Stefan Heinlein: Die grundlegende Reform der Pflegeversicherung ist zunächst auf Eis gelegt. Mühsam einigten sich Union und SPD vor Wochen auf einen Kompromiss, dessen Wirksamkeit von vielen Seiten allerdings in Zweifel gezogen wird. Im Gegenteil: Einige Studien prognostizieren den drastischen Anstieg der Beiträge zur Pflegeversicherung in den kommenden Jahrzehnten. Schon heute gilt: Die ambulante Pflege von Angehörigen ist teuer und wird nur in Teilen von der Versicherung gedeckt. Genau diese Lücke will jetzt ein neues Unternehmen aus Bremen füllen. Die Geschäftsidee ist simpel. Die neue Dienstleistungsfreiheit in Europa macht es möglich. Mit billigen Arbeitskräften vornehmlich aus Osteuropa wird seit dem 1. August eine Rundumpflege zu Discount-Preisen angeboten. Doch es hagelt Kritik nicht nur am Firmennamen McPflege.
Am Telefon begrüße ich jetzt den Bundesvorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt Wilhelm Schmidt. Guten Morgen Herr Schmidt!
Wilhelm Schmidt: Guten Morgen, Herr Heinlein!
Heinlein: Pflege zu Billigpreisen. Glauben Sie an den Erfolg dieser Geschäftsidee?
Schmidt: Nein, ich glaube nicht daran, weil erstens sich diese Firma nur an die Klientel wendet, die ohnehin jetzt schon sich mehr oder weniger im Schwarzmarkt bedient. Von daher glaube ich, ist das ein sehr begrenztes Geschäftsmodell. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass nach meiner Überzeugung die Angehörigen oder auch die Pflegebedürftigen selber sehr schnell merken, wie begrenzt eine solche Leistung ist, die ihnen dort geboten wird, und werden ganz schnell dann auch davon absehen, ein solches Angebot anzunehmen.
Heinlein: Aber warum, Herr Schmidt, soll denn eine examinierte Pflegekraft aus Ungarn oder Polen schlechter sein als jemand, der hier bei uns in Deutschland diesen Beruf gelernt hat?
Schmidt: Da denken Sie mal an die Sprachprobleme und denken Sie daran, dass die Frau oder der Mann aus Ungarn, aus Polen oder aus Russland dann vielleicht auch erst mal irgendwo unterkommen muss. Das heißt, es muss ja irgendwo gewährleistet werden, dass der Kontakt hergestellt wird, dass damit dafür gesorgt wird, dass auch eine wirkliche Betreuung stattfindet und nicht nur - ich sage jetzt mal: irgendwo die Handreichungen stattfinden, die man auch ohne eine solche Kommunikation und ohne einen solchen Kontakt wahrnehmen kann. Also, es gibt glaube ich eine sehr begrenzte Möglichkeit auch, hier die Pflegebedürftigen in entsprechender Weise zu betreuen. Die Qualität ist niemals in dem gleichen Maße da wie durch eine Fachkraft in Deutschland.
Heinlein: Trotz dieser von Ihnen erwähnten Sprach- und Kommunikationsprobleme: Viele Deutsche hier können sich die teure Pflege ihrer Angehörigen schlichtweg nicht leisten. Wir haben es gehört in diesem Bericht. Was ist nun falsch daran, wenn ein Unternehmen eine preiswertere Alternative anbietet?
Schmidt: Also, ich bezweifle zunächst, dass sich das alles unter der Frage subsumieren lässt: Kann man sich das leisten? Wir haben eine Pflegeversicherung, die einiges abdeckt, und wir haben darüber hinaus bei denjenigen, die es sich wirklich nicht leisten können, ja auch noch die Sozialhilfe. Das heißt eigentlich: Die Leistungen, die notwendig sind, werden auch in unserem System im Wesentlichen abgedeckt. Es gilt in erster Linie für die ein solches Angebot, die vielleicht mit ihrem Eigenbeitrag, der geleistet werden muss, dann nicht rüberrücken wollen, also diejenigen, die ihr eigenes Geld sparen wollen. Da ist natürlich dann auch die eigene Entscheidung im Vordergrund. Klar ist aber auf jeden Fall, dass hier in diesem Fall eine Billigpflege angeboten wird, die längst nicht dem entspricht, was ein qualitativ hochwertiges Angebot von ambulanten Diensten, wie es ja vorher gerade geschildert worden ist, darstellt.
