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Arminia Bielefeld vor Abstieg
Arminia-Fan Bohle: "Brauchen einen radikalen Neustart"

Arminia Bielefeld steht nach dem 0:4 im Relegations-Hinspiel in Wiesbaden vor dem Absturz in die 3. Liga. Arminia-Fan und Podcasterin Eva-Lotta Bohle zeigte im Dlf Verständnis für die aufgebrachten Fans, wobei Grenzen überschritten worden seien.

Eva-Lotta Bohle im Gespräch mit Christian von Stülpnagel | 03.06.2023
Die Fans von Arminia Bielefeld sorgten im Relegations-Hinspiel in Wiesbaden für eine knapp 20-minütige Spielunterbrechung. Kapitän Fabian Klos und Trainer Uwe Koschinat stehen vor der Fankurve.
Die Fans von Arminia Bielefeld sorgten im Relegations-Hinspiel in Wiesbaden für eine knapp 20-minütige Spielunterbrechung. Kapitän Fabian Klos und Trainer Uwe Koschinat stehen vor der Fankurve. (IMAGO / Eibner / IMAGO / Eibner-Pressefoto / Ulrich Scherba)
Arminia Bielefeld hat am Freitagabend sowohl auf als auch neben dem Platz für negative Schlagzeilen gesorgt. Im Hinspiel der Relegation beim Drittligisten SV Wehen Wiesbaden ging der Noch-Zweitligist sang- und klanglos mit 0:4 unter und steht kurz vor dem Abstieg in die 3. Liga. Dabei hatte die Arminia in der vergangenen Saison noch in der Fußball-Bundesliga gespielt. Auf den Rängen ließen die Arminia-Fans ihrem Frust freien Lauf und provozierten durch Böllerwürfe und Randale fast einen Spielabbruch. Die Partie musste für rund 20 Minuten unterbrochen werden.
Arminia-Fan und Podcasterin Eva-Lotta Bohle könne die Fans verstehen, sagte sie im Deutschlandfunk, "weil ein Großteil der Fans auch das Spiel in Magdeburg in der vergangenen Woche gesehen hat, wo man auswärts auch 0:4 verloren hat. Und wenn die Mannschaft in den zwei wichtigsten Saisonspielen so eine Nicht-Leistung auf das Feld zu bringt, ist es nicht leicht, damit umzugehen." Zwar seien durch die Böllerwürfe Grenzen überschritten worden, "aber das sollte nicht von der Leistung auf dem Feld ablenken", so Bohle.

"Der Kader ist einfach zu teuer"

Arminia-Kapitän Fabian Klos sagte nach dem Spiel, es müsse in Bielefeld nun alles auf den Kopf gestellt werden. "Das muss es ja notgedrungen, weil nach dem Abstieg in die 3. Liga ein Großteil des Kaders soweit ich weiß keinen Vertrag mehr hat", sagte Bohle. "Und ich weiß auch nicht, ob es das Ziel ist, mit einem Kader, der zwei Mal in Folge abgestiegen ist, in die neue Saison zu starten. Und der Kader ist einfach zu teuer."
Klos stellte sich nach dem Spiel auch nicht mehr vor seine Mannschaft, sprach ihr sogar den Charakter ab. "Das ist schon eine drastische Aussage", sagte Bohle. "Und ich glaube, wenn so eine Aussage fällt, dann ist da sehr, sehr viel im Argen." Arminia Bielefeld hat sich in einer Mitteilung am Samstag hinter Klos gestellt. "Das heißt, man bricht eher mit dem Rest der Mannschaft, was auch das Zeichen ist: So kann es nicht weitergehen, wir brauchen einen radikalen Neustart", sagte Bohle.

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"Man ist irgendwann gebrochen"

Dabei hatte Arminia Bielefeld Anfang 2022 noch in der Bundesliga gegen Union Berlin gewonnen. Während die Berliner in der kommenden Saison nun in der Champions League antreten, spielt Arminia mit großer Wahrscheinlichkeit in der 3. Liga. "Dieser Kader konnte nicht mit den Veränderungen umgehen. Man ist irgendwann gebrochen", begründete Bohle den Absturz. "Diese Mannschaft hat es nie geschafft, zwei Spiele hintereinander mal auf eine Leistung aufzubauen."
Die Erwartungshaltung in der zweiten Liga sei hoch gewesen, so Bohle. "Man hat einfach unterschätzt, dass diese Enttäuschung des Abstiegs und die schlechte Erfahrung des Abstiegs noch in den Köpfen gesteckt hat. Das heißt, ein Sieg hatte nicht die gleiche Bedeutung wie eine Niederlage." Außerdem habe sich zwischen Fans und Mannschaft keine Dynamik entwickeln können, weil die Arminia bei der Rückkehr der Fans nach Corona schon in einer Negativspirale befunden habe. "Und dann war es auch einfach so, dass ganz viel Hoffnung in diesen Kader gesteckt wurde, sowohl in der Bundesliga als auch in der zweiten Liga, und diese Leistung leider einfach nicht gebracht werden konnte."

"Große Portion Demut" in der neuen Saison

Für die neue Saison brauche es jetzt "eine große Portion Demut", sagte Bohle. "Das Allererste, was wir zurückholen müssen, sind die Fans. Natürlich muss man das auch wirtschaftlich sehen. Aber als Allererstes muss ich die Fans wieder auf meine Seite bekommen." Dafür sei es wichtig, dass ein verdienter Spieler wie Kapitän Klos dem Verein erhalten bleibe. Um ihn müsse nun eine neue Mannschaft aufgebaut werden. "Es muss an allen Stellen neu aufgebaut werden. Man muss Spieler finden, die sich mit dem Verein identifizieren können und die einfach sagen, wir wollen mit diesem Verein zurück in die Erfolgsspur." Ein großes Problem sei es da, dass nach dem Abgang von Samir Arabi vor einigen Monaten immer noch kein neuer Sportdirektor gefunden sei.
Eine Prognose für die Zukunft der Arminia sei "schwierig", sagte Bohle. Ein Problem seien die Finanzen. "Finanziell haben wir bei genug Vereinen gesehen, was passiert, wenn man von der Bundesliga in die 3. Liga absteigt. Wir sehen das große Problem mit den TV-Gelder et cetera." Zwar habe Arminia es 2014 schon einmal geschafft, sich nach einem Abstieg in die 3. Liga zurückzukämpfen, "aber mir fehlt da momentan ein bisschen der Glaube, dass das so ein Selbstläufer wird. Die 3. Liga wird nächstes Jahr verdammt schwer."