Durak: Am Telefon begrüße ich nun Fritz Schösser, DGB-Vorsitzender in Bayern und auch SPD-Mitglied. Schönen guten Tag Herr Schösser!
Schösser: Schönen guten Tag!
Durak: Wir haben es ja alle gestern vom 1. Mai her gesehen. Die Gewerkschaften sind unzufrieden, wollen teilhaben am Aufschwung. Sie wehren sich auch gegen die Politik in Berlin. Das ist selten so deutlich geworden wie in diesem Jahr auf den Maikundgebungen auch des DGB. Sie hatten im Vorfeld auch auf sich aufmerksam gemacht, indem Sie bestimmte SPD-Mitglieder von DGB-Maikundgebungen ausgeladen hatten. Hat sich diese Ausladung gelohnt?
Schösser: Wir hatten in Bayern mehr Teilnehmer als im letzten Jahr, aber das ist sicherlich nicht dem Vorgang zuzuschreiben, sondern Sie haben es richtig gesagt: die Probleme werden immer drängender. Auf der einen Seite erleben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass wir einen Wirtschaftsaufschwung hätten. Auf der anderen Seite gibt es sehr konkrete Nöte, dass Betriebsauslagerungen stattfinden, siehe das Beispiel Telekom. In Regensburg, wo ich war, will die Südzucker schließen, will Toshiba schließen. Also Sie sehen: die Menschen haben Nöte und sagen, man greift uns ständig von der Politik in die Tasche und gleichzeitig verlieren wir den Arbeitsplatz. Das kann nicht so sein.
Durak: Und an all dem ist die SPD Schuld?
Schösser: Nein. An all dem ist nicht die SPD Schuld. Es gibt im Übrigen auch keine Auseinandersetzung zwischen DGB Bayern und SPD.
Durak: Bayern!
Schösser: Die Beschlusslage der SPD ist hervorragend, ähnelt der der Gewerkschaften sehr. Aber in der Regierungsverantwortung macht die SPD im Augenblick keine glückliche Figur und wir haben durchaus den Eindruck, so manches Arbeitnehmerinteresse bleibt da leichtfertig auf der Strecke und man fordert den Koalitionspartner nicht in der Weise, wie es erforderlich und notwendig wäre. Das muss man schon zum Ausdruck bringen. Man kann nicht permanent als Sozialdemokrat die Gemeinsamkeit mit den Gewerkschaften beschwören und dann bei entscheidenden Abstimmungen gegen die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stimmen.
Durak: Sie meinen die SPD in Bayern. Mit denen stehen Sie ganz gut, treffen sich ja auch heute Mittag noch und wollen das eine oder andere besprechen.
Schösser: Ich treffe mich auch nicht mit der SPD Bayern heute, sondern ich treffe mich mit dem Vorstand der SPD-Landtagsfraktion, um über landespolitische Probleme zu reden. Da gibt es viele Gemeinsamkeiten und es ist ein Gespräch, das ich sage mal ganz in der Tradition der Vergangenheit liegt, dass zwischen den Fraktionen im Landtag und dem DGB Gespräche stattfinden.
Durak: Niemand will doch, Herr Schösser, einen Keil zwischen die bayerische SPD-Landtagsfraktion und dem DGB in Bayern schieben.
Schösser: Ich frage mich wer das ist. Vielleicht können Sie mir da Aufschluss geben. Wir wollen eine saubere inhaltliche Auseinandersetzung zu unterschiedlichen politischen Betrachtungsweisen zwischen SPD und DGB.
Durak: Welche SPD meinen Sie denn jetzt?
Schösser: Und wir wollen, dass innerhalb der SPD in einer Volkspartei die Stimme der Arbeitnehmer wieder deutlicher zum Tragen kommt als in der Vergangenheit. Nicht mehr und nicht weniger!
Durak: Herr Schösser, ich verliere die Übersicht. Welche SPD meinen Sie denn jetzt? Diejenige, die in der Opposition in Bayern ist, oder diejenige, die in der Regierung in Berlin ist?