Heinlein: Sie haben, Herr Schmidt, in Ihrer ersten Antwort die Schwarzarbeit erwähnt und in der Tat ist es ja so, dass bis zu 100.000 schwarz arbeitende Pfleger beschäftigt werden hier in Deutschland. Ist es jetzt nicht besser, wenn diese illegale Schwarzarbeit enthoben wird, ihr der Boden entzogen wird durch das Angebot preiswerterer Alternativen?
Schmidt: Nein, ich glaube nicht. Es ist so, dass wir daran arbeiten müssen, die Pflegeversicherung an sich zu verbessern. Wir brauchen bessere Leistungen in der Pflegeversicherung. Dazu ist ein Beirat eingesetzt, dessen Vorsitzender ich bin. Wir arbeiten daran über die Kleinreform, die Sie erwähnt haben, hinaus und werden noch im nächsten Jahr dazu auch ein Angebot vorlegen. Ich bin sicher, dass die Politik an dem Angebot eines solchen sehr breit aufgestellten Beirats nicht vorbeigehen kann. Aber auf der anderen Seite ist es so, dass ich glaube, dass hier auch zum Teil mit falschen Zahlen operiert wird. Also, hier wird ein Horrorgemälde gemalt, als wenn jede Pflege 5.000 € kostet. Das ist überhaupt nicht so. Die meisten Pflegeangebote sind sehr viel günstiger zu haben, auch von deutschen Fachkräften.
Heinlein: Beraten wird ja schon lange und die Politik kommt ja nicht so recht von der Stelle, Herr Schmidt. Wir haben es in den letzten Wochen und Monaten erlebt. Jetzt sieht es so aus, als ob der Markt über Angebot und Nachfrage regelt, wozu die Politik nicht in der Lage ist.
Schmidt: Das will ich nicht ganz ausschließen. Ich hätte mir auch gewünscht, dass im politischen Raum die Entscheidungen schneller getroffen worden wären, vor allen Dingen für diesen ersten Schritt der Pflegereform. Ich bin aber sicher, dass der erstens über die Bühne geht. Das würde schon eine bessere Bezahlung und Finanzierung insbesondere bei der Behandlung der Demenzkrankheit dann auch hervorrufen. Das würde die Möglichkeiten der Leistungen für die ambulante Versorgung verbessern, die in der Pflegeversicherung bisher sehr vernachlässigt worden waren. Und es muss dann auch dafür gesorgt werden, dass in einer wirklich grundsätzlichen Reform mehr Leistungen möglich sind, als das bisher unter rein körperbedingten Pflegebedürftigkeitsbegriffen dann auch enthalten war. Das heißt also, wir haben da schon einen Reformstau und der muss dringend aufgearbeitet werden. Dennoch sage ich, eine Billigfirma wie diese ist ein Angebot, das erstens nach meiner Einschätzung ein Etikettenschwindel ist, der sich bald entlarven wird, und das zweite ist, dass natürlich immer auch derjenige, der verantwortungsbewusst mit Pflegebedürftigen umgeht, nicht in einem solchen Billigsegment landet.
Heinlein: Aber solange es diesen Reformstau gibt, Herr Schmidt, solange wird es Schwarzarbeit geben und eben auch eine Firma wie McPflege einen Markt finden.
Schmidt: Das schließe ich nicht aus, aber dieser Markt, wie ich anfangs gesagt habe, ist nach meiner Einschätzung außerordentlich begrenzt bei denen, die nach meiner Einschätzung eher vielleicht immer auf das Geld gucken und nicht auf die Notwendigkeit, jemanden sorgfältig und qualitativ hochwertig zu betreuen und pflegen zu lassen, der entsprechende Notwendigkeit an der Pflegebedürftigkeit hat. Also, ich finde, es ist auch zutiefst menschlich, nicht nur auf das Geld zu sehen, sondern auf ein qualitativ hochwertiges Angebot.
Heinlein: Zutiefst menschlich ist es aber auch für manche Familien, für manche Angehörigen, dass sie dann durch McPflege das Gefühl haben, dass rund um die Uhr jemand für ihre pflegebedürftigen Angehörigen da ist, vor Ort ist und sich um sie kümmert.
