Dienstag, 23. April 2024


April 2014: LOSREIS(S)EN

Im April geht »lyrix« auf Reisen. Wir besuchen das Schillerhaus in Rudolstadt - dort treffen wir auf das "Reiseschreibzeug" Friedrich Schillers sowie auf ein Gedicht des Lyrikers André Schinkel.

01.04.2014
    Das Schreiben auf Reisen hat eine lange Tradition. Früher waren Reisen mit hohem Aufwand verbunden, wer nicht das Glück hatte ein Pferd oder eine Kutsche zu besitzen, musste seine Wege zu Fuß zurücklegen. Egal ob zu Pferd oder zu Fuß, man brauchte Tage oder Wochen, um sein Ziel zu erreichen. Heute ist das kaum noch vorstellbar, kann man doch tausende von Kilometern in kürzester Zeit mit Zug oder Flugzeug zurücklegen.
    Etwas das sich jedoch nicht ändert: immer noch fasziniert es uns unterwegs zu sein und Reisende begeben sich immer wieder auf die Suche nach neuen Impressionen in noch unbekannten Städten und Ländern. Wie Schiller und Goethe damals, sind Schriftsteller und Künstler auch heute unterwegs, um auf Reisen neue Impulse für ihr kreatives Schaffen zu finden.
    Was sich sicherlich verändert hat, sind die Werkzeuge und Mittel mit denen Texte oder Bilder auf Reisen produziert werden. Heute nutzen wir häufig E-Mails, Tablets oder auch Blogs und Social Media um unsere Eindrücke festzuhalten und anderen zu vermitteln. Notizen entstehen häufig auf Handys. Und sollten sie doch in ein Notizbuch eingetragen werden, so ist die Handhabung eines Kugelschreibers wesentlich leichter, als die Nutzung von Feder und Tinte.
    Friedrich Schiller, der auf seinen Reisen einige herausragende Persönlichkeiten kennenlernte, wie z.B. Alexander von Humboldt, Johann Gottfried Herder und nicht zuletzt Johann Wolfang von Goethe, dessen erste Begegnung er in Rudolstadt machte, nutzte für seine Arbeiten das im Schillerhaus ausgestellte Reiseschreibzeug.
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    "Reiseschreibzeug" Friedrich Schillers (Foto: Mathias Michaelis, Deutsches Literaturarchiv Marbach)
    Ein Gedicht passend zu unserem Thema haben wir bei dem Lyriker André Schinkel gefunden. Er unternahm viele Lesereisen in unterschiedlichste Länder - seine Eindrücke verarbeitete er oftmals in Reisegedichten. Ein Text, in dem es um das Reisen geht, aber auch um Emotionen, die viele Reisende vielleicht kennen, ist "An den nachtblauen Falter". Hier spiegelt sich die Sehnsucht und Erwartungen an etwas, von dem man nicht sicher sein kann, es überhaupt zu finden. Es ist auch die ruhelose Suche nach einem ganz besonderen Augenblick, das Warten auf den außergewöhnlichen Moment.
    An den nachtblauen Falter
    Auf dich, Schmetterling, habe ich den ganzen
    Tag schon gewartet, deine meerblauen
    Schwingen. Unruhig durchlief ich die Nacht,
    Am frühen Mittag begann ich zu trinken,
    Weil: ich hielt die Erwartung nicht aus. Und nun
    Wieder Nacht, und mein Kopf voller Wein,
    Und der Schlaf kommt nicht, bevor du nicht
    Kommst. Weithin dein Flug, von der
    Baltischen See her, und immer zu mir, auf der
    Flucht vor den Krähen, die aus Norwegen
    Sind. Dein Blick – süd-skandinavisches Licht
    Unter der gleichmäßigen Schwinge,
    Wenn du in den heimischen Schlag kehrst,
    Nektarperlen im Pelz und Blütenstaubduft: Auf
    Dich habe ich den ganzen Sommer gewartet.
    (Aus: A. S., Löwenpanneau, Neue Gedichte, Mitteldeutscher Verlag 2007)
    Schreibt uns ein Gedicht zu Aspekten des Reisens oder über die Art des Schreibens. Ihr könnt von faszinierenden Orten berichten, von den verschiedenen Möglichkeiten herumzukommen oder auch über die Nutzung spezieller Schreibwerkzeuge. Vielleicht verreisen einige von euch in den Osterferien und senden uns ein "richtiges" Reisegedicht. Manchmal ist ein Ausflug oder Aufenthalt an einem anderen Ort ein erhofftes Losreißen und eine wohltuende Auszeit aus dem monotonen Alltag. Reißt auch ihr euch los, nehmt euch die Zeit und schreibt uns ein Gedicht.
    Wir freuen uns auf alle Einsendungen!
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    André Schinkel wurde 1972 im sächsischen Eilenburg geboren, er lebt in Halle a. d. Saale. Nach der Ausbildung zum Rinderzüchter mit Abitur Studium Umweltschutztechnik, Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie in Wernigerode und Halle, Magister artium 2001. Tätigkeit als Autor, Lektor, Nachdichter, Kritiker. Chefredakteur der Literaturzeitschrift "oda – Ort der Augen" seit 2005. Lesereisen nach Bosnien-Herzegowina, Italien, Armenien, Bulgarien, Bergkarabach. Georg-Kaiser-Förderpreis. Joachim-Ringelnatz-Nachwuchspreis für Lyrik. Walter-Bauer-Preis. Stadtschreiber von Halle und Ranis, ab Juli 2014 ist Schinkel Stadtschreiber von Jena. Mitglied des PEN. Zuletzt: "Parlando. 44 Texte", Bucha b. Jena: Edition Ornament 2012.
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    André Schinkel (Christian Engel)
    Das Schillerhaus in Rudolstadt widmet sich Schillers "Rudolstädter Sommer". Diese Zeit war für den Dichter eine der glücklichsten seines Lebens, aber auch eine, in der viele Weichen gestellt worden: hier hatte sein unstetes Wanderleben ein Ende, erlangte er neue Zuversicht für sein künstlerisches Schaffen, lernte er Goethe kennen und seine spätere Frau, Charlotte von Lengefeld. Bevor er aber Charlotte heiratete, lebte er einen Sommer lang in einer Ménage à trois mit ihr und ihrer Schwester, einen Sommer, dessen Ende er immer weiter hinausschob.
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    Das Schillerhaus in Rudolstadt (Foto: Alexander Stemplewitz)
    Das Schillerhaus beherbergt in den behutsam rekonstruierten Räumen eine Ausstellung, deren "Drehbuch" mit multimedialen Präsentationen viel gelobt wird, sowie ein Restaurant. Im großen, parkartigen Garten und im überdachten Lichthof finden Theaterveranstaltungen, Lesungen, Konzerte und Kinoabende statt.
    Die Unterrichtsmaterialien für April zum Download!