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Anti-Terror-Demonstration
Kritik an Absage von DITIB

Die Kritik am deutsch-türkischen Moscheenverband DITIB im Zusammenhang mit der geplanten Anti-Terror Demonstration in Köln wächst. Die DITIB hatte ihre Teilnahme an der Demonstration unter anderem mit der Begründung abgesagt, sie greife als Zeichen gegen Terror zu kurz und stigmatisiere Muslime.

Von Peter Sawicki | 15.06.2017
    Die Zentralmoschee in Köln (Nordrhein-Westfalen), aufgenommen am 13.12.2013. Die türkisch-islamischen Union, Ditib, rechnet mit einer Fertigstellung des Moschee-Neubaus zum Beginn des Ramadan-Festes im Juni 2014. Foto: Oliver Berg/dpa | Verwendung weltweit
    Fastenden Muslimen sei es nicht zuzumuten, "in der prallen Mittagssonne zu marschieren und zu demonstrieren“, heißt es in einer Stellungnahme der DITIB zur Absage der Anti-Terror-Demonstration. (dpa)
    Es gab eine Zeit, da war DITIB, der größte Islam-Verband in Deutschland, noch eine Art Lieblingspartner der Politik - wenn es darum ging, über den Islam und seine Rolle bei der Integration zu sprechen.
    Das Image der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion ist aber schon seit einiger Zeit angekratzt. Imame der DITIB sollen im Auftrag der türkischen Regierung Oppositionelle in Deutschland ausspioniert haben. Dass DITIB jetzt die Teilnahme an einer Anti-Terror-Demo in Köln abgesagt hat, dürfte den Ruf des Verbands nicht gerade verbessern. Der Grünen-Co-Vorsitzende Cem Özdemir hat für die Absage kein Verständnis:
    "Es ist doch erst mal Ausdruck einer Geisteshaltung. Und es ist vor allem auch eine verpasste Chance für DITIB zu zeigen, dass sie - gerade jetzt in dem für die Muslime heiligen Monat des Ramadan, der ein Monat des Friedens und der Solidarität mit Armen, Familien, Nachbarschaft ist - ein klares Signal zu senden. Dass man da zusammensteht."
    DITIB: Demonstration stigmatisiert Muslime
    Zwei Gründe führt DITIB für die Absage an. Den fastenden Muslimen sei es nicht zuzumuten, in der "prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und zu demonstrieren", heißt es in einer Stellungnahme. In erster Linie kritisiert DITIB aber die Demonstration an sich. Als Zeichen gegen Terrorismus greife sie zu kurz und stigmatisiere die Muslime sogar.
    Diese Meinung teilen andere Muslimverbände allerdings nicht. Ayman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, hob die Bedeutung der Demonstration ausdrücklich hervor. Muslime müssten auch auf die Straße gehen, um Extremismus zu verurteilen, sagte Mazyek der Rheinischen Post. Lamya Kaddor vom Liberal-Islamischen Bund, die den Marsch mitorganisiert, hatte im Deutschlandfunk vor kurzem die Zwietracht innerhalb der deutschen Islamverbände kritisiert:
    "Manchmal habe ich das Gefühl, dass uns diese Differenzen gefallen, und dass wir uns zu lange damit aufhalten. Anstatt in den wirklich wichtigen Dingen dann doch mal zusammenzukommen. Das ist für mich ein wirklich wichtiger innerislamischer Kritikpunkt."
    Özdemir: "Ab jetzt muss es Klartext geben"
    Grundsätzliche Kritik an DITIB übt auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz. Auf Anfrage sagt die SPD-Politikerin: "Ich habe das Gefühl, dass bei DITIB tatsächlich das Bewusstsein noch nicht erwacht ist, dass ja auch in ihren eigenen Reihen manche Dinge passiert sind, die hier großes Misstrauen hervorrufen. DITIB muss hier deutlich machen, wo sie eigentlich stehen. Ob sie an unserer Seite stehen, ob sie sich deutsch fühlen, ob sie sich ändern wollen? Auch von der Türkei trennen wollen?"
    Formal untersteht der Verband DITIB der türkischen Religionsbehörde. Viele sehen darin ein Integrationshindernis der an DITIB gekoppelten Moscheen. Nach der Demo-Absage müsse die Koalition den Druck auf den Verband erhöhen, fordert Grünenpolitiker Özdemir: "Dieser unkritische Umgang von CDU/CSU und von SPD mit DITIB, der muss endlich ein Ende haben. Ab jetzt muss es Klartext geben. Leistung für Gegenleistung und nicht Leistung ohne Gegenleistung."