Schmidt: Also, wer 5.000 € zu bezahlen hat, der muss einen schwerstpflegebedürftigen Menschen pflegen lassen und das geht mit solchen Kräften sowieso überhaupt nicht. Und wer eine solche Schwerstpflegebehinderung betreuen lassen muss, der kriegt erstens die höchste Stufe der Pflegeversicherung und der kann dann auch die restlichen Leistungen nach meiner Einschätzung über Sozialhilfe und andere Formen in Anspruch nehmen. Von daher ist die Lücke gar nicht so groß, wie sie immer dargestellt wird, und ich bin deswegen sicher, dass hier auch ganz schnell klar wird, wenn sich jemand dann im Einzelnen darum kümmert, dass es hier nur um die leichte Betreuung von Menschen zu Hause geht, und das wird zu einem Teil tatsächlich etwas teurer von deutschen Diensten angeboten, privaten genauso wie von der Wohlfahrtspflege. Deswegen bin ich sicher, wird sich das ganz schnell sortieren.
Heinlein: Nicht jeder geht gerne zum Sozialamt, Herr Schmidt. Heißt das unter dem Strich für Sie – und ein bisschen habe ich den Eindruck -, dass Sie als Pflegeanbieter AWO diese Billigkonkurrenz aus Osteuropa fürchten, weil es ganz einfach Ihr Geschäft kaputt macht?
Schmidt: Nein. Da bin ich absolut sicher, dass es unser Geschäft nicht kaputt macht. Wir haben das jetzt ja auch schon bei der Schwarzarbeit festgestellt und hier werden nur die Schwarzarbeiter in halbwegs legale Kanäle bei McPflege gelenkt. Also, der Markt wird sich da nicht sehr viel erweitern. Angst haben wir also davor im Prinzip nicht. Der andere Teil ist eben nur, dass man sagen muss: Wir wollen auch selbst offensiver werden und klar machen: Wo ist denn unsere Qualität? Was wird damit auch finanziert an Betreuung und Pflege? Da müssen wir uns den Marktgegebenheiten stellen. Das heißt also auch, Dienste wie die Diakonie, die Caritas, die AWO und andere werden sich entsprechend darauf einstellen müssen, mit ihren eigenen Angeboten etwas deutlicher in der Öffentlichkeit aufzutreten und zu sagen: Wir sind die Alternative, und was wir bieten, muss dann eben auch viel deutlicher und klarer werden. Das ist auch unsere eigene Aufgabe.
Heinlein: Der Awo-Bundesvorsitzende Wilhelm Schmidt heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Herr Schmidt, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Schmidt: Wiederhören.
Am Telefon begrüße ich jetzt den Bundesvorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt Wilhelm Schmidt. Guten Morgen Herr Schmidt!
Wilhelm Schmidt: Guten Morgen, Herr Heinlein!
Heinlein: Pflege zu Billigpreisen. Glauben Sie an den Erfolg dieser Geschäftsidee?
Schmidt: Nein, ich glaube nicht daran, weil erstens sich diese Firma nur an die Klientel wendet, die ohnehin jetzt schon sich mehr oder weniger im Schwarzmarkt bedient. Von daher glaube ich, ist das ein sehr begrenztes Geschäftsmodell. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass nach meiner Überzeugung die Angehörigen oder auch die Pflegebedürftigen selber sehr schnell merken, wie begrenzt eine solche Leistung ist, die ihnen dort geboten wird, und werden ganz schnell dann auch davon absehen, ein solches Angebot anzunehmen.
Heinlein: Aber warum, Herr Schmidt, soll denn eine examinierte Pflegekraft aus Ungarn oder Polen schlechter sein als jemand, der hier bei uns in Deutschland diesen Beruf gelernt hat?
Schmidt: Da denken Sie mal an die Sprachprobleme und denken Sie daran, dass die Frau oder der Mann aus Ungarn, aus Polen oder aus Russland dann vielleicht auch erst mal irgendwo unterkommen muss. Das heißt, es muss ja irgendwo gewährleistet werden, dass der Kontakt hergestellt wird, dass damit dafür gesorgt wird, dass auch eine wirkliche Betreuung stattfindet und nicht nur - ich sage jetzt mal: irgendwo die Handreichungen stattfinden, die man auch ohne eine solche Kommunikation und ohne einen solchen Kontakt wahrnehmen kann. Also, es gibt glaube ich eine sehr begrenzte Möglichkeit auch, hier die Pflegebedürftigen in entsprechender Weise zu betreuen. Die Qualität ist niemals in dem gleichen Maße da wie durch eine Fachkraft in Deutschland.
