Mittwoch, 01. Mai 2024

Archiv

Asthma-Therapie
Neuer Wirkstoff soll Atemnot verhindern

Medizin. - Wenn allergische Asthmatiker Reizstoffe wie Pollen, Tierhaare oder Hausstaub einatmen, schüttet ihr Körper den Antikörper Immunglobulin-E ins Blut aus und löst so eine Kettenreaktion aus: Kurzatmigkeit, Enge in der Brust oder sogar Atemnot sind die Folge. In "Science Translational Medicine", werden heute Studienergebnisse über einen Wirkstoff veröffentlicht, der die Produktion von IgE hemmen soll.

Von Katrin Zöfel | 03.07.2014
    Eine Frau saugt mit einem Staubsauger den Fußboden eines Wohnzimmers.
    Asthmatiker fürchten Hausstaub und müssen deshalb ständig saugen. (picture alliance / dpa / Tobias Hase)
    Allergisches Asthma ist eigentlich nur ein Missverständnis. Der Körper wehrt sich gegen eine Gefahr, gegen die er gut gerüstet ist. Nur die Gefahr, die ist gar nicht da.
    "Es geht dem Körper darum, große Eindringlinge wie zum Beispiel Würmer oder andere Parasiten wieder loszuwerden. Er reagiert mit Husten und starker Schleimbildung. So versucht er, die Parasiten rauszuwerfen."
    Jeff Harris ist medizinischer Direktor der kalifornischen Pharmafirma Genentech. Asthma sei also vermutlich eine Parasitenabwehr, die ins Leere läuft. Er und seine Kollegen bei Genentech haben einen Wirkstoff namens Quilizumab entwickelt, der diese Immunreaktion aufhalten soll. Und zwar noch bevor sie richtig ins Rollen kommt:
    "Unser Wirkstoff hemmt die Produktion von IgE, von Immunglobulin E. Das ist der Antikörper, der diese Immunreaktionskette auslöst und steuert. Der Wirkstoff bindet an die Zellen, die später einmal IgE produzieren würden, und tötet sie ab."
    Es gibt bereits ein Medikament auf dem Markt, das Antikörper des IgE-Typs im Blut abfangen und neutralisieren kann. Es wirkt bei Patienten mit schwerem Asthma zumindest so gut, dass sie weniger Kortison brauchen als bisher, um die Krankheit unter Kontrolle zu halten. Durchschlagend ist der Erfolg allerdings nicht. Der neue Wirkstoff setzt einige Schritte früher an. Die Zellen, die später Immunglobulin E bilden, reifen nämlich erst aus, wenn der Körper mit einem Parasiten oder im Fall von allergischem Asthma mit Allergenen in Kontakt gekommen ist.
    "Wir greifen diese Zellen an, bevor sie ausreifen. Sie haben in diesem Stadium bestimmte Molekülstrukturen außer an ihrer Hüllmembran, die unser Wirkstoff erkennt."
    Der Wirkstoff müsste also sehr spezifisch wirken und nur die Zellen angreifen, die sich gerade auf die IgE-Produktion vorbereiten. Im Ergebnis müsste der IgE-Spiegel im Blut sinken. Das konnten die Forscher jetzt in einer ersten kleinen Studie an insgesamt 29 Patienten mit mildem Asthma überprüfen.
    "Nach vier Wochen konnten wir den Effekt sehen: die IgE-Spiegel der Patienten sanken. Diese Wirkung hielt lange an, nämlich für mindestens sechs Monate."
    Die Probanden der Studie absolvierten außerdem einen Provokationstest, bei dem sie eine geringe Dosis ihres Allergens inhalieren mussten. Die Forscher prüften, wie stark ihre Lunge reagierte. Das Ergebnis: die Atemwege verengten sich unter Medikation weniger stark als in der Vergleichsgruppe ohne Wirkstoff. Das sind positive, erste Ergebnisse, sagt Jeff Harris.
    "Wir wissen aber noch nicht, ob die niedrigeren IgE-Werte und die bessere Lungenfunktion am Ende zu dauerhaften, klinisch relevanten Verbesserungen führen. Das müssen wir weiter untersuchen."
    Zurzeit sind gleich mehrere neue Wirkstoffe gegen Asthma in der Entwicklung. Neben IgE gelten Immun-Botenstoffe als gute Angriffspunkte, besonders Interleukin 5 und Interleukin 13. Was am Ende wirklich Erfolg bringt, sei noch völlig offen, sagt die Medizinerin Erika von Mutius von der Ludwig-Maximilians-Universität München.
    "Ich denke, jeder dieser Ansätze hat Berechtigung. Und bei allen diesen Ansätzen wird man sehen, am Schluss, wie viel es wirklich für die Klinik, sprich für die wirkliche Verbesserung der Beschwerden eines Patienten bringen wird, Das ist, denke ich, bei den meisten dieser Studien offen."