Schösser: Ich meine schon die SPD in Regierungsverantwortung mit ihrem Führungspersonal und meine nicht die SPD insgesamt. Ich versuche, die Differenzierung nur zu machen, weil in der öffentlichen Berichterstattung immer wieder deutlich gemacht wird, es ginge dort um einen Grundkonflikt zwischen DGB und SPD. So ist der Konflikt nicht angelegt. Man muss ja bei solchen Gesprächen darauf hinweisen, dass etwas aus einer Auseinandersetzung gemacht wird, was in der Auseinandersetzung eigentlich nicht steckt.
Durak: Sollte denn, Herr Schösser, die SPD in der Regierungsverantwortung in Berlin dieselbe besser abgeben, um nicht so unsozial weiter arbeiten und agieren zu müssen, wie es die Gewerkschafter ihr vorwerfen?
Schösser: Schauen Sie mal, das ist ja nicht die Alternative. Die Alternative ist: wie setzt sich die SPD gegen einen schwierigen Koalitionspartner CDU/CSU durch und wie gelingt es dem DGB, auch auf die CDU/CSU in ausreichender Weise Einfluss zu nehmen, dass man sagt Arbeitnehmerinteressen landen bei uns nicht ständig und permanent auf dem Scheiterhaufen der Geschichte. Das ist der entscheidende Punkt. Diese Auseinandersetzung muss der DGB als eine Interessensorganisation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber allen Parteien ausüben. Wenn sich die SPD jetzt selbst in besonderer Weise auf die Zehen getreten fühlt, ist das erst mal das Problem der SPD. Ich denke nicht an eine Alternative, dass Parteien in der Regierung wechseln. Ich will einen Politikwechsel der Großen Koalition.
Durak: Ist eine politische Alternative links von der SPD zu finden, bei der Linkspartei und der WASG? Das haben wir gestern immer wieder auch hören und sehen können.
Schösser: Alternativen habe ich als DGB-Vorsitzender, als Vorsitzender einer Einheitsgewerkschaft nicht zu beurteilen. Ich versuche, auf alle Parteien einzuwirken und dort für Interessenslagen der Arbeitnehmer - ich sage mal - Resonanz zu finden und sie zu bewegen, dass sie in dieser Interessenslage Politik machen. Das tue ich gegenüber allen Parteien, die demokratisch legitimiert sind und in einem Parlament sitzen, genauso wie die SPD, wenn sie mangels eigener Mehrheiten Koalitionspartner sucht. Es gibt Koalitionspartner auch im linken Spektrum, die die SPD nutzt, aber dort ist die SPD Koalitionspartner und nicht der DGB.
Durak: Welche meinen Sie?
Schösser: Die in Berlin beispielsweise.
Durak: Und links von der SPD? Gibt es da keine einzige Alternative? Wir schauen auf 2009.
Schösser: Noch mal: als DGB entscheide ich mich nicht für politische Parteialternativen. Das machen unsere Mitglieder ganz individuell und die sind selbstbewusst genug, das auch tun zu können, ohne dass ihnen dann irgendjemand etwas einflüstert.
Durak: Sie sind doch selbst SPD-Mitglied, Herr Schösser.
Schösser: Noch mal: das ist meine persönliche Entscheidung. Ich bin seit meinem 15. Lebensjahr bei der SPD, habe mich dort ich sage mal sehr gebunden und engagiert, sehe aber die Notwendigkeit, dass man in einer Volkspartei als Arbeitnehmervertreter Flagge zeigen muss, weil die Interessen in der Volkspartei der Arbeitnehmervertreter ich sage mal in den letzten Jahren immer stärker in Vergessenheit geraten sind und insbesondere seit der Agenda 2010 auf die Arbeitnehmerschaft eine Stimmung auslösen, die leider nicht mehr dazu führt, dass unsere Mitglieder der SPD im ausreichenden Umfang vertrauen und ihnen zutrauen, dass sie die Probleme der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich anpacken und lösen.
Durak: Herr Schösser, besten Dank fürs Gespräch.
Schösser: Ich bedanke mich. War ja sehr lebhaft.