Heinlein: Trotz dieser von Ihnen erwähnten Sprach- und Kommunikationsprobleme: Viele Deutsche hier können sich die teure Pflege ihrer Angehörigen schlichtweg nicht leisten. Wir haben es gehört in diesem Bericht. Was ist nun falsch daran, wenn ein Unternehmen eine preiswertere Alternative anbietet?
Schmidt: Also, ich bezweifle zunächst, dass sich das alles unter der Frage subsumieren lässt: Kann man sich das leisten? Wir haben eine Pflegeversicherung, die einiges abdeckt, und wir haben darüber hinaus bei denjenigen, die es sich wirklich nicht leisten können, ja auch noch die Sozialhilfe. Das heißt eigentlich: Die Leistungen, die notwendig sind, werden auch in unserem System im Wesentlichen abgedeckt. Es gilt in erster Linie für die ein solches Angebot, die vielleicht mit ihrem Eigenbeitrag, der geleistet werden muss, dann nicht rüberrücken wollen, also diejenigen, die ihr eigenes Geld sparen wollen. Da ist natürlich dann auch die eigene Entscheidung im Vordergrund. Klar ist aber auf jeden Fall, dass hier in diesem Fall eine Billigpflege angeboten wird, die längst nicht dem entspricht, was ein qualitativ hochwertiges Angebot von ambulanten Diensten, wie es ja vorher gerade geschildert worden ist, darstellt.
Heinlein: Sie haben, Herr Schmidt, in Ihrer ersten Antwort die Schwarzarbeit erwähnt und in der Tat ist es ja so, dass bis zu 100.000 schwarz arbeitende Pfleger beschäftigt werden hier in Deutschland. Ist es jetzt nicht besser, wenn diese illegale Schwarzarbeit enthoben wird, ihr der Boden entzogen wird durch das Angebot preiswerterer Alternativen?
Schmidt: Nein, ich glaube nicht. Es ist so, dass wir daran arbeiten müssen, die Pflegeversicherung an sich zu verbessern. Wir brauchen bessere Leistungen in der Pflegeversicherung. Dazu ist ein Beirat eingesetzt, dessen Vorsitzender ich bin. Wir arbeiten daran über die Kleinreform, die Sie erwähnt haben, hinaus und werden noch im nächsten Jahr dazu auch ein Angebot vorlegen. Ich bin sicher, dass die Politik an dem Angebot eines solchen sehr breit aufgestellten Beirats nicht vorbeigehen kann. Aber auf der anderen Seite ist es so, dass ich glaube, dass hier auch zum Teil mit falschen Zahlen operiert wird. Also, hier wird ein Horrorgemälde gemalt, als wenn jede Pflege 5.000 € kostet. Das ist überhaupt nicht so. Die meisten Pflegeangebote sind sehr viel günstiger zu haben, auch von deutschen Fachkräften.
Heinlein: Beraten wird ja schon lange und die Politik kommt ja nicht so recht von der Stelle, Herr Schmidt. Wir haben es in den letzten Wochen und Monaten erlebt. Jetzt sieht es so aus, als ob der Markt über Angebot und Nachfrage regelt, wozu die Politik nicht in der Lage ist.
Schmidt: Das will ich nicht ganz ausschließen. Ich hätte mir auch gewünscht, dass im politischen Raum die Entscheidungen schneller getroffen worden wären, vor allen Dingen für diesen ersten Schritt der Pflegereform. Ich bin aber sicher, dass der erstens über die Bühne geht. Das würde schon eine bessere Bezahlung und Finanzierung insbesondere bei der Behandlung der Demenzkrankheit dann auch hervorrufen. Das würde die Möglichkeiten der Leistungen für die ambulante Versorgung verbessern, die in der Pflegeversicherung bisher sehr vernachlässigt worden waren. Und es muss dann auch dafür gesorgt werden, dass in einer wirklich grundsätzlichen Reform mehr Leistungen möglich sind, als das bisher unter rein körperbedingten Pflegebedürftigkeitsbegriffen dann auch enthalten war. Das heißt also, wir haben da schon einen Reformstau und der muss dringend aufgearbeitet werden. Dennoch sage ich, eine Billigfirma wie diese ist ein Angebot, das erstens nach meiner Einschätzung ein Etikettenschwindel ist, der sich bald entlarven wird, und das zweite ist, dass natürlich immer auch derjenige, der verantwortungsbewusst mit Pflegebedürftigen umgeht, nicht in einem solchen Billigsegment landet.
