Kreischende Möven umkreisen aufgeregt das weiße Passagierschiff im Hafen von Gulfport in Mississippi. Sonnenschirmbewaffnete Gäste drängen sich mit Lunchbox und bunten Badetaschen zum Boarding. Am Kai liegen drei Schiffe, die "Gulf Isander", die "Capt. Pete" und das alte Holzschiff "Pan American Clipper" der Familie Skrmetta. 1926 erwarb Pete Skrmetta die einzige Lizenz, Besucher zur Nationalpark-Insel Ship Island bringen zu dürfen.
Unser Schiff ist heute die "Gulf Islander" von deren Oberdeck man bei schönem Wetter und einer leichten Briese die 50-minütige Reise genießen kann. Während die Kinder zur Reling drängen, sortieren sich die Mitreisenden auf bequemen Bänken und warten schon gespannt auf das Ablegesignal.
Zwei Matrosen lösen die Taue von dicken Pollern und langsam gleitet das Schiff von der Kaimauer. Captain Doug Cook dreht die Gulf Islander im Hafen bis der Bug ins offene Meer zeigt. Er schiebt den Leistungshebel auf "Halbe Fahrt" und begrüßt seine Gäste:
"Ich bin Kapitän Doug Cook und möchte Sie auf unserem Motorschiff
Gulf Islander willkommen heißen. Wir steuern Fort Messachusetts auf Ship Island an. Die Insel liegt etwa zehn Seemeilen von Gulfport, Mississippi, entfernt. Bis dorthin sind es jetzt noch vier Seemeilen und unsere Geschwindigkeit beträgt etwa 15 Meilen pro Stunde."
Bei der Ausfahrt aus dem Hafen passieren wir gigantische Containerschiffe, die an der Pier ihre Ladung löschen. Von Captn. Cook erfahren wir, dass Gulfport der Hauptumschlaghafen für die gesamten Bananenlieferungen aus Südamerika ist. Ein Teil der Bananen werden von hier auch nach Deutschland weitertransportiert. Neben uns hat Carol Van Platz genommen. Sie arbeitete lange Jahre als Nachrichtenchefin eines Fernsehsenders.
"Ich fahre zum Ship Island so oft wie ich kann. Ich bin ein großer Fan der Insel, weil sie das Beste ist, was die Golfküste zu bieten hat. Auf der Fahrt mit dem Schiff sieht man die Delfine, wie sie aus dem Wasser springen und mit der Bugwelle spielen. Pelikane, Möven und Fischreiher begleiten uns bis zur Küste. Das sind wunderbare Erlebnisse für die ganze Familie. Ist es nicht herrlich, der Wind ist perfekt, die Sonne scheint, ich bin einfach glücklich."
Das Glücksgefühl steigert sich, wie man hört, schlagartig, wenn die verspielten Tümmler wie aus dem Nichts auftauchen und zum Greifen nah um das Schiff tanzen. Becky Gillette schaut der Delfinschule mit einem breiten Lächeln zu. Sie ist Naturaktivistin und begleitet die Fahrten zum Ship Island seit vielen Jahren.
"Der Mississippi Sund hat eine der intaktesten Delfinpopulationen in der ganzen Welt. Das ist für viele Besucher der Hauptgrund, mit diesem Schiff zum Ship Island zu fahren. Die Babydelfine sind dabei am verspieltesten. Für sie ist das Schiff und die vor Freude quietschenden Menschen sicher genauso eine Attraktion, und dann drehen sie so richtig auf. Zum Ship Island zu fahren ohne sie zu sehen, das gibt es nicht, das ist immer ein Vergnügen für die Besucher."
Bei dieser Unterhaltung vergehen die 50 Minuten der kleinen Seereise wie im Flug. Ship Island liegt wie eine Perlenkette in blaugrüner See vor uns und Park Ranger John Gibson bereitet die Gäste aufs Anlegen vor. Für die Besucher beginnt nun die Entdeckungsreise auf einer Insel ohne Straßen und Autos und nur einem Steingebäude.
Park Ranger John Gibson:
"Wir stehen hier im Fort Massachusetts. Die US Armee begann 1859 mit den Bauarbeiten. Entlang der Küstenlinie wurden seinerzeit um die 40 solcher Forts gebaut, um die Küstenstädte zu verteidigen. Fort Massachusetts hatte die strategische Aufgabe, den Seehafen von New Orleans zu schützen."
