"Das sind vorrangig alles Falter." An Kristian Jarmuscheks Galeriestand flattern tote Falter im Wind eines Ventilators, in die Wand gepinnt mit Stecknadeln. Schräg gegenüber das angeschnittene Porträt einer jungen Frau mit einem gehäuteten Kaninchen auf dem Arm - eine Anspielung auf "Die Dame mit dem Hermelin" von da Vinci. Irritierend, aber um sich langfristig im Aufmerksamkeits-Markt Kunst durchzusetzen, reicht Provokation nicht, sagt Jarmuschek, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien.
"Den Nerv zu treffen, also ich glaube das ist heute noch etwas, was überraschend ist."
Und zwar, natürlich, den Nerv möglichst vieler Leute. Denn der Kunstmarkt hat sich in den letzten Jahren enorm verändert.
"Die Bereitschaft in junge, aufstrebende Künstler zu investieren hat nachgelassen. Dafür ist das Interesse an Markenkünstlern - also sprich: Ein Richter, ein Picasso, ein was auch immer - ist gestiegen. Und da hat man natürlich den Vorteil, dass man weiß, dieses Geld, was man für die Werke dieser Künstler gezahlt hat, kriegt man in irgendeiner Art und Weise auch wieder, wenn man das nach fünf Jahren wieder verkauft."
Kunst als Mittel zum Zweck
Das schnelle Kaufen und Verkaufen von Kunst als Mittel zum Zweck - Rendite - wird Art Flipping genannt. Darunter leide der künstlerische Mittelstand, so Jarmuschek - und die Galerien mit, denn solche Werke verkaufen nicht sie, sondern die großen Auktionshäuser. Diese und die vorherigen Besitzer sind Nutznießer des Geschäfts.
Daniel Hug, der Direktor der Art Cologne, nimmt diesen Trend anders wahr, durchaus als Chance:
"Ich mein, die investieren auch sehr viel in junge Kunst. Also die gehen auch auf großes Risiko ein und, sagen wir, kaufen zehn, 20 Arbeiten von einem sehr jungen, unbekannten Künstler mit der Hoffnung, dass es irgendwo hingeht." Und dass die Kunstwerke dabei oft zusammengerollt in fensterlosen Depots lagern, unzugänglich für das Auge öffentlicher Betrachter, sei ein zweischneidiges Schwert:
"Es hilft natürlich auch dem Kunstmarkt, wenn in 20, 30 Jahren ein Bild, das seit ewig nicht mehr gesichtet wurde, auf dem Kunstmarkt auftaucht. Also mit einer perfekten Provenienz, von welcher Galerie es gekauft wurde, wie lange es in dieser Privatsammlung war. Ich mein, ob es Zuhause im Wohnzimmer ist oder in einem Lager, wer weiß das. Ist okay, es gehört einfach dazu."
Begrenzte Einkaufs-Etats der Häuser
Problematisch ist Art Flipping hingegen für Museen, weil dadurch die Preise steigen - und die Einkaufs-Etats der Häuser begrenzt sind.
Das in diesem Jahr bisher teuerste Gemälde auf der Art Cologne kostet knapp 7,6 Millionen Euro. Auch wenn Teile des Publikums auf der Vorabbesichtigung sichtbar betucht sind – auf Messen geht es zu ganz großen Teilen um andere Preisklassen. Beim Kauf solcher Werke sollten Käufer nach Jarmuscheks Ansicht daher vor allem auf eines achten:
"Wenn man ein Bild sieht, was einen nicht mehr loslässt, dann muss man nach dem Preis fragen. Denn es ist ja wie mit uns Menschen: Wir sehen Tausende von Menschen und trotzdem verlieben wir uns nicht in jeden. Das heißt, mit Bildern ist das genauso. Wenn man bei einem Bild sagt – dann hat das einen Grund. Vielleicht sollte man mit dem Bild dann leben, sollte man dafür Verantwortung übernehmen, das wäre ja ein Schritt in diese Richtung."
Und das gehe oft auch in Ratenzahlungen, rät er noch. Denn trotz aller Liebe zur Kunst gilt wohl auch hier der Satz, den ein älterer Herr in einem grauen Anzug auf einem Schild durch die Hallen der Art Cologne trägt: Hell erstrahlen alle Mienen bei dem schönen Wort verdienen.