Heinlein: Aber solange es diesen Reformstau gibt, Herr Schmidt, solange wird es Schwarzarbeit geben und eben auch eine Firma wie McPflege einen Markt finden.
Schmidt: Das schließe ich nicht aus, aber dieser Markt, wie ich anfangs gesagt habe, ist nach meiner Einschätzung außerordentlich begrenzt bei denen, die nach meiner Einschätzung eher vielleicht immer auf das Geld gucken und nicht auf die Notwendigkeit, jemanden sorgfältig und qualitativ hochwertig zu betreuen und pflegen zu lassen, der entsprechende Notwendigkeit an der Pflegebedürftigkeit hat. Also, ich finde, es ist auch zutiefst menschlich, nicht nur auf das Geld zu sehen, sondern auf ein qualitativ hochwertiges Angebot.
Heinlein: Zutiefst menschlich ist es aber auch für manche Familien, für manche Angehörigen, dass sie dann durch McPflege das Gefühl haben, dass rund um die Uhr jemand für ihre pflegebedürftigen Angehörigen da ist, vor Ort ist und sich um sie kümmert.
Schmidt: Also, wer 5.000 € zu bezahlen hat, der muss einen schwerstpflegebedürftigen Menschen pflegen lassen und das geht mit solchen Kräften sowieso überhaupt nicht. Und wer eine solche Schwerstpflegebehinderung betreuen lassen muss, der kriegt erstens die höchste Stufe der Pflegeversicherung und der kann dann auch die restlichen Leistungen nach meiner Einschätzung über Sozialhilfe und andere Formen in Anspruch nehmen. Von daher ist die Lücke gar nicht so groß, wie sie immer dargestellt wird, und ich bin deswegen sicher, dass hier auch ganz schnell klar wird, wenn sich jemand dann im Einzelnen darum kümmert, dass es hier nur um die leichte Betreuung von Menschen zu Hause geht, und das wird zu einem Teil tatsächlich etwas teurer von deutschen Diensten angeboten, privaten genauso wie von der Wohlfahrtspflege. Deswegen bin ich sicher, wird sich das ganz schnell sortieren.
Heinlein: Nicht jeder geht gerne zum Sozialamt, Herr Schmidt. Heißt das unter dem Strich für Sie – und ein bisschen habe ich den Eindruck -, dass Sie als Pflegeanbieter AWO diese Billigkonkurrenz aus Osteuropa fürchten, weil es ganz einfach Ihr Geschäft kaputt macht?
Schmidt: Nein. Da bin ich absolut sicher, dass es unser Geschäft nicht kaputt macht. Wir haben das jetzt ja auch schon bei der Schwarzarbeit festgestellt und hier werden nur die Schwarzarbeiter in halbwegs legale Kanäle bei McPflege gelenkt. Also, der Markt wird sich da nicht sehr viel erweitern. Angst haben wir also davor im Prinzip nicht. Der andere Teil ist eben nur, dass man sagen muss: Wir wollen auch selbst offensiver werden und klar machen: Wo ist denn unsere Qualität? Was wird damit auch finanziert an Betreuung und Pflege? Da müssen wir uns den Marktgegebenheiten stellen. Das heißt also auch, Dienste wie die Diakonie, die Caritas, die AWO und andere werden sich entsprechend darauf einstellen müssen, mit ihren eigenen Angeboten etwas deutlicher in der Öffentlichkeit aufzutreten und zu sagen: Wir sind die Alternative, und was wir bieten, muss dann eben auch viel deutlicher und klarer werden. Das ist auch unsere eigene Aufgabe.
Heinlein: Der Awo-Bundesvorsitzende Wilhelm Schmidt heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Herr Schmidt, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Schmidt: Wiederhören.