Durak: Ja. – Fritz Schösser war das, DGB-Vorsitzender in Bayern und SPD-Mitglied und ich glaube er will es auch bleiben. Danke!
Schösser: Schönen guten Tag!
Durak: Wir haben es ja alle gestern vom 1. Mai her gesehen. Die Gewerkschaften sind unzufrieden, wollen teilhaben am Aufschwung. Sie wehren sich auch gegen die Politik in Berlin. Das ist selten so deutlich geworden wie in diesem Jahr auf den Maikundgebungen auch des DGB. Sie hatten im Vorfeld auch auf sich aufmerksam gemacht, indem Sie bestimmte SPD-Mitglieder von DGB-Maikundgebungen ausgeladen hatten. Hat sich diese Ausladung gelohnt?
Schösser: Wir hatten in Bayern mehr Teilnehmer als im letzten Jahr, aber das ist sicherlich nicht dem Vorgang zuzuschreiben, sondern Sie haben es richtig gesagt: die Probleme werden immer drängender. Auf der einen Seite erleben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass wir einen Wirtschaftsaufschwung hätten. Auf der anderen Seite gibt es sehr konkrete Nöte, dass Betriebsauslagerungen stattfinden, siehe das Beispiel Telekom. In Regensburg, wo ich war, will die Südzucker schließen, will Toshiba schließen. Also Sie sehen: die Menschen haben Nöte und sagen, man greift uns ständig von der Politik in die Tasche und gleichzeitig verlieren wir den Arbeitsplatz. Das kann nicht so sein.
Durak: Und an all dem ist die SPD Schuld?
Schösser: Nein. An all dem ist nicht die SPD Schuld. Es gibt im Übrigen auch keine Auseinandersetzung zwischen DGB Bayern und SPD.
Durak: Bayern!
Schösser: Die Beschlusslage der SPD ist hervorragend, ähnelt der der Gewerkschaften sehr. Aber in der Regierungsverantwortung macht die SPD im Augenblick keine glückliche Figur und wir haben durchaus den Eindruck, so manches Arbeitnehmerinteresse bleibt da leichtfertig auf der Strecke und man fordert den Koalitionspartner nicht in der Weise, wie es erforderlich und notwendig wäre. Das muss man schon zum Ausdruck bringen. Man kann nicht permanent als Sozialdemokrat die Gemeinsamkeit mit den Gewerkschaften beschwören und dann bei entscheidenden Abstimmungen gegen die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stimmen.
Durak: Sie meinen die SPD in Bayern. Mit denen stehen Sie ganz gut, treffen sich ja auch heute Mittag noch und wollen das eine oder andere besprechen.
Schösser: Ich treffe mich auch nicht mit der SPD Bayern heute, sondern ich treffe mich mit dem Vorstand der SPD-Landtagsfraktion, um über landespolitische Probleme zu reden. Da gibt es viele Gemeinsamkeiten und es ist ein Gespräch, das ich sage mal ganz in der Tradition der Vergangenheit liegt, dass zwischen den Fraktionen im Landtag und dem DGB Gespräche stattfinden.
Durak: Niemand will doch, Herr Schösser, einen Keil zwischen die bayerische SPD-Landtagsfraktion und dem DGB in Bayern schieben.
Schösser: Ich frage mich wer das ist. Vielleicht können Sie mir da Aufschluss geben. Wir wollen eine saubere inhaltliche Auseinandersetzung zu unterschiedlichen politischen Betrachtungsweisen zwischen SPD und DGB.
Durak: Welche SPD meinen Sie denn jetzt?
Schösser: Und wir wollen, dass innerhalb der SPD in einer Volkspartei die Stimme der Arbeitnehmer wieder deutlicher zum Tragen kommt als in der Vergangenheit. Nicht mehr und nicht weniger!
Durak: Herr Schösser, ich verliere die Übersicht. Welche SPD meinen Sie denn jetzt? Diejenige, die in der Opposition in Bayern ist, oder diejenige, die in der Regierung in Berlin ist?
