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Araber in China
"Ich bin kein Flüchtling"

In China leben heute viele Menschen aus den kriegsgebeutelten Staaten Syrien, Irak und dem Jemen - so auch Mohamed Al Salami und Ahmed Sarakbi. Sie haben sich in der Stadt Yiwu eine neue Existenz aufgebaut und fühlen sich heimisch. Und sie haben nicht vor, wieder zurückzugehen.

Von Steffen Wurzel | 28.08.2017
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    Mohamed Al Salami ist Mitte der 90er-Jahre aus dem Jemen nach China gekommen (Deutschlandradio/Steffen Wurzel)
    Von seinem Chef-Büro im 16. Stockwerk hat Mohamed Al Salami einen großartigen Blick über Yiwu. Mitte der 90er-Jahre kam er aus dem Jemen nach China. Vor etwa 16 Jahren ist er ins damals noch ziemlich verschlafene Yiwu gezogen. Seitdem ist die Stadt auf rund 1,2 Millionen Einwohner angewachsen. Yiwu gilt heute als eine der internationalsten Städte Chinas. Wegen der mehr als zehntausend Araber, die hier leben, nennt man sie auch "Klein-Arabien".
    "Seit 21 Jahren lebe ich in China. Fast mein halbes Leben habe ich hier verbracht. China fühlt sich für mich an wie ein zweites Heimatland."
    Wenn Mohamed Al Salami über sich redet oder über Gefühle und Emotionen, spricht er Chinesisch. Geht es ums Geschäft, wechselt er ins Englische. Die Firma des 44-Jährigen handelt mit Gebrauchsgütern, die hier in der Stadt massenweise hergestellt und vertrieben werden: Kleidung, Haushaltsgegenstände, Schreibwaren, Spielzeug und andere Kleinwaren: Yiwu gilt als wichtigstes Handelszentrum ganz Chinas für solche Produkte und Mohamads Firma verschickt sie containerweise in den Nahen Osten.
    Medien berichten negativ über Muslime
    Seit im Irak, Syrien und in seinem Heimatland Jemen Krieg herrscht, sind die Geschäfte zurückgegangen, sagt er. Trotzdem: Zurückgehen in den Nahen Osten wolle er nicht. Auch wenn die Situation für muslimische Araber längst nicht mehr so einfach sei wie früher.
    "Chinesische Medien folgen inzwischen vielen westlichen Medien in deren antimuslimischer Tendenz. Diese Vorurteile werden hierher übertragen. Chinesen beginnen langsam, auch negativ über Muslime zu denken."
    Das arabische Restaurant "Al Tarbouche" befindet sich direkt im Zentrum von Yiwu. Der 25-jährige Syrer Ahmed Sarakbi kommt mehrmals die Woche hier her - zum Tee trinken, Shisha rauchen und Freunde treffen. Seit Ahmet in China ist, nennt er sich Mike. Er verdient sein Geld als Schauspieler. Immer wieder wird er für kleinere Rollen in chinesischen Fernsehserien gebucht, wenn mal wieder ein Ausländer gebraucht wird. Mike ist besser fürs Geschäft als Ahmed, sagt er:
    "Ich hatte schon sehr früh vor, Syrien zu verlassen. Noch während der Schule. Als dann der Bürgerkrieg ausgebrochen ist, ist mir die Entscheidung noch leichter gefallen."
    "Ich habe Geld und will welches verdienen"
    Zuerst ging Ahmed nach Malaysia zum Studieren, und seit drei Jahren lebt er nun im chinesischen Yiwu. Auch, wenn er 2011 vor dem Krieg in seinem Heimatland Syrien geflohen ist, auf eines legt Ahmed Wert:
    "Ich bin kein Flüchtling. Deswegen bin ich auch nicht in einem Land, das offiziell Flüchtlinge aufnimmt. Dort würde man mich als Solchen bezeichnen und so behandeln. Wenn man Dich als Flüchtling bezeichnet, geht man davon aus, dass Du kein Geld hast. Aber ich habe welches und will welches verdienen."
    Fast jeden Tag telefoniert er mit Damaskus - mit seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester, sagt Ahmed.
    "Meine Eltern haben gemischte Gefühle. Sie sind glücklich, weil ich weg bin und unglücklich, weil ich weg bin! Sie wissen, dass ich so vielleicht mein Leben gerettet habe, andererseits bin ich ihr Sohn."
    Kinder fühlen sich in China heimisch
    Zurück im Büro des jemenitischen Geschäftsmanns Mohamad Al Salami. In seiner Heimat Jemen leben nur noch entfernte Verwandte. Seine Frau und seine Kinder leben mit ihm in Yiwu.
    "Meine drei Kinder sind hier in China geboren und aufgewachsen. An den Jemen verschwenden sie nicht sehr viele Gedanken. Sie fühlen sich hier zuhause. Wenn wir zu Besuch im Jemen sind, gefällt ihnen das gar nicht. Sie sind lieber in China. Papa! Wir wollen zurück nach China, sagen sie dann."