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Assoziierungsabkommen
Georgien rückt näher an Europa

Die EU und Georgien schließen am Freitag ein Assoziierungsabkommen, eine Vorstufe zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Doch georgische Regierung und Opposition sind verfeindet, und der Einfluss Russlands auf die georgische Elite ist noch immer groß.

Von Gesine Dornblüth | 26.06.2014
    Die georgische Landesfahne (r) und die Fahne der EU im Außenministerium in Tiflis in der Republik Georgien.
    Die Fahne der EU hängt bereits im Außenministerium in der georgischen Hauptstadt Tiflis. (dpa / Ralf Hirschberger)
    Mit einem Open-Air-Konzert will Georgien die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU am Freitagabend feiern. Der Ort passt zum Anlass: der Europaplatz im Zentrum von Tiflis. Georgiens Regierung spricht von einem wichtigen Moment für das Land, aber auch für die EU. Er kommt früher als geplant. Nach Beginn des Konflikts mit Russland um die Westanbindung der Ukraine hatte die EU ihre Bemühungen um die beiden anderen Kandidaten für das Assoziierungsabkommen deutlich verstärkt. Staatsminister Alexi Petriaschvili:
    „Es war sehr wichtig, den Prozess mit der Republik Moldau und mit Georgien zu beschleunigen. Wir hoffen sehr, dass die EU nach der Unterzeichnung des Abkommens weitere Schritte tun wird, um die Beziehungen mit Georgien zu intensivieren."
    Georgien hofft auf eine EU-Mitgliedschaft; davon ist bisher allerdings nicht die Rede. Der EU geht es vielmehr darum, den Handel mit Georgien zu intensivieren und das Land politisch und wirtschaftlich der Union anzunähern. Dabei ist die Frage, wie es um die Reformen in Georgien steht, zuletzt in den Hintergrund gerückt. Vor zwei Jahren hat dort die Regierung gewechselt. Mitglieder der Vorgängerregierung werden strafrechtlich verfolgt. Die Opposition spricht von Rachejustiz. Die Assoziierung mit der EU will sie deshalb aber nicht gefährden. Davit Dartschiaschwili, Europapolitiker der oppositionellen „Nationalen Bewegung":
    „Natürlich gibt es Entwicklungen im politischen System Georgiens, die Anlass zu Sorge geben. Aber das Potenzial, Georgien wirklich zu einem europäischen Staat zu machen, ist groß. Je dichter wir am Club dran sind, desto größer ist der Anreiz, sich entsprechend zu verhalten."
    Dartschiaschwilis Partei hatte Georgien seinerzeit auf Westkurs gebracht und sich vor allem auch für eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens ausgesprochen, gestützt auf ein entsprechendes Referendum. Das hat das Verhältnis zu Russland nachhaltig belastet, bis hin zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen, einem Handelsstopp und dem Krieg zwischen beiden Staaten 2008. Georgiens Regierung bemüht sich nun um Entspannung und betont allenthalben, dass die EU-Assoziierung guten Beziehungen zu Russland nicht im Wege stehe. Ein echter Dialog auf Regierungsebene ist jedoch noch nicht in Gang gekommen.
    Eine Reaktion Russlands lässt auf sich warten
    Lewan Metreweli findet das falsch. Er ist Professor für Politik an der Staatsuniversität in Tiflis und reiste im Frühjahr zu einer Konferenz des russischen Außenministeriums nach Moskau. Metreweli über das Treffen:
    „Mit den Russen muss man reden, reden und reden. Um sie zu verstehen, aber auch damit sie begreifen, dass eine stabile EU, ein stabiles Georgien, eine stabile Ukraine keine Bedrohung, sondern gut für Russland sind. Ich bin begeistert von den meisten russischen Kollegen. Sie sind längst nicht so aggressiv wie einige russische Abgeordnete."
    Bei der Konferenz ging es um die Eurasische Union – ein geostrategisches Großprojekt des russischen Präsidenten, das, geht es nach dem Kreml, möglichst viele ehemalige Sowjetrepubliken vereinen soll, also auch Georgien. Dort werben nun einzelne Gruppen für eine Eurasische Bewegung, sie sind aber marginal.
    Russlands Regierung hat sich in den letzten Wochen, anders als im Fall der Ukraine, nicht zu Georgiens Annäherung an die EU und der bevorstehenden Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens geäußert. Das russische Außenministerium teilte lediglich mit, am Montag habe ein stellvertretender Minister mit einem Vertreter der georgischen Regierung telefoniert. Es sei vereinbart worden, in nächster Zeit auf Expertenebene über die Handels- und Wirtschaftsproblematik im Kontext der EU-Assoziierung Georgiens zu beraten. Das klingt konstruktiv, doch der Oppositionspolitiker Davit Dartschiaschwili traut dem Frieden nicht. Er vermutet, Russland sei zur Zeit mit der Ukraine beschäftigt. Es habe aber auch weiterhin alle Mittel, um auch Georgien zu destabilisieren.
    „Russland hat Einfluss auf die politische Klasse in Georgien, es hat Leute, die hier die russische Karte spielen können. Russland kann wirtschaftliche Mittel einsetzen, ethnische Minderheiten benutzen oder kriminelle Netzwerke. Gott weiß, welche Taktik Putin anwenden wird."