Schösser: Ich meine schon die SPD in Regierungsverantwortung mit ihrem Führungspersonal und meine nicht die SPD insgesamt. Ich versuche, die Differenzierung nur zu machen, weil in der öffentlichen Berichterstattung immer wieder deutlich gemacht wird, es ginge dort um einen Grundkonflikt zwischen DGB und SPD. So ist der Konflikt nicht angelegt. Man muss ja bei solchen Gesprächen darauf hinweisen, dass etwas aus einer Auseinandersetzung gemacht wird, was in der Auseinandersetzung eigentlich nicht steckt.
Durak: Sollte denn, Herr Schösser, die SPD in der Regierungsverantwortung in Berlin dieselbe besser abgeben, um nicht so unsozial weiter arbeiten und agieren zu müssen, wie es die Gewerkschafter ihr vorwerfen?
Schösser: Schauen Sie mal, das ist ja nicht die Alternative. Die Alternative ist: wie setzt sich die SPD gegen einen schwierigen Koalitionspartner CDU/CSU durch und wie gelingt es dem DGB, auch auf die CDU/CSU in ausreichender Weise Einfluss zu nehmen, dass man sagt Arbeitnehmerinteressen landen bei uns nicht ständig und permanent auf dem Scheiterhaufen der Geschichte. Das ist der entscheidende Punkt. Diese Auseinandersetzung muss der DGB als eine Interessensorganisation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber allen Parteien ausüben. Wenn sich die SPD jetzt selbst in besonderer Weise auf die Zehen getreten fühlt, ist das erst mal das Problem der SPD. Ich denke nicht an eine Alternative, dass Parteien in der Regierung wechseln. Ich will einen Politikwechsel der Großen Koalition.
Durak: Ist eine politische Alternative links von der SPD zu finden, bei der Linkspartei und der WASG? Das haben wir gestern immer wieder auch hören und sehen können.
Schösser: Alternativen habe ich als DGB-Vorsitzender, als Vorsitzender einer Einheitsgewerkschaft nicht zu beurteilen. Ich versuche, auf alle Parteien einzuwirken und dort für Interessenslagen der Arbeitnehmer - ich sage mal - Resonanz zu finden und sie zu bewegen, dass sie in dieser Interessenslage Politik machen. Das tue ich gegenüber allen Parteien, die demokratisch legitimiert sind und in einem Parlament sitzen, genauso wie die SPD, wenn sie mangels eigener Mehrheiten Koalitionspartner sucht. Es gibt Koalitionspartner auch im linken Spektrum, die die SPD nutzt, aber dort ist die SPD Koalitionspartner und nicht der DGB.
Durak: Welche meinen Sie?
Schösser: Die in Berlin beispielsweise.
Durak: Und links von der SPD? Gibt es da keine einzige Alternative? Wir schauen auf 2009.
Schösser: Noch mal: als DGB entscheide ich mich nicht für politische Parteialternativen. Das machen unsere Mitglieder ganz individuell und die sind selbstbewusst genug, das auch tun zu können, ohne dass ihnen dann irgendjemand etwas einflüstert.
Durak: Sie sind doch selbst SPD-Mitglied, Herr Schösser.
Schösser: Noch mal: das ist meine persönliche Entscheidung. Ich bin seit meinem 15. Lebensjahr bei der SPD, habe mich dort ich sage mal sehr gebunden und engagiert, sehe aber die Notwendigkeit, dass man in einer Volkspartei als Arbeitnehmervertreter Flagge zeigen muss, weil die Interessen in der Volkspartei der Arbeitnehmervertreter ich sage mal in den letzten Jahren immer stärker in Vergessenheit geraten sind und insbesondere seit der Agenda 2010 auf die Arbeitnehmerschaft eine Stimmung auslösen, die leider nicht mehr dazu führt, dass unsere Mitglieder der SPD im ausreichenden Umfang vertrauen und ihnen zutrauen, dass sie die Probleme der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich anpacken und lösen.
Durak: Herr Schösser, besten Dank fürs Gespräch.
Schösser: Ich bedanke mich. War ja sehr lebhaft.
Durak: Ja. – Fritz Schösser war das, DGB-Vorsitzender in Bayern und SPD-Mitglied und ich glaube er will es auch bleiben. Danke!