Anfänglich, bevor der Bürgerkrieg begann, kam das gesamt Baumaterial für das gewaltige halbkreisförmige Ziegelsteinfort aus New Orleans. Nach Kriegsbeginn brachten Transportschiffe das ganze Material aus Maine, das im hohen Norden Amerikas an Kanada grenzt, tausende Meilen entlang der Atlantikküste, um die Südspitze von Florida herum in den Golf von Mexiko hier auf die Insel. Letztendlich griff das Fort jedoch nicht in das Kriegsgeschehen ein und in der letzten noch vorhandenen 25 Tonnen schweren Kanone nistet ein Seeschwalbenpaar und zieht seinen Nachwuchs auf.
Heute wird die Golfküste weniger von feindlichen Schiffen als von Naturgewalten bedroht. Das immer noch allgegenwärtige Stichwort ist Hurricane Katrina. Katrina hat Ship Island 2005 schlichtweg vollständig versenkt.
Ranger John Gibson:
"Der höchste Punkt, den die Flutwelle im Fort erreichte, war oben an der Kanonenbalustrade, das sind 40 Fuß über dem Meeresspiegel. Somit hat die Sturmflut des Hurricanes Katrina die gesamte Insel überspült. An der Küste war die Sturmflut durch die Barrierewirkung der Insel nur noch 30 Fuß hoch. Das zeigt uns, wie wichtig diese Barriereinseln sind."
Für die Golfküste war der Kategorie-Fünf-Hurricane Katrina eine schlimme Katastrophe, die nicht nur viele Menschleben forderte, sondern auch eine ungeheure Zerstörungsgewalt entfesselte. Captain Louis Skrmetta erinnert sich noch, wie seine Familie mit den Crewmitgliedern versuchte, die drei Schiffe, die die Basis ihrer Existenz waren, zu retten:
"Wir brachten unsere Schiffe zu einem sicheren Hafen in den Bayous, rauf im Biloxi Rive, wo große Pinien am Ufer stehen. Wir wollten so weit wie möglich von der Küste weg kommen. Wir haben die Schiffe mit Seilen zusammengebunden und an den Bäumen verankert. Das Wasser stieg irrsinnig schnell. Mehrere Seile rissen, aber einen langes Seil hat gehalten. Alle drei Schiffe hingen an diesem einzigen Tau, drei Stunden lang und das bei einem Wind von bis zu 230 Stundenkilometern. Plötzlich trieb ein herrenloser Jet-Ski vorbei. Wir fingen ihn ein, konnten ihn starten und sammelten mit ihm die losgerissenen anderen Seile. Damit konnten wir unsere Schiffe retten, das war eine überaus interessante Erfahrung."
Mittlerweile sind sechs Jahre ins Land gestrichen und die völlig überflutete Insel hat sich erholt. Was die Flora und Fauna betrifft, hat Katrina sogar mit einer Überraschung aufzuwarten. Katrina hat zur Artenvielfalt eine Art zusätzlich auf die Insel gebracht, erzählt uns Ranger John Gibson. Bevor er das Geheimnis lüftet, lernen wir aber noch die anderen Tiere von Ship Island kennen.
"Wir haben eine Vielzahl von Tieren im Wasser an Land und in der Luft. Im Wasser sind das im Besonderen die Delfine, einige Haifischarten, Stachelrochen, alle möglichen Fisch- und Krabbenarten. Unter den größeren Vögeln sehen wir Pelikane, Reiher und Möven, aber auch Seeschwalben. Einige Arten machen nur Zwischenstation auf der Insel, wie beispielsweise Schmetterlinge, die aus Mexiko kommen. Es gibt sogar eine kleine Kolonie von Alligatoren auf Ship Island, die während der Sturmflut mit Treibholz aus dem Marschland vom Festland hier her kamen."
Der sechsjährige Luke hat sich mit seinen drei Freunden zu uns gesellt und Ranger John aufmerksam zugehört. Luke und seine Freunde kommen gerade von einer Entdeckungsreise im Dünensand, und ich frage ihn, welches der Tiere in der Aufzählung von Ranger John ihn wirklich überrascht hat.
"A Aligator."
