichkeiten für die Datenschutzbeauftragten.

Von Gudula Geuther | 23.07.2014
    Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) bei ihrer Amtseinführung mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), nebeneinander auf Stühlen sitzend, beide schwarz gekleidet
    Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) bei ihrer Amtseinführung mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) (dpa/picture alliance/Oliver Berg)
    Bisher hatte sich die neue Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff öffentlich betont zurückgehalten. Das hindert sie offenbar nicht, sich in der Sache klar zu äußern. In einem Brief an den Innenausschuss übt die frühere rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion scharfe Kritik an einem Gesetzentwurf ihres Parteifreundes, Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Konkret geht es um die Umgestaltungen der Anti-Terror-Datei, so wie sie das Bundesinnenministerium vorgeschlagen hat. Die Antiterrordatei wurde nach den Anschlägen in London 2005 errichtet. Fast 40 Sicherheitsbehörden, darunter Polizei und Geheimdienste, haben Zugriff darauf. Die Datei ist der Versuch, mit dem Trennungsgebot umzugehen. Ein sensibler Bereich, erläutert Eric Töpfer vom Deutschen Institut für Menschenrechte:
    "Die Nachrichtendienste haben einfach ganz andere Befugnisse zur Datenerhebung. Sie können ja weit im Vorfeld von unmittelbaren Gefahren Daten erheben. Und wenn solche Informationen dann an die Polizei überspielt werden, dann heißt das eben, dass die Befugnisse der Polizei umgangen würden. Deswegen sagt das Bundesverfassungsgericht: Das darf nur in ganz großen Ausnahmefällen passieren, nämlich dann, wenn es Hinweise auf eine unmittelbare Gefahr eines Anschlags oder so etwas gibt."
    Vorstoß hat mit Vorgaben des Gerichts nichts zu tun
    Die Datei, so wie sie bisher existiert, wird diesen besonderen Ansprüchen nicht durchweg gerecht, befand im April vergangenen Jahres das Bundesverfassungsgericht. Bis Ende dieses Jahres muss der Gesetzgeber nachbessern. Andrea Voßhoff beklagt nun in dem Brief, dass das nicht ausreichend geschehe. Die Karlsruher Richter hätten sich ganz besonders um die Speicherung von Personen gesorgt, die mit Verdächtigen - im Wissen um deren Aktivitäten oder nicht - in Kontakt stehen, in diesem Punkt gehen der Bundesdatenschutzbeauftragten die Änderungen nicht weit genug. Vor allem aber kritisiert sie einen Punkt, der mit den Gerichtsvorgaben gar nichts zu tun hat: Innenminister de Maizière will die Zugriffsmöglichkeiten auf die Datei erweitern. Normalerweise funktioniert die Datensammlung so: Ein - zum Beispiel - Polizist gibt einen Verdächtigen ein, zur Antwort bekommt er nicht alles, was über ihn gespeichert ist. Sondern ihm werden Ansprechpartner bei den Behörden genannt, die weitere Informationen haben. Nur wenn besondere Gefahren unmittelbar drohen, kann der Polizist direkt auf Daten zugreifen. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass unter bestimmten Umständen auch anders auf die Daten zugegriffen werden kann - über eine sogenannte erweiterte Analysemöglichkeit. Eric Töpfer erläutert:
    "Was der Bundesregierung da jetzt vorschwebt ist, dass Analyseprojekte bei einzelnen Behörden, beispielsweise beim Bundesnachrichtendienst oder beim Bundeskriminalamt, installiert werden können, die dann auf den gesamten Datenpool der Dateien - das waren, letzte Angabe, vor dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, ungefähr 18.000 Personen - dass dann die Analysegruppe den kompletten Datenpool nutzen kann, um Beziehungsgeflechte, Reisebewegungen etc. abzubilden beziehungsweise zu analysieren."
    Innenministerium: "Vorgaben wird Genüge getan"
    Diesen Punkt hatte auch schon der Bundesrat kritisiert. Andrea Voßhoff findet außerdem, die Datenschutzbeauftragten hätten zu wenige Kontrollmöglichkeiten, eine an sich vorgeschriebene unabhängige Bewertung der Datei habe außerdem nicht stattgefunden. Das Bundesinnenministerium mit seinem Sprecher Tobias Plate gibt sich unbeeindruckt:
    "Wir sind überzeugt, dass die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht ja relativ explizit der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben hat und dem Gesetzgeber, dass dem mit dem Entwurf Genüge getan wird."
    So klar die Kritik ist, im öffentlichen Auftritt bleibt sich Andrea Voßhoff treu: Sie ist im Urlaub und nicht zu erreichen.