Alligatoren, hier auf der Insel, das ist ohne Zweifel sehr ungewöhnlich. Die Jungs sitzen im Sand aufmerksam im Halbkreis vor Ranger John und Luke reflektiert:
"Er hat uns erzählt, welche Tiere es hier gibt. Ich finde das toll. Ich habe einige Krabben gefunden und Fische."
Bei dem Stichwort Krabben fährt Ranger John mit seiner kleinen Lehrstunde für die jungen Entdecker fort.
"Wir haben Geisterkrabben, die unter der Sandoberfläche geschlüpft werden und auch dort leben. Nachts kommen sie raus um Futter zu suchen. Im Sand leben aber auch eine ganze Reihe von Schnecken und Würmern. Bis zu einer Tiefe von 30 Zentimeter findet ein reges Leben im Sand statt. Dort ist es feucht und kühl und die Tiere haben Schutz vor der sengenden Sonne während des Sommers."
Luke hört aufmerksam zu. Sein Vater Adam hat sich mittlerweile zu uns in den Sand gesetzt und von ihm erfahren wir, was seine Familie mit Deutschland verbindet.
"Der Familienname meiner Urgroßmutter ist "Wirts". Sie ist heute 99 Jahre alt. Ich lebe in Roberts Cove in Louisiana. Der Ort wurde im frühen 19. Jahrhundert von deutschen Einwanderern gegründet. Deutsches Brauchtum wird immer noch sehr gepflegt. In der ersten Oktoberwoche feiern wir unser German Fest und tragen traditionelle Trachten. Ich komme mit meinen Kindern gerne hier her, weil die Stände bei uns in Louisiana bei weitem nicht so sauber und schön sind wie hier auf der Insel. Der Mississippi führt viele Sedimente mit sich und sieht deshalb schmutzig aus."
Wir teilen seine Begeisterung für den unberührten Strand und machen uns alle auf zu einer ausgedehnten Wanderung. Nach einer Weile sehen wir Stachelrochen im flachen Wasser. Sie gleiten scheinbar schwerelos mit anmutigen Bewegungen dahin. Unter der spiegelnden Wasseroberfläche huschen sie wie geometrische Rauten elegant über den Sandboden, eine für das Auge des Beobachters sicher ungewöhnliche Form eines Fisches. John Gibson zeigt uns eine ganze Gruppe dieser huschenden graublauen Rauten in türkisgrünem Wasser:
"Im Moment sind sie noch relativ klein. Ausgewachsen können sie durchaus einen Meter groß werden. Man sieht sie of wie Vögel in einer Gruppe fliegen. Das ist ein netter Vergleich. Sie schlagen mit den Flügeln und schwimmen gerne synchron. Das sieht sehr schön aus. Sie kommen an die Küste ins flache Wasser, um Nahrung zu suchen."
Ship Island hat als Barriereinsel eine Golfseite und eine Landseite und den aufmerksamen Wanderern ist die unterschiedliche Färbung des Wassers aufgefallen. Den Grund erläutert uns Becky Gillette:
"Wenn man sich das Wasser im Mississippi Sund anschaut sieht man, dass es nicht so klar und strahlend blau ist wie auf der anderen Seite der Insel. Der Grund für die trübe Färbung des Wassers ist die Tatsache, dass dies die Kinderstube für unzählige Meeresbewohner, nicht zuletzt für die Shrimps ist. Sie legen die Eier in den kleinen Bayous und nachdem sie geschlüpft sind, kommen sie wieder zurück in den Sund."
Aus der Ferne erklingt das Schiffshorn der Gulf Islander und ruft nach einem eindrucksvollen Tag auf einer Insel ohne Straßen und Autos zur Rückkehr aufs Festland. Am Pier wartet Captn. Skrmetta auf uns und sinniert über die Zeit als seine Familie in diese Region an der Golfküste kam:
"Mein Großvater Pete kam 1903 von der Insel Brac in der Nähe von Split in Kroatien und arbeitete in Mississippi zunächst in der Austern- und Garnelenindustrie. 1926 baute er sein erstes eigenes Boot und seit 1932 bringt unsere Familie Besucher zu den Barriere Inseln."
Captn. Louis Skrmetta schmunzelt, und klopft mit der Hand auf die Bordwand seines Schiffes, als wollte er sich bei einem treuen Familienmitglied bedanken.
Die Gulf Islander nimmt Fahrt auf und der Captain hat einen letzten Gruß für uns:
"Auf Wiedersehen, ich würde mich freuen, Sie hier auf meinem Schiff zu sehen."
Unser Schiff ist heute die "Gulf Islander" von deren Oberdeck man bei schönem Wetter und einer leichten Briese die 50-minütige Reise genießen kann. Während die Kinder zur Reling drängen, sortieren sich die Mitreisenden auf bequemen Bänken und warten schon gespannt auf das Ablegesignal.
Zwei Matrosen lösen die Taue von dicken Pollern und langsam gleitet das Schiff von der Kaimauer. Captain Doug Cook dreht die Gulf Islander im Hafen bis der Bug ins offene Meer zeigt. Er schiebt den Leistungshebel auf "Halbe Fahrt" und begrüßt seine Gäste:
"Ich bin Kapitän Doug Cook und möchte Sie auf unserem Motorschiff
Gulf Islander willkommen heißen. Wir steuern Fort Messachusetts auf Ship Island an. Die Insel liegt etwa zehn Seemeilen von Gulfport, Mississippi, entfernt. Bis dorthin sind es jetzt noch vier Seemeilen und unsere Geschwindigkeit beträgt etwa 15 Meilen pro Stunde."
Bei der Ausfahrt aus dem Hafen passieren wir gigantische Containerschiffe, die an der Pier ihre Ladung löschen. Von Captn. Cook erfahren wir, dass Gulfport der Hauptumschlaghafen für die gesamten Bananenlieferungen aus Südamerika ist. Ein Teil der Bananen werden von hier auch nach Deutschland weitertransportiert. Neben uns hat Carol Van Platz genommen. Sie arbeitete lange Jahre als Nachrichtenchefin eines Fernsehsenders.
"Ich fahre zum Ship Island so oft wie ich kann. Ich bin ein großer Fan der Insel, weil sie das Beste ist, was die Golfküste zu bieten hat. Auf der Fahrt mit dem Schiff sieht man die Delfine, wie sie aus dem Wasser springen und mit der Bugwelle spielen. Pelikane, Möven und Fischreiher begleiten uns bis zur Küste. Das sind wunderbare Erlebnisse für die ganze Familie. Ist es nicht herrlich, der Wind ist perfekt, die Sonne scheint, ich bin einfach glücklich."
Das Glücksgefühl steigert sich, wie man hört, schlagartig, wenn die verspielten Tümmler wie aus dem Nichts auftauchen und zum Greifen nah um das Schiff tanzen. Becky Gillette schaut der Delfinschule mit einem breiten Lächeln zu. Sie ist Naturaktivistin und begleitet die Fahrten zum Ship Island seit vielen Jahren.
"Der Mississippi Sund hat eine der intaktesten Delfinpopulationen in der ganzen Welt. Das ist für viele Besucher der Hauptgrund, mit diesem Schiff zum Ship Island zu fahren. Die Babydelfine sind dabei am verspieltesten. Für sie ist das Schiff und die vor Freude quietschenden Menschen sicher genauso eine Attraktion, und dann drehen sie so richtig auf. Zum Ship Island zu fahren ohne sie zu sehen, das gibt es nicht, das ist immer ein Vergnügen für die Besucher."
Bei dieser Unterhaltung vergehen die 50 Minuten der kleinen Seereise wie im Flug. Ship Island liegt wie eine Perlenkette in blaugrüner See vor uns und Park Ranger John Gibson bereitet die Gäste aufs Anlegen vor. Für die Besucher beginnt nun die Entdeckungsreise auf einer Insel ohne Straßen und Autos und nur einem Steingebäude.
Park Ranger John Gibson:
"Wir stehen hier im Fort Massachusetts. Die US Armee begann 1859 mit den Bauarbeiten. Entlang der Küstenlinie wurden seinerzeit um die 40 solcher Forts gebaut, um die Küstenstädte zu verteidigen. Fort Massachusetts hatte die strategische Aufgabe, den Seehafen von New Orleans zu schützen."
Anfänglich, bevor der Bürgerkrieg begann, kam das gesamt Baumaterial für das gewaltige halbkreisförmige Ziegelsteinfort aus New Orleans. Nach Kriegsbeginn brachten Transportschiffe das ganze Material aus Maine, das im hohen Norden Amerikas an Kanada grenzt, tausende Meilen entlang der Atlantikküste, um die Südspitze von Florida herum in den Golf von Mexiko hier auf die Insel. Letztendlich griff das Fort jedoch nicht in das Kriegsgeschehen ein und in der letzten noch vorhandenen 25 Tonnen schweren Kanone nistet ein Seeschwalbenpaar und zieht seinen Nachwuchs auf.
Heute wird die Golfküste weniger von feindlichen Schiffen als von Naturgewalten bedroht. Das immer noch allgegenwärtige Stichwort ist Hurricane Katrina. Katrina hat Ship Island 2005 schlichtweg vollständig versenkt.
Ranger John Gibson:
"Der höchste Punkt, den die Flutwelle im Fort erreichte, war oben an der Kanonenbalustrade, das sind 40 Fuß über dem Meeresspiegel. Somit hat die Sturmflut des Hurricanes Katrina die gesamte Insel überspült. An der Küste war die Sturmflut durch die Barrierewirkung der Insel nur noch 30 Fuß hoch. Das zeigt uns, wie wichtig diese Barriereinseln sind."
Für die Golfküste war der Kategorie-Fünf-Hurricane Katrina eine schlimme Katastrophe, die nicht nur viele Menschleben forderte, sondern auch eine ungeheure Zerstörungsgewalt entfesselte. Captain Louis Skrmetta erinnert sich noch, wie seine Familie mit den Crewmitgliedern versuchte, die drei Schiffe, die die Basis ihrer Existenz waren, zu retten:
"Wir brachten unsere Schiffe zu einem sicheren Hafen in den Bayous, rauf im Biloxi Rive, wo große Pinien am Ufer stehen. Wir wollten so weit wie möglich von der Küste weg kommen. Wir haben die Schiffe mit Seilen zusammengebunden und an den Bäumen verankert. Das Wasser stieg irrsinnig schnell. Mehrere Seile rissen, aber einen langes Seil hat gehalten. Alle drei Schiffe hingen an diesem einzigen Tau, drei Stunden lang und das bei einem Wind von bis zu 230 Stundenkilometern. Plötzlich trieb ein herrenloser Jet-Ski vorbei. Wir fingen ihn ein, konnten ihn starten und sammelten mit ihm die losgerissenen anderen Seile. Damit konnten wir unsere Schiffe retten, das war eine überaus interessante Erfahrung."
Mittlerweile sind sechs Jahre ins Land gestrichen und die völlig überflutete Insel hat sich erholt. Was die Flora und Fauna betrifft, hat Katrina sogar mit einer Überraschung aufzuwarten. Katrina hat zur Artenvielfalt eine Art zusätzlich auf die Insel gebracht, erzählt uns Ranger John Gibson. Bevor er das Geheimnis lüftet, lernen wir aber noch die anderen Tiere von Ship Island kennen.
"Wir haben eine Vielzahl von Tieren im Wasser an Land und in der Luft. Im Wasser sind das im Besonderen die Delfine, einige Haifischarten, Stachelrochen, alle möglichen Fisch- und Krabbenarten. Unter den größeren Vögeln sehen wir Pelikane, Reiher und Möven, aber auch Seeschwalben. Einige Arten machen nur Zwischenstation auf der Insel, wie beispielsweise Schmetterlinge, die aus Mexiko kommen. Es gibt sogar eine kleine Kolonie von Alligatoren auf Ship Island, die während der Sturmflut mit Treibholz aus dem Marschland vom Festland hier her kamen."
Der sechsjährige Luke hat sich mit seinen drei Freunden zu uns gesellt und Ranger John aufmerksam zugehört. Luke und seine Freunde kommen gerade von einer Entdeckungsreise im Dünensand, und ich frage ihn, welches der Tiere in der Aufzählung von Ranger John ihn wirklich überrascht hat.
"A Aligator."
Alligatoren, hier auf der Insel, das ist ohne Zweifel sehr ungewöhnlich. Die Jungs sitzen im Sand aufmerksam im Halbkreis vor Ranger John und Luke reflektiert:
"Er hat uns erzählt, welche Tiere es hier gibt. Ich finde das toll. Ich habe einige Krabben gefunden und Fische."
Bei dem Stichwort Krabben fährt Ranger John mit seiner kleinen Lehrstunde für die jungen Entdecker fort.
"Wir haben Geisterkrabben, die unter der Sandoberfläche geschlüpft werden und auch dort leben. Nachts kommen sie raus um Futter zu suchen. Im Sand leben aber auch eine ganze Reihe von Schnecken und Würmern. Bis zu einer Tiefe von 30 Zentimeter findet ein reges Leben im Sand statt. Dort ist es feucht und kühl und die Tiere haben Schutz vor der sengenden Sonne während des Sommers."
Luke hört aufmerksam zu. Sein Vater Adam hat sich mittlerweile zu uns in den Sand gesetzt und von ihm erfahren wir, was seine Familie mit Deutschland verbindet.
"Der Familienname meiner Urgroßmutter ist "Wirts". Sie ist heute 99 Jahre alt. Ich lebe in Roberts Cove in Louisiana. Der Ort wurde im frühen 19. Jahrhundert von deutschen Einwanderern gegründet. Deutsches Brauchtum wird immer noch sehr gepflegt. In der ersten Oktoberwoche feiern wir unser German Fest und tragen traditionelle Trachten. Ich komme mit meinen Kindern gerne hier her, weil die Stände bei uns in Louisiana bei weitem nicht so sauber und schön sind wie hier auf der Insel. Der Mississippi führt viele Sedimente mit sich und sieht deshalb schmutzig aus."
Wir teilen seine Begeisterung für den unberührten Strand und machen uns alle auf zu einer ausgedehnten Wanderung. Nach einer Weile sehen wir Stachelrochen im flachen Wasser. Sie gleiten scheinbar schwerelos mit anmutigen Bewegungen dahin. Unter der spiegelnden Wasseroberfläche huschen sie wie geometrische Rauten elegant über den Sandboden, eine für das Auge des Beobachters sicher ungewöhnliche Form eines Fisches. John Gibson zeigt uns eine ganze Gruppe dieser huschenden graublauen Rauten in türkisgrünem Wasser:
"Im Moment sind sie noch relativ klein. Ausgewachsen können sie durchaus einen Meter groß werden. Man sieht sie of wie Vögel in einer Gruppe fliegen. Das ist ein netter Vergleich. Sie schlagen mit den Flügeln und schwimmen gerne synchron. Das sieht sehr schön aus. Sie kommen an die Küste ins flache Wasser, um Nahrung zu suchen."
Ship Island hat als Barriereinsel eine Golfseite und eine Landseite und den aufmerksamen Wanderern ist die unterschiedliche Färbung des Wassers aufgefallen. Den Grund erläutert uns Becky Gillette:
"Wenn man sich das Wasser im Mississippi Sund anschaut sieht man, dass es nicht so klar und strahlend blau ist wie auf der anderen Seite der Insel. Der Grund für die trübe Färbung des Wassers ist die Tatsache, dass dies die Kinderstube für unzählige Meeresbewohner, nicht zuletzt für die Shrimps ist. Sie legen die Eier in den kleinen Bayous und nachdem sie geschlüpft sind, kommen sie wieder zurück in den Sund."
Aus der Ferne erklingt das Schiffshorn der Gulf Islander und ruft nach einem eindrucksvollen Tag auf einer Insel ohne Straßen und Autos zur Rückkehr aufs Festland. Am Pier wartet Captn. Skrmetta auf uns und sinniert über die Zeit als seine Familie in diese Region an der Golfküste kam:
"Mein Großvater Pete kam 1903 von der Insel Brac in der Nähe von Split in Kroatien und arbeitete in Mississippi zunächst in der Austern- und Garnelenindustrie. 1926 baute er sein erstes eigenes Boot und seit 1932 bringt unsere Familie Besucher zu den Barriere Inseln."
Captn. Louis Skrmetta schmunzelt, und klopft mit der Hand auf die Bordwand seines Schiffes, als wollte er sich bei einem treuen Familienmitglied bedanken.
Die Gulf Islander nimmt Fahrt auf und der Captain hat einen letzten Gruß für uns:
"Auf Wiedersehen, ich würde mich freuen, Sie hier auf meinem Schiff